Fragen an Prof. Bernhard Bogerts zur Umstellung auf Winterzeit Mini-Jet-Lack ist kein Problem
In der Nacht zum Sonntag wird die Uhr um eine Stunde zurückgestellt. Ob es dadurch zu Beschwerden kommen kann, beantwortet Prof. Dr. Bernhard Bogerts, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Psychiatrie Universitätsklinikum Magdeburg
Volksstimme: Weshalb haben manche Menschen Schwierigkeiten, nach der Zeitumstellung ihren Rhythmus zu finden?
Prof. Dr. Bernhard Bogerts: Die Umstellung auf Winter- oder auch Sommerzeit wird von den allermeisten Menschen wegen der geringen Zeitdifferenz von nur einer Stunde völlig problemlos toleriert, anders als beim sogenannten "Jet lack" bei interkontinentalen Flügen, wo eine Zeitverschiebung von vielen Stunden zu bewältigen ist. Dass dennoch Personen bei Beginn der Winterzeit Probleme haben hängt damit zusammen, dass bestimmte Zellgruppen in den tieferen Regionen unseres Gehirns, die den Takt des Schlaf-Wach-Rhythmus vorgeben und auch als innere Uhr bezeichnet werden, bei den Betroffenen etwas längere Zeit zur Anpassung brauchen. Oft wird auch eine bestimmte Unterform depressiver Erkrankungen, die saisonale Depression (auch als Winterdepression bekannt), die bei empfindsamen Personen durch die reduzierte Intensität und Dauer des Tageslichtes bedingt ist, fälschlicherweise der Zeitumstellung angelastet."
Volksstimme: Wie wirkt sich die Zeitumstellung auf den Biorhythmus aus?
Prof. Bogerts: Unser Biorhythmus - wozu tageszeitliche Schwankungen zum Beispiel des Stresshormones Kortisol, des Schlafhormones Melatonin, des Blutdruckes wie auch der psychischen Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit gehören) passt sich normalerweise sehr rasch an veränderte äußere Taktgeber wie Zeitverschiebungen an. Spätestens nach wenigen Tagen ist das bei gesunden Personen der Fall. Morgens zu Beginn der Winterzeit eine Stunde länger im Bett bleiben zu können wird von den meisten wohl eher begrüßt; wenn man abends dann zu einer früheren Uhrzeit müde werden sollte, ist rechtzeitiges Schlafengehen immer noch die beste Medizin."
Volksstimme: Was können Betroffene unternehmen, um gut über die ersten Hürden der Umstellung zu kommen?
Prof. Bogerts: Wenn bei einigen Personen so etwas wie ein "Mini-Jet-Lack" auftritt, dann sind die einhergehenden Beeinträchtigungen der Befindlichkeit meistens harmloser Natur und legen sich nach einigen Tagen. Wenn andauernde Schlafstörungen, Leistungsbeeinträchtigungen bis hin zu depressiven Gefühlen einen Zeitraum von etwa zwei Wochen übersteigen, dann ist vermutlich eine andere psychische oder körperlichen Störung mitverantwortlich, die ärztlich abgeklärt werden sollte. Ansonsten trägt während der dunklen Jahreszeit möglichst viel Bewegung im Freien bei Tageslicht zu psychischem Wohlbefinden insbesondere nach der Zeitumstellung bei.