Ruhige Farben, gute Schnitte Quiet Luxury: Was steckt hinter dem Trend?
Monochrome Looks, viel Weiß, viel Beige - und bloß keine plakativen Logos oder Aufdrucke teurer Labels: Luxus wird in der Mode derzeit eher leise statt laut gezeigt.
Pforzheim - Statt XL-Logos, die in den vergangenen Jahren oftmals gar nicht groß genug auf Pullovern, Handtaschen oder Schuhen zu sehen sein durften, ist seit geraumer Zeit vor allem eines gefragt: dezente Eleganz. Zwei Worte, die viel zu lesen und zu hören sind: „Quiet Luxury“, also leiser Luxus. Doch was versteht man eigentlich darunter?
Das Modemagazin „Hapers Bazar“ bezeichnet „Quiet Luxury“ als „die Ästhetik des heimlichen Reichtums“. Zu sehen: neutrale Farben, schlichte Silhouetten, Raffinesse, die nur im Detail eingestreut ist. Status signalisiert man demnach subtil: mit allerhöchster Qualität, makelloser Verarbeitung und erlesenen Materialien, heißt es in einem Online-Artikel des Magazins. Logos bleiben hingegen unauffällig oder sind gar nicht zu sehen.
„Leiser Luxus flüstert, lauter Luxus schreit. Lauter Luxus kommuniziert in die breite Masse hinein, leiser Luxus nur an diejenigen ‚in the know‘, also an die, die Marken auch ohne Logo erkennen können“, erklärt Fernando Fastoso, Professor für Brand Management, Luxury und High-Class Brands an der Hochschule Pforzheim.
Quiet Luxury wirkt vor allem auf den zweiten Blick
Mit lautem Luxus möchten Verbraucher Fastoso zufolge hauptsächlich Zugehörigkeit kommunizieren, „mit leisem Luxus Connoisseurship“, also Kennerschaft. Es geht um Wohlstand auf den zweiten Blick, um subtilen Reichtum. Gerade in Zeiten von Krisen wird Quiet Luxury verstärkt gelebt. Das Prinzip ist alt, der Name neu. Angesichts der Nachrichten der letzten Jahre - Corona, Ukrainekrieg, Nahostkonflikt - gehört es sich schlichtweg nicht, mit seinem vermeintlichen Vermögen zu prahlen.
Doch ob das allein Auslöser für den zurückgenommenen Trend ist, bleibt Spekulation: „Ich sehe die Entwicklung des globalen Luxusmarktes als ausschlaggebend, insbesondere die des chinesischen Marktes. Dieser reift und somit ist Luxus dort keine Neuheit mehr, die sich nur wenige Einkäufer leisten“, sagt Fernando Fastoso. Somit entwickele sich das Verständnis vom Status, der über ein Luxusprodukt zu erlangen sei, weiter. „Status gewinnt man in reiferen Märkten nicht mehr bloß über den Besitz von Luxus, sondern über den Besitz eines besonderen Luxus.“
Zum „Quiet Luxury“ gehört die Kompetenz, ihn zu dechiffrieren, was ihn nur einer kleinen, exklusiven Gruppe zugänglich und begreifbar macht. Und da der chinesische Markt im Kontext globaler Luxusumsätze so wichtig sei, habe auch der leise Luxus insgesamt an Bedeutung gewonnen, sagt Professor Fastoso.
Diese Mode ist lange tragbar und vielseitig kombinierbar
Leiser Luxus ist allerdings nicht nur eine schnelle Modeerscheinung. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt hinein: Einzelne hochwertige und langlebige Teile werden trendigen Fast Fashion Pieces vorgezogen, die nach einer Saison schon wieder in den hinteren Ecken der Kleiderschränke landen. Schlichte, vielseitig kombinierbare Farben sind eher gefragt als Kleidungsstücke in kurzfristigen Trendfarben, die in der nächsten Saison womöglich passé sind.
Für Stilberater Andreas Rose zeichnet sich „Quiet Luxury“ etwa durch monochrome Looks aus. Und durch Farbtöne, „die zwischen Weiß und Schwarz changieren“. Cremeweiß oder Beige sind gefragt.
Auch das vom Unternehmen Pantone als Farbe des Jahres 2024 ausgerufene „Peach Fuzz“ dürfte gut dazu passen. Der dezente Pfirsich-Ton ist eher zurückgenommen und dezent statt laut und schrill. Die weit geschnittenen Blazer, hoch geschnittene Anzughosen, Straight Fit Jeans oder gerade geschnittenen Stoffhosen und minimalistischen Kleider mit nur kleinen auffälligen Details, die in den aktuellen Kollektionen viel zu sehen sind, passen ebenfalls zum Trend.
Man kann stillen Luxus aber natürlich auch ein wenig anders auffassen: „Ein anderer Blickwinkel auf diesen Trend besagt, dass Luxus mit Genuss zu tun hat“, sagt Andreas Rose. „Das wäre dann Real Luxury. Um Luxus zu genießen, braucht es keine Zuschauer. Eher Zeit und Freunde.“