1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Reisen
  6. >
  7. Schnaps aus der Ägäis: Stößchen auf Griechisch: In der Heimat des Ouzos

Schnaps aus der Ägäis Stößchen auf Griechisch: In der Heimat des Ouzos

Er ist für viele das griechische Getränk schlechthin. Produziert wird er vor allem auf der Insel Lesbos, wo sich kleiner Ort an der Südküste sogar mit dem Titel „Welthauptstadt des Ouzo“ schmückt.

Von Wolfgang Stelljes, dpa 17.03.2025, 00:05
Schmiegt sich an die Küste der Insel Lesbos: der Ouzo-Ort Plomari.
Schmiegt sich an die Küste der Insel Lesbos: der Ouzo-Ort Plomari. Wolfgang Stelljes/dpa-tmn

Lesbos - Ob im gehobenen Fischrestaurant am Hafen von Mólivos, einem touristischen Zentrum von Lesbos, oder im schlichten Kafenion in einem Bergdorf wie Agiássos – irgendwann kommt er auf den Tisch: der Ouzo. Nur, dass er auf Lesbos ganz anders getrunken wird als in Deutschland.

Hierzulande trinkt man ihn aus Schnapsgläsern, in der Regel als Aperitif oder Absacker am Ende eines Essens, oft auch „aufs Haus“. In Griechenland begleitet er das ganze Essen, manche sagen sogar: Das Essen begleitet den Ouzo. Und auch sonst gibt es zwischen deutschen und griechischen Trinkgewohnheiten einige Unterschiede. Doch dazu später mehr.

Handsignierte Flaschen für Touristen

Ouzo gehört zu Lesbos wie Whisky zu Schottland. Etwa die Hälfte der gesamten griechischen Produktion kommt von Lesbos. Ein gutes Dutzend Brennereien gibt es auf der Insel, überwiegend Familienbetriebe, darunter die Destillerie Kouroumichali in Petra, einem Dorf an der Küste im Norden.

Schon vor der Tür steigt einem der Anisgeruch in die Nase. Dahinter befinden sich zwei kleine Räume, zusammen kaum mehr als 50 Quadratmeter groß. Vangelis Papadellis stellt hier rund tausend Flaschen Ouzo im Jahr her, für Märkte und Hotels in Petra und der Umgebung. Und wenn ein Tourist eine Flasche erwirbt, dann wird sie von dem 42-Jährigen handsigniert.

Deutlich mehr Flaschen produziert die Firma Matis, die in der Altstadt von Mytilini, der Inselhauptstadt, einen Verkaufsladen unterhält. Vermutlich würde man vorbeilaufen, wäre da nicht dieses Schild mit den zwei Frauen im Badeanzug, das ähnlich museal wirkt wie der kleine Eckladen selbst.

Zertifikate schmücken die Wände, Medaillen von Wettbewerben wurden in einem großen Bilderrahmen versammelt. Zu sehen ist auch das erste Flaschenetikett, gestaltet in Frankreich – mit kleinen Fehlern, weil den Franzosen die Buchstaben des griechischen Alphabets nicht vertraut waren.

Ein Kupferkessel aus Konstantinopel

Wer mehr über die Geschichte des Ouzos erfahren möchte, kommt an Plomari nicht vorbei. Der Ort mit seinen 3.500 Einwohnern liegt an der Südküste von Lesbos und genießt den Ruf, eine Art „Welthauptstadt des Ouzos“ zu sein. Gleich vier Destillerien sind hier ansässig. Die älteste ist die der Familie Varvayiannis, die seit 1860 Ouzo herstellt und ihre Arbeit seit 1996 in einem Museum dokumentiert, so Ioannis Varvayiannis, der Urenkel des Firmengründers.

Unmittelbar hinter dem Museumseingang steht der älteste Kupferkessel, gefertigt 1858 in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Das Herstellungsverfahren hat sich seither kaum verändert. Nach einer geheimen Rezeptur werden Alkohol, Anis und aromatische Pflanzen mehrfach destilliert und schließlich mit Wasser auf trinkbare 42 bis 48 Volumenprozent Alkohol verdünnt.

