Presse Medienethischer Diskurs über Art des Berichtens
Welcher Weg ist im Journalismus der richtige, wenn es zu Terroranschlägen kommt? Die Diskussion kocht.
Die Gewalttaten in Nizza, München und Würzburg haben innerhalb und außerhalb der Redaktionen zu einer medienethischen Auseinandersetzung über den Umgang mit Fotos von Terroristen geführt. Diese war dadurch angeheizt worden, dass die französische Zeitung „Le Monde“ ankündigte, auf solche Abbildungen zu verzichten.
Die medienethische Debatte beschränkt sich indes nicht auf die Fragen der Bildberichterstattung. Sie umfasst die Darstellung solcher Taten und Täter in den Medien generell. Die Frage, die jede Redaktion dabei für sich beantworten muss, ist, ob durch die breite Öffentlichkeit, die ein solcher Gewalttäter bekommt, andere Menschen zu Nachahmungstätern gemacht werden. Die Ansichten gehen da auseinander. Die einen meinen, die Berichterstattung sollte sich möglichst wenig auf den Täter und seine Motive beziehen und Details des Tathergangs nicht ausbreiten, was allerdings dem „Selbstverständnis von Journalisten“ widerspreche, wie der Medienjournalist Stefan Niggemeier meint.
Der Wiener Sozialmediziner Thomas Niederkrotenthaler glaubt indessen, die Berichterstattung könnte helfen, weiteren Amokläufen vorzubeugen. Zumindest sei das möglich, wenn über verhinderte Amokläufe berichtet wird, meint der Wissenschaftler. Das Medizinische Institut der Universität Wien arbeite derzeit an Medienempfehlungen zur Berichterstattung über Amoktaten. Der französisch-iranische Soziologe Farhad Khosrokhavar meint dagegen, es sei „ganz wichtig, diese Fälle regelrecht herunterzuspielen und klar zu sagen: Das sind arme Typen und in keinem Fall richtige Terroristen. Wir müssen zeigen, dass wir sie nicht wertschätzen. Nennen wir sie nicht mehr Terroristen.“
Wenn der Deutsche Presserat Mitte September zu seiner nächsten Tagung zusammenkommt, wird er sich unter anderem mit Beschwerdefällen zu den Berichterstattungen über die Gewalttaten in Nizza, München und Würzburg beschäftigen. Mit deren Bewertung legt er zugleich auch seinen Standpunkt im aktuellen medienethischen Diskurs dar.