Babysitz Sicherheit hat Vorfahrt
Das Angebot von Kindersitzen ist riesengroß. Doch worauf achten Eltern beim Kauf, um auf der sicheren Seite zu sein?
Ingolstadt/Stuttgart (dpa) l Wenn es um die Sicherheit ihrer Kinder geht, möchten viele Eltern keine Kompromisse machen. Das gilt auch für den Kindersitz im Auto. Doch in welchem der vielen Modelle ist der Nachwuchs gut aufgehoben? Das lässt sich für den Laien oft schwer erkennen. Worauf ist zu achten?
Grundsätzlich sind alle Kindersitze auf dem deutschen Markt zulassungspflichtig und unterliegen einer sogenannten ECE-Norm. Das erklärt Lothar Wech, Experte für Fahrzeugsicherheit von der Technischen Hochschule Ingolstadt. So erfüllen alle legal käuflichen Sitze die technischen Richtlinien, die von der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen vorgegeben wurden (ECE).
„Diese Sitze sind mit einem orangefarbenen, rechteckigen Label versehen“, sagt Wech. Die neueste und überarbeitete Richtlinie ist die ECE-R 129. „Sitze mit dieser Kennung mussten härteren Anforderungen standhalten und wurden einem zusätzlichen Seitenaufpralltest unterzogen.“
Ältere Modelle am Markt sollten zumindest die Kennung ECE-R 44 tragen. Auf den orangen Labels wird außerdem ausgewiesen, für welches Gewicht oder welche Größe die Sitze geeignet sind. Bei der ECE-R 44 geht es nach Gewicht, bei der ECE-R 129 nach Größe. Letzteres sei laut Wech vor allem sinnvoll, weil die Gurte so besser säßen. Denn ob ein Kind dick oder dünn ist, hat weniger Auswirkungen auf den Sitz des Gurtes als die Körpergröße.
Man erkennt, dass ein Sitz zu klein geworden ist, wenn etwa der halbe Kinderkopf über die Schale des Sitzes hinausragt. „Der Kopf ist durch den Sitz nicht mehr hinreichend abgestützt, was im Falle eines Unfalls zu Lasten der Halswirbel geht“, erklärt Meike Sartorius von der Stiftung Warentest. „Im Laufe der Zeit bräuchte ein Kind zwei bis drei Sitze.“
„Einige Sitze kann man umbauen. Aber das muss man dann auch wirklich machen, wenn es so weit ist, dass die Gurtgeometrie nicht mehr passt“, sagt Wech. Er rät, sich verschiedene unabhängige Tests anzusehen. So hat etwa die Stiftung Warentest bei ihrem aktuellen Test herausgefunden, dass zwei von 37 Autositzen ein Flammschutzmittel enthalten, das krebserregend sein könnte. Bei einem verlief der Gurt so ungünstig, dass er im Falle eines Unfalls innere Organe schädigen kann. Bei einem anderen flog das Kind halb heraus.
Doch auch wenn man im Internet recherchiert und ein passendes Modell mit oranger Plakette gefunden hat, ist die Vor-Ort-Recherche unerlässlich. „Vor dem Kauf sollten Sie den Kindersitz im eigenen Fahrzeug ausprobieren, denn nicht jedes Produkt passt optimal in jedes Auto“, sagt Clemens Hirschfeld, Redakteur der Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“. „Beim Kauf eines neuen Kindersitzes in einem Fachgeschäft stellt Ihnen ein guter Berater mehrere Sitzarten vor und erläutert deren Vor- und Nachteile.“ Doch nicht nur das eigene Auto, sondern auch das Kind selbst sollte beim Kauf mit dabei sein. „Denn nur, wenn sich die Kleinen im Sitz wohlfühlen, werden sie auch über einen längeren Zeitraum quengelfrei darin sitzen bleiben“, sagt Hirschfeld.
Kindersitze sind nicht unbedingt billig zu haben. Womöglich kommt dem ein oder anderen Elternteil da der Gedanke, einen bereits genutzten Sitz einfach günstiger aus zweiter Hand zu erwerben. Hiervon rät Hirschfeld dringend ab. Die Historie eines gebrauchten Kindersitzes lasse sich oft nicht nachvollziehen. Mögliche Beschädigungen durch einen Crash seien meist nicht zu erkennen.
Sitzerhöhungen, auch Booster genannt, sind günstig und schon ab circa 15 Euro zu haben. „Die sind für Kinder von sechs bis zwölf Jahren gedacht“, sagt Lothar Wech. Richtig begeistert ist er aber nicht: „In Taxis sieht man diese Sitze häufig. Aber wenn man die Möglichkeit hat, sollte man einen anderen Sitz vorziehen.“ Natürlich sei es mit einer Erhöhung immer noch besser als ohne, weil der Gurt besser passt. Auch Sartorius rät ganz klar ab: „Hier ist der Kopf nicht geschützt.“
Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr, die kleiner als 1,50 Meter sind, dürfen laut Gesetz nur mit Kindersitz mitfahren. Aber auch unabsichtlich können Bedienfehler leicht passieren. „Grundsätzlich gilt: Je straffer der Gurt, umso besser kann er wirken“, sagt Wech. „Es sollte eine flache Hand dazwischenpassen“, ergänzt Sartorius.