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Welttag der Paella Ein Fest zum Aufessen

SPEZIALITÄT Am 20. September ist Welttag der Paella. Ein guter Anlass, den Köchen in Valencia, der Heimatstadt des Gerichtes, einmal in die Töpfe zu gucken – und ihnen einige Geheimnisse zu entlocken.

Von Axel Ehrlich 16.09.2024, 16:44
Paella-Experte Miquel Minguet  bereitet das  Leibgericht der Valencianer traditionell über dem Holzfeuer zu.
Paella-Experte Miquel Minguet bereitet das Leibgericht der Valencianer traditionell über dem Holzfeuer zu. Fotos: Axel Ehrlich

Es gibt so ziemlich für jede Sache, Idee oder einigermaßen wichtige Person einen weltweiten Feiertag. Das kann man nachlesen, muss man aber im Detail nicht wissen. Was man sich indes unbedingt merken sollte: Jedes Jahr am 20. September ist der Welt-Paella-Tag. Hauptstadt der Feierlichkeiten ist Valencia, denn hier hat die köstliche Reis-Pfanne ihre Heimat.

Wenn es für Essen eine Art Bewertungsskala gäbe, von „was zu essen eben“ (ein Punkt) bis „religionsähnliche Angelegenheit“ (zehn Punkte), gäbe es für Paella mindestens acht oder neun Punkte. Zumindest in Valencia, dem Geburtsort der Paella (sagen die Valencianer).

Um der Sache auf den Grund zu gehen, besuchen wir Miquel Minguet, Valencianer UND Paella-Koch aus Leidenschaft, auf seinem kleinen Bauernhof in der Huerta de Sur, einem sehr ländlichen Außenbezirk der 850.000-Einwohner-Metropole.

Das geduckte, zum Teil schilfgedeckte Häuschen, das Miquel von seinem Opa geerbt hat, wird umrahmt von Orangenbäumen, Bananenstauden und winzigen Feldern. Hier wachsen Artischocken, Zwiebeln, ein paar Tabakpflanzen und Küchenkräuter. Hühner scharren nach ein paar Würmern, die Katze des Hauses döst faul in der Sonne.

„Soziale Angelegenheit“

Zuerst erklärt der stolze Hausherr das System Paella. „Das ist bei uns nicht einfach ein Essen, sondern eine wichtige soziale Angelegenheit“, sagt Miquel. Dazu braucht es mindestens vier Leute, je mehr, desto besser. Traditionell kommt das Gericht am Wochenende, sehr gern an jedem Wochenende, auf den Tisch, wenn alle Zeit haben. Und gern werden Freunde dazu eingeladen.

Paella heißt eigentlich die Pfanne, in der das Reisgericht zubereitet wird. Jede Familie hat drei oder vier davon, jeweils in verschiedenen Größen. Klein: etwa im Durchmesser einer Langspielplatte, groß: mittlerer Autoreifen, je nach Gästezahl. Und ein Metallgestell, auf dem die Paella, also die Pfanne, steht.

Die Zutaten für eine echte Paella Valenciana sind genau festgelegt – und liegen an diesem Tag bei Miquel schon auf dem Küchentisch: Teile von Huhn und Kaninchen, Reis (etwa 80 bis 100 Gramm pro Person) – und zwar nur der, der direkt in der Nachbarschaft wächst. Grüne Bohnen und Limabohnen (spezielle, besonders große weiße Bohnen), kindskopfgroße Tomaten – alles aus dem eigenen Garten.

Safran für die Farbe

Jeder Gast packt mit an: Bohnen in streichholzlange Stücke brechen, Tomaten per Hand zu einem sämigen Püree reiben. Ein anderer mörsert einen Schwung Safranfäden, verrührt das entstandene Pulver mit Wasser (später für die Farbe).

Miquel kümmert sich derweil um das Feuer. „Ich nehme immer Piniennadeln zum Anfachen, dann kleine Scheite, schließlich dünne Äste aus knochentrockenem Orangenholz.“

Als es richtig knistert, kommt die Paella, also die Pfanne, auf das Gestell. Mit Hingabe und Präzision gießt Miquel aus einer Kanne das Olivenöl – selbstverständlich darf es nur das aus der Region sein – spiralförmig von außen nach innen in die Pfanne. Dann kommen die Hühner- und Kaninchenteile dazu. In der Mitte müssen sie anbraten, ein bisschen karamellisieren. Erst dann darf umgedreht werden.

Zu einem genau festgelegten Zeitpunkt, den der erfahrene Valencianer natürlich im Blut hat, werden die Fleischstücke dann auseinandergezogen, so dass sie eine Art Ring in der Pfanne bilden. Im Anschluss kommen Bohnen und Tomaten in die Mitte. Später die Gewürze: Paprika, Salz und Safran.

Zeit zum Plaudern

Schließlich der Reis. Jetzt muss alles gemütlich schmurgeln, und zwar mindestens eine Dreiviertelstunde. Der Reis saugt die Brühe auf und wird dabei weich. Parallel hat jeder der Gäste nun ein Bier in der Hand, man redet über die Familie, über Gott und die Welt.

Wie das vom Feuer her duftet – aber es braucht weiter Geduld. Schließlich kommt Miquel mit der dampfenden Pfanne, stellt sie in die Mitte auf den Tisch. Die Ess-Regeln sind einfach: Jeder nimmt sich, wie ein mehr oder weniger großes Tortenstück, genau den Teil der Paella, der direkt vor seiner Nase ist. Gilt zumindest für die erste Runde. Danach sind die territorialen Grenzen formal aufgehoben, jeder haut rein, so viel er schafft. Dazu gibt es für alle einen fantastisch kühlen Weißwein vom Winzer direkt um die Ecke.

„Ja, es gibt auch die Paella mit Fisch und Meeresfrüchten“, sagt Miquel. Die ist auch ganz okay, wenn die Zutaten frisch und aus der Region sind. Bei der Tiefkühltruhen-Variante aus dem Supermarkt zuckt er jedoch nur mitleidig die Schultern…

Paella-Kurs zum Mitmachen und Lernen: www.hortaviva.net, ab 55 Euro pro Person; Anreise ab Flughafen BER nach Valencia ab circa 100 Euro

Nur frische Zutaten
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Axel Ehrlich