„Jeder Tropfen in der Flasche ist ein Produkt aus 100-prozentiger Destillation“, betont Varvayiannis stolz, wohl wissend, dass laut Gesetz nur 20 Prozent ein destilliertes Produkt sein müssen, damit ein Ouzo Ouzo genannt werden darf. Wer möchte, kann die edlen Tropfen vor Ort probieren und einen Blick in die Hallen werfen, in denen jährlich mehr als 350.000 Liter hergestellt werden. 

Geheimrezept im Tresor

Der größte Ouzo-Produzent Griechenlands ist nur zwei Kilometer entfernt: Ouzo Plomari. 1894 gab Firmengründer Isidoros Arvanitis zum ersten Mal die Zutaten für seinen Ouzo in einen kupfernen Kessel, nach einer Rezeptur, die auch hier streng geheim ist und angeblich in einem Tresor verwahrt wird. Und ebenfalls schwören sie auf den Anis aus Lisvori, einem Dorf im Inselinneren, „der als der beste der Welt gilt“, so die Firmenlesart.

Ouzo Plomari wird in handgefertigten Kupferkesseln zweimal destilliert, ein Vorgang, der jeweils neun Stunden dauert. Seit 2015 können sich Besucher ein Bild von der Herstellung machen.

Am Eingang zum firmeneigenen Museum „World of Ouzo“ werden sie von Mitarbeiterin Marianna Aggeli empfangen und eingehüllt, denn nur mit Hygienemantel und Kopfhaube ist der Gang durch die Produktionshalle erlaubt. Mehr als 10 Millionen Flaschen produziert die Firma Jahr für Jahr, der überwiegende Teil geht in den Export. Deutschland ist neben Griechenland der wichtigste Markt.

Ouzo-Genuss auf Griechisch

Nach dem Rundgang nehmen die Besucher an einem langen Tisch Platz. Jeder bekommt ein Glas Wasser und einen Cracker, dann sind die Geschmacksnerven präpariert. Ein Glas Ouzo steht schon bereit, aber zunächst bitte nur schütteln, schauen und riechen. Dann ein erster Schluck, Ouzo pur, so wie es der deutsche Gast gewohnt ist.

Es folgt eine Art Crashkurs in Sachen griechischer Trinkkultur: Man gebe kaltes Wasser und vielleicht noch einen Eiswürfel zum Ouzo ins Glas. Und plötzlich ist das Getränk nicht mehr klar, sondern milchig, dank der ätherischen Öle des Anis. So trinkt man ihn auf Lesbos, im Restaurant wie im Kafenion, das für ältere griechische Männer so etwas wie ein zweites Wohnzimmer ist.

Hier kommt der Ouzo in kleinen 200-Milliliter-Flaschen auf den Tisch, zusammen mit Vorspeisen wie Auberginen, Bohnen, Hackbällchen, Tsatsiki, Schafskäse oder Ladotyri, einem in Olivenöl eingelegten lokalen Hartkäse. Gern wird Ouzo auch zu Fischgerichten oder Meeresfrüchten getrunken. Dabei nimmt man sich ganz viel Zeit und genießt das gesellige Miteinander. Na dann: „Jámas!“.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Lesbos liegt in der Nördlichen Ägäis. Die drittgrößte Insel Griechenlands ist nur knapp zehn Kilometer von der Festlandküste Kleinasiens und damit der Türkei entfernt.

Anreise: Mit dem Flugzeug zum Beispiel von Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt nach Athen oder Thessaloniki, dann umsteigen und weiter nach Mytilini auf Lesbos. Direktflüge starten nur aus einigen europäischen Nachbarländern, zum Beispiel ab Amsterdam. Alternativ direkt nach Izmir fliegen und weiter mit dem Boot in eineinhalb Stunden nach Lesbos. 

Nationalgetränk: Im Ouzo-Museum der Familie Varvayannis ist der Eintritt frei, im Museum „World of Ouzo“ beträgt er zwei Euro. Beide Museen haben im Winterhalbjahr eingeschränkte Öffnungszeiten. 

Weitere Auskünfte: www.visitgreece.gr; www.visitlesvos.gr