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So gewöhnt man Hunden das Betteln ab

19.06.2015, 10:25

Sievershütten - Er fiept, wedelt mit dem Schwanz, kratzt mit dem Pfötchen: Wenn der Hund beim Essen am Tisch bettelt, werden viele Besitzer ab und zu weich und geben ihm ein Häppchen. Doch auf Dauer nervt das. Und manche Hunde werden dabei sogar aggressiv. Eigentlich kein Wunder - denn instinktiv geht es ums nackte Überleben.

"Dass Hunde um Futter betteln, ist etwas ganz Natürliches", sagt Tierpsychologin Christine Holst aus Sievershütten. "Welpen zeigen dieses Verhalten etwa ab der dritten Lebenswoche gegenüber ihrer Mutter und anderen Gruppenmitgliedern: Sie springen mit starkem Schwanzwedeln an ihnen hoch, stupsen gegen ihre Schnauze und lecken ihnen die Mundwinkel."

Das ist angeboren und geht auf den Wolf zurück. Der ist als Welpe darauf angewiesen, dass die erwachsenen Rudelmitglieder ihm Futter von der Jagd mitbringen. Ob ein Hund über das Welpenalter hinaus bettelt, hängt von den Umständen ab. "Da Nahrung zu bekommen überlebenswichtig ist, ist die innere Motivation eines Hundes, an Futter heranzukommen unabhängig vom Alter groß", sagt Verhaltensbiologin und Hundetrainerin Ariane Ullrich aus Zossen.

Deshalb wird er alles geben, um etwas Leckeres zu ergattern. Besonders interessant für den Hund: Das, was die Menschen am Tisch essen. "Er fixiert die ersehnte Nahrung und den Menschen zum Beispiel mit hypnotischem Blick, wedelt wild mit dem Schwanz oder hebt bittend die Pfote", schildert Holst. Hat er damit einmal Erfolg, versucht er es wieder.

"Sobald ein bettelnder Hund merkt, dass seine Erwartung nicht wie gewohnt erfüllt wird, strengt er sich gerne etwas mehr an", sagt Esther Würtz, Tierärztin und Tierverhaltenstherapeutin in Saarbrücken.

Dann bekundet der Hund sein Interesse am Futter vielleicht durch lautes Winseln und Bellen oder beginnt den Menschen mit der Schnauze anzustupsen. Gerade wenn er oft und doll bettelt, nervt das.

"Kurz gesagt, darf das Tier einfach kein Erfolgserlebnis mehr haben", erklärt Würtz. Das bedeutet nicht nur, dass man ihm auf keinen Fall mehr etwas geben darf, wenn es darauf drängt. Der Halter sollte den Hund sogar komplett ignorieren.

"Beim Betteln geht es nicht nur um Futter, sondern auch um Aufmerksamkeit", erklärt die Tierärztin. "Daher empfindet ein Hund es nur dann nicht mehr als erfolgreich, wenn man ihn in Reaktion darauf auch nicht ansieht, anspricht oder anfasst." Selbst negative Aufmerksamkeit, in Form von Schimpfen, macht es eher schlimmer als besser.

Ein Hund, der mit seinem Betteln längere Zeit keinen Erfolg hat, hört irgendwann damit auf. Allerdings fällt es vielen nicht leicht, den Vierbeiner zu ignorieren. "Man muss dann nämlich auch Unangenehmes, wie meterlange Sabberfäden auf der Hose und kratzende Pfoten am Oberschenkel ertragen und darf nicht über Lustiges, wie den "sterbenden Schwan", den er macht, lachen", rät Ullrich. Sie empfiehlt deshalb ein gezieltes Liegeplatz-Training.

Bei diesem Training lernt der Hund auf Kommando, auf einen Ruheplatz zu gehen, den man ihm zuweist. Dort bleibt er dann - im Idealfall - entspannt liegen, bis man ihm erlaubt aufzustehen. Im konkreten Fall müsste er dort etwa während des Kochens und der Mahlzeiten ausharren. "Damit er das lernt, sind Geduld, Zeit und kleine von Erfolg gekrönte Schritte wichtig", sagt Holst. "Verlässt er seinen Platz unaufgefordert, wird er konsequent und ruhig immer wieder dorthin zurückgeschickt oder - geführt."

Gehorcht der Hund nicht, kann ein Hilfsmittel wie eine Hausleine helfen. Am wichtigsten aber: Immer wenn er etwas gut und richtig gemacht hat, sollte er belohnt werden.

Wie lange es dauert, dem Tier das Betteln abzugewöhnen, ist ganz unterschiedlich. "Je länger der Hund schon erfolgreich bettelt, desto schwieriger wird es, ihm das Verhalten abzugewöhnen", sagt Ullrich.

Wenn der Hund trotz aller Versuche nicht mit dem Betteln aufhört, hilft ein
Hundetrainer oder -
verhaltenstherapeut. Zu dem sollte man vor allem dann gehen, wenn der Hund die Leckereien vehement einfordert oder dabei sogar aggressiv wird.