Teil der Rakete gefunden Russland will schnell wieder bemannte Flüge zur ISS senden
Der Tag nach dem Raketenfehlstart: Experten ermitteln, Flugpläne zur ISS werden neu sortiert. Am Einsatz der Sojus wird jedoch nicht gerüttelt. Wie die kleine Crew um den Deutschen Gerst weiter arbeiten wird, steht in den Sternen.
Moskau (dpa) - Nach der Panne beim Start einer Sojus-Rakete wollen Russland und die USA wieder zügig bemannte Flüge zur Internationalen Raumstation ISS schicken.
"Wir werden versuchen, den Start der nächsten Besatzung möglichst vorzuziehen", sagte Sergej Krikaljow von der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos am Freitag in Moskau. Auch die US-Behörde Nasa will weiter ihre Astronauten mit der russischen Technologie in den Weltraum befördern. "Ich habe sehr viel Vertrauen in das System. Es hat sich über Jahre als belastbar und sehr sicher erwiesen", sagte Nasa-Chef Jim Bridenstine.
Am Donnerstag war es zum Fehlstart einer Sojus-Rakete am russischen Weltraumbahnhof Baikonur gekommen. Russland setzte daraufhin bemannte Starts vorerst aus, bis die Unfallursache geklärt ist. Auf der ISS befinden sich zurzeit drei Raumfahrer: der deutsche Kommandant Alexander Gerst, die US-Astronautin Serena Auñón-Chancellor und der Kosmonaut Sergej Prokopjew. Wann die Crew verstärkt werden soll, ist bislang unklar.
Bei der Suche nach der Unfallursache sind laut Roskosmos Ergebnisse bis zum 20. Oktober zu erwarten. Ob der Ausfall einer Rakete auch Auswirkungen auf Gersts Mission haben wird, war ebenfalls offen. Bridenstine rechnete bislang nicht damit, dass der geplante Rückflug im Dezember verschoben werde. Einen genauen Plan werde es aber erst nach Abschluss der Untersuchungen geben, sagte er. Roskosmos machte hingegen keine genauen zeitlichen Angaben zum Rückflug.
Der Vorfall werde die Zusammenarbeit zwischen Nasa und Roskosmos nicht beeinflussen, sagte Bridenstine. "Wir schaffen gemeinsam im Weltall so viel mehr. Alleine könnten wir das nie vollbringen", betonte er. "Ich glaube zu 100 Prozent, dass die politischen Auseinandersetzungen nicht mit dem Weltraum in Verbindung stehen."
Als Auslöser des Unfalls vermutete Krikaljow einen der vier Schubtanks (Booster), die an der untersten Raketenstufe angebracht sind und nach dem Leerbrennen abgesprengt werden. Der Booster sei mit der zweituntersten Stufe zusammengestoßen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Medienberichten zufolge ereignete sich der Unfall in einer Höhe von 47 Kilometern.
Die Raumfahrer Alexej Owtschinin und Nick Hague überstanden eine Notlandung in ihrer Kapsel "Sojus-MS10" unverletzt. Die beiden Männer seien bei der Notlandung ruhig geblieben und hätten besonnen gehandelt, sagte Nasa-Chef Bridenstine. Beide Raumfahrer sollten im Frühjahr 2019 wieder zur ISS starten, betonte sein russischer Kollege Dmitri Rogosin. "Die Jungs werden auf alle Fälle fliegen", twitterte er. Owtschinin und Hague kehrten am Freitag von Baikonur in das russische Raumfahrtzentrum im Sternenstädtchen bei Moskau zurück. Bridenstines Angaben zufolge will Hague auf jeden Fall wieder zur ISS fliegen.
Suchmannschaften fanden unterdessen alle abgestürzten Raketenteile in der Steppe von Kasachstan. Die Trümmer hätten niemanden verletzt, sagte ein Vertreter des kasachischen Zivilschutzes. Der Fundort liege 40 Kilometer von der Stadt Dscheskasgan entfernt.
Ein nächster bemannter Start könnte Ende November erfolgen, meldete Interfax. Damit könnte die nächste Mannschaft einen Monat früher als geplant zur ISS starten. Als Ersatzcrew sind Nasa-Angaben zufolge der Russe Oleg Kononenko, der Kanadier David Saint-Jacques und die Amerikanerin Anne McClain vorgesehen.
Nach den Worten von Krikaljow kann die ISS theoretisch auch ohne Besatzung um die Erde fliegen. Roskosmos werde aber mit allen Kräften verhindern, dass es soweit kommt. "Die Station ist für bemannte Flüge ausgelegt", hob der Ex-Kosmonaut hervor.
Europas Raumfahrtbehörde Esa zufolge kommt es wegen des Fehlstarts zu Verzögerungen bei Experimenten auf der ISS. "Es fallen im geplanten Zeitraum auf jeden Fall Experimente weg", sagte Esa-Chef Jan Wörner der Deutschen Presse-Agentur. Er gehe jedoch davon aus, dass die Versuche zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden könnten. Wie viele Experimente betroffen seien, stehe noch nicht fest.