Notare aus Sachsen-Anhalt beantworten die vielen Fragen der Volksstimme-Leser Stolpersteine beim Vererben und Erben
Ununterbrochen klingelte gestern das Volksstimme-Lesertelefon. Fragen zum Thema "Erben und vererben" beantworten Notare aus Sachsen-Anhalt. Heute Teil I.
Frage: Ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder. Haben meine Nichten und Neffen Pflichtteilsansprüche?
Antwort: Der Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen ist beschränkt. Dazu gehören der Ehegatte, Abkömmlinge (Kinder und Kindeskinder) und gegebenenfalls die Eltern des Verstorbenen. Das Pflichtteilsrecht ist jedoch vererblich. Geschwister, Nichten und Neffen sind nicht pflichtteilsberechtigt.
Frage: Meine Schwester ist verstorben. Sie hatte vor Jahren ein Testament beim Notar erstellt. Kurz vor ihrem Tod hat sie allerdings handschriftlich ein neues Testament aufgesetzt. Welches Testament gilt nun?
Antwort: Unabhängig davon, ob das Testament beim Notar oder privatschriftlich erstellt wurde, gilt immer das letzte Testament. Vorausgesetzt, das Testament wurde komplett vom Erblasser selbst mit der Hand geschrieben und unterschrieben und mit Ort und Datum versehen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, jedes Testament eines Verstorbenen beim zuständigen Nachlassgericht abzuliefern.
"Mit Ihrer gegenseitigen Erbeinsetzung haben Sie alle Kinder des Erstverstorbenen enterbt."
Frage: Meine Frau hat drei Kinder und ich habe zwei Kinder in die Ehe mitgebracht. Zur gegenseitigen Absicherung haben wir ein Berliner Testament errichtet, in dem wir uns gegenseitig zu Alleinerben und alle Kinder zu Schlusserben bestimmt haben. Nach dem Tod meiner Frau haben jetzt zwei ihrer Kinder Pflichtteilsansprüche geltend gemacht. Ist das berechtigt?
Antwort: Ja. Mit Ihrer gegenseitigen Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Testament haben Sie alle Kinder des Erstverstorbenen enterbt. Damit haben diese enterbten Kinder einen Pflichtteilsanspruch. Ein Berliner Testament ist in einer solchen Familienkonstellation eine schlechte Lösung, hier wäre eine andere Testamentsgestaltung angebracht. Die Kinder, die ihren Pflichtteil geltend machen, erben trotzdem nach dem Tod des Längerlebenden und erhalten somit mehr als die anderen Kinder, die den Pflichtteil nicht geltend machen oder am Nachlass des Erstversterbenden überhaupt nicht berechtigt sind. Es sei denn, das Testament enthält eine Pflichtteilsstrafklausel. Diese regelt, dass die Kinder, die nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil geltend machen, auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten beziehungsweise enterbt sind. Pflichtteilsstrafklauseln haben ihre Tücken. Besprechen Sie daher Ihr Vorhaben mit dem Notar.
Frage: Unser Testament mit einer Schlusserbeneinsetzung enthält keine Pflichtteilsstrafklausel. Kann ich das Testament jetzt ändern und diese Kinder für meinen Erbfall schlechter stellen?
Antwort: Ändern können Sie ein gemeinschaftliches Testament mit einer Schlusserbeneinsetzung nur, wenn das Testament ausdrücklich eine Änderungsklausel enthält. Regelt das Testament nicht, dass der Überlebende neu testieren darf, ist der Überlebende an den gemeinsamen Willen gebunden.
Frage: Ich habe keinen Kontakt zu meinen Eltern. Können diese ihr Haus an meine Schwester verschenken oder vererben, ohne mich davon in Kenntnis zu setzen?
Antwort: Ja, Ihre Eltern können zu Lebzeiten über ihr Eigentum frei verfügen.
"Eigentümer des Grundstücks werden Sie damit aber nicht."
Frage: Wie hoch ist der Pflichtteil, den die Tochter meiner verstorbenen Frau geltend machen kann?
Antwort: Die Tochter Ihrer Frau hat nur einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie durch ein Testament der Mutter enterbt wurde. Ist dies nicht erfolgt, ist die Tochter gesetzlicher Miterbe. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles. Er ist nur ein Anspruch auf Zahlung von Geld, der sich aus dem gesamten Nachlass errechnet. Die Tochter kann also keine Gegenstände verlangen.
Frage: Mein Vater ist verstorben und meine Mutter ist Alleinerbe. Ich möchte meinen Pflichtteil fordern, jedoch jetzt auf keinen Fall Bargeld von meiner Mutter verlangen. Besteht die Möglichkeit, meinen Anspruch in das Grundbuch eintragen zu lassen?
Antwort: Wenn Sie sich mit Ihrer Mutter über die Höhe des Pflichtteils einigen, können Sie beim Notar die Eintragung einer Sicherung (Grundschuld oder Hypothek)in Höhe der Pflichtteilsumme beantragen. Eigentümer am Grundstück werden Sie damit nicht.
Frage: Meine Cousine verstarb im Vorjahr ohne Kinder zu hinterlassen. Zum Nachlass gehört ein großes vermietetes Wohnhaus, dass sie mir vererben wollte. Leider hat sie aufgrund ihrer Krankheit das Testament nicht mehr ändern können und ihr Ehemann ist Alleinerbe geworden. Habe ich als Cousine erbrechtliche Ansprüche?
Antwort: Nein, es bestehen keine Ansprüche.
Frage: Wir sind eine Patchworkfamilie. Die Kinder sind schon erwachsen. Was ist für unsere erbrechtlichen Regelungen sinnvoller, ein Testament oder Erbvertrag?
Antwort: Sinnvoller ist ein Erbvertrag, der gemeinsam mit allen Kindern abgeschlossen wird. Darin können, Einigkeit aller Beteiligten vorausgesetzt, in Übereinstimmung die Pflichtteilsansprüche der Kinder nach ihrem Elternteil geregelt und damit der Familienfrieden erhalten werden.
Frage: Meine Frau und ich haben unser Haus an unsere gemeinsame Tochter verschenkt. Notariell wurde für uns beide ein lebenslanges Wohnrecht vereinbart (kein Nießbrauchsrecht). Es gibt noch Kinder aus der ersten Ehe von beiden Elternteilen. Ist die Schenkung nach zehn Jahren vollzogen, dass das Haus nicht mehr auf das Erbteil bzw. auf die Pflichtteilsansprüche der anderen Erben angerechnet wird?
Antwort: Die Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche ist bis heute höchstrichterlich noch nicht entschieden. Das bedeutet, dass zum einen die Auffassung besteht, bei der Vereinbarung eines Wohnrechts sei eine Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche gegeben. Die andere Auffassung geht vom Gegenteil aus. Das bedeutet eine Rechtsunsicherheit, die nur dadurch beseitigt werden kann, dass zwischen den Beteiligten vor dem Notar eine einvernehmliche Regelung getroffen wird.
"Ein Vierbeiner kann nicht erben, denn Tiere sind nicht erbberechtigt."
Frage: Wir sind in zweiter Ehe verheiratet und haben beide Kinder aus erster Ehe. Wir besitzen ein gemeinsames Girokonto und ein gemeinsames Sparbuch (beides auf beider Namen und beide sind verfügungsberechtigt). Außerdem existiert ein Sparbuch, das nur auf meinen Namen läuft, wir sind aber beide verfügungsberechtigt. Darauf wurde das Erbe meiner Mutter eingezahlt. Sollte mein Mann zuerst versterben, fällt dieses Sparbuch mit in die Erbmasse meines Ehemannes?
Antwort: Nein, da das Sparbuch auf Ihren Namen läuft, und das Guthaben in Ihrem Vermögen bleibt, fällt es nicht in die Erbmasse.
Frage: Wir haben keine Erben. In der Verwandtschaft gibt es niemanden, dem wir unseren Nachlass zuwenden möchten. Bei unserem Nachlass handelt es sich um Haus und Grundstück sowie einige Ersparnisse. Können wir es an Tierhilfsvereine, Feuerwehr und/oder Sportverein des Ortes oder andere gemeinnützige Vereine oder Stiftungen vererben?
Antwort: Da weder Eltern noch Kinder vorhanden sind, gibt es auch keine Pflichtteilsansprüche. Sie sind deshalb über