Experiment zum Nachahmen Plasmablitze aus Weintrauben in der Mikrowelle
Plasma in der Mikrowelle - Videos zu diesem Phänomen gibt es im Internet etliche. Physiker haben den Effekt nun ergründet. Bisher dominierende Erklärungen greifen demnach nicht.
Peterborough (dpa) - Zwei Hälften einer Weintraube, die noch mit einem Stück Haut miteinander verbunden sind, erzeugen im Mikrowellenofen einen beeindruckenden Plasmablitz.
Das in zahlreichen Online-Videos gezeigte Phänomen haben kanadische Forscher nun physikalisch erklärt. Der Gruppe um Aaron Slepkov von der Trent University in Peterborough (Ontario, Kanada) zufolge sind die runde Form der Trauben und die Eigenschaften des Wassers entscheidend. Ihre Studie ist im Fachmagazin "Proceedings" (PNAS) der US-nationalen Akademie der Wissenschaften erschienen.
Frühere Erklärungen für dieses Phänomen hätten stets die Rolle der Haut und der offenen nassen Oberfläche bei der Bildung des Plasmas betont, schreiben die Forscher. "Wir stellen jedoch fest, dass keine dieser Bestandteile für die Bildung des Plasmas wesentlich ist." Ein genauer Blick auf die Entwicklung des Plasmablitzes zeige, dass die Zündung unterhalb der "Hautbrücke" zwischen den beiden Traubenhälften stattfinde. In einem Plasma sind die Atome teilweise ionisiert, sie sind also nicht elektrisch neutral. Wegen der Ionen und freien Elektronen ist ein Plasma elektrisch leitend; es kann durch das Erhitzen von Gasen erzeugt werden.
Zunächst stellten die Forscher fest, dass auch ganze Weintrauben und Kugeln aus Hydrogel, das zum größten Teil aus Wasser besteht, Plasmablitze entstehen lassen, wenn sie mit Mikrowellen bestrahlt werden. Entscheidend dabei ist, dass es einen Kontakt zwischen den Trauben oder Kugeln gibt. Dieser Kontakt kann auch aus Thermopapier bestehen, das sich ab einer Temperatur von 85 Grad Celsius dunkel verfärbt. Ein solches Papier, zu 15 Lagen gefaltet, zeigt nach der Mikrowellenbestrahlung in der Mitte zwischen den Trauben den dunklen Fleck eines Hotspots (heißen Punkts), der zur Oberfläche der Trauben hin kleiner wird.
Slepkov und Kollegen untersuchten mittels Wärmebildkamera und Computersimulation die Wärmeverteilung in Trauben vor dem Plasmablitz. Dabei zeigte sich, dass es bei auseinander liegenden Trauben einen Hotspot in der Mitte gibt. Liegen die Trauben nur vier Millimeter voneinander entfernt, sind diese Hotspots bereits zur jeweils anderen Traube hin verschoben. Wenn sich die Trauben berühren, bildet sich am Berührungspunkt ein kleiner Hotspot, der aber heißer ist als die Hotspots im Zentrum der einzeln liegenden Trauben.
Nach den Erkenntnissen der Forscher sorgt die sogenannte Mie-Streuung, eine Streuung elektromagnetischer Wellen in runden Objekten, für die Hotspots. Eine wichtige Rolle spielt auch die dielektrische Konstante des Wassers, die anzeigt, wie durchlässig Wasser für elektrische Felder ist. Um zu zeigen, dass der Inhalt entscheidend ist und nicht die Oberfläche, legten die Forscher zwei sich berührende Wachteleier in einen Mikrowellenofen. Es zeigte sich ein Hotspot am Berührungspunkt. Diesen Hotspot gab es nicht, wenn die Eier durch ein kleines Loch entleert worden waren. Füllten die Wissenschaftler die Eierschalen mit Wasser, wurde wieder ein Hotspot erzeugt.
Eine Spektralanalyse des Plasmablitzes weist auf Natrium und Kalium hin, chemische Elemente, die in der Traubenhaut vorhanden sind. Weil sich das elektrische Feld der Mikrowellenstrahlung stark im Berührungspunkt konzentriert, werden diese Atome teilweise ionisiert. Die Natrium- und Kalium-Ionen sind mit der Wellenlänge der Mikrowellen in Resonanz und können auch die umgebende Luft ionisieren, so dass ein Plasma entsteht. Das Team um Slepkov geht davon aus, dass die Erkenntnisse zur Entwicklung einer Mikrowellenbildgebung mit sehr hoher Auflösung führen könnten.