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Sammler-Maßbierkrüge der Wiesn kommen nicht aus Bayern

O'zapft is: Am Samstag beginnt wieder das Oktoberfest. Ist dabei auch alles bayerisch? Nein. Die tönernen Sammler-Bierkrüge kommen aus Rheinland-Pfalz.

Von Jens Albes, dpa 17.09.2015, 07:28

Mogendorf (dpa) - Urbayerisch geht es zu, wenn die Stadt München und die Wiesn-Wirte ihre Sammler-Maßbierkrüge fürs Oktoberfest präsentieren. An diesem Samstag beginnt wieder das weltgrößte Volksfest mit sechs Millionen Besuchern.

Was viele nicht wissen: Diese Keramikkrüge der Stadt und der Wirte mit ihren jährlich wechselnden Bildmotiven kommen nicht aus Bayern, sondern aus dem Westerwald in Rheinland-Pfalz.

Wir sind Deutschlands letzte industrielle Fabrik für bayerisch-glatte Bierkrüge, sagt Ellen Ströder, Inhaberin des Betriebs Klaus Ströder in Mogendorf. Die zehn Mitarbeiter fertigen im Auftrag des größeren Trinkgefäß-Herstellers Rastal im nahen Höhr-Grenzhausen den Wiesn-Krug der Stadt München.

Der salzglasierte Sammlerkrug der Wiesn-Wirte stammt hingegen aus der 1661 gegründeten Manufaktur Schilz in Höhr-Grenzhausen. Wir sind die älteste Steinzeugfabrik Deutschlands, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Volker Schilz, der in elfter Generation an ihrer Spitze steht. Der Betrieb hat rund 20 Mitarbeiter und fertigt seine Oktoberfest-Krüge ebenfalls für Rastal.

Dieses Familienunternehmen produziert mit seinen rund 400 Beschäftigten vor allem Trinkgläser - kümmert sich aber auch um die Dekoration und Auslieferung der Sammler-Bierkrüge für die Wiesn. Wie die Zulieferbetriebe Klaus Ströder und Schilz macht Rastal keine Angaben zu Gewinn und Umsatz.

Volker Schilz erklärt: Früher hatten viele Festwirte auch im normalen Ausschank Bierkrüge aus Steinzeug. Dann kamen die Glaskrüge. Heute bei der Oiden Wiesn, dem historischen Fest parallel zum Oktoberfest, erleben die Steinzeug-Krüge eine Renaissance: Alle Brauereien wollen die wieder haben.

Aber auch auf der normalen Wiesn hat fast jedes Zelt noch einen eigenen Sammlerkrug aus Ton, sagt Oktoberfest-Sprecherin Gabriele Papke. Diese stammen nach Angaben von Rastal ebenfalls großteils aus dem Westerwald. Die Maßkrüge können wertvoll werden. Papke erläutert: Wer die ganze Reihe der Sammlerkrüge ohne Zinndeckel der Stadt München seit 1978 hat, kommt schon auf über 2000 Euro.

Bei einem Glaskrug können Besucher besser erkennen, ob er sauber ist und genug Bier hat. Ein Keramikkrug hält dagegen den Gerstensaft länger kühl und steht für Tradition. Nötig für die Produktion ist Ton. Eines der größten Tonvorkommen Europas besitzt das sogenannte Kannenbäckerland im Westerwald - mit einer weltweit einmaligen Konsistenz, wie Firmenchef Schilz erläutert. Unser salzglasiertes Steinzeug können wir nur hier herstellen.

Der Schilz-Wirtekrug fürs Oktoberfest zeigt in diesem Jahr den historischen Pferdehändler Franz Xaver Krenkl und den legendären Wiesn-Wirt Richard Süßmeier. Gestaltet hat das Motiv die Designerin Tita Gronemeyer. Die Zahl der Exemplare schwankt laut Schilz jährlich zwischen nur 6500 und 10 000.

Viel bunter ist der Krug der Stadt München: Der Künstler Moritz Breitenhuber hat aus den Buchstaben des Wortes Oktoberfest eine Collage geformt. Rastal-Sprecherin Sabine Sahm schätzt die Zahl dieser Trinkgefäße auf 50 000 pro Festsaison. Die Sammlerkrüge gibt es im Souvenirhandel, in Online-Shops und in den Festzelten.

In den Maßkrügen steckt teils Handarbeit. Firmen-Inhaberin Ellen Ströder erklärt die Fertigung. Aus Gruben im Westerwald kommt das aufbereitete Tonmehl per Lastwagen. Eine Mischanlage fertigt festere Masse zum maschinellen Rollen in Gipsformen, um den eigentlichen Krug herzustellen, und weichere Masse für die Henkel. Diese werden mit der Hand angebracht. Die Maßkrüge bekommen die Prägung Made in Germany und ein Eichzeichen. Bei 1220 Grad werden sie gebrannt. Bei Rastal bringen Mitarbeiter in Handarbeit das diesjährige Dekor auf und die Krüge wandern nochmals in den Ofen.

Als die Stadt München 1978 ihren ersten Sammler-Maßkrug anbot, gab es im Westerwald noch mehrere Bierkrugfabriken. Doch gegen die neue Konkurrenz aus Fernost kamen nicht alle an. Heute beziehen laut Ellen Ströder viele deutsche Krug-Anbieter zumindest teilweise von dort ihre Ware. Dann kaufen chinesische Touristen in Deutschland Maßkrüge, die aus China kommen, und bringen sie wieder nach China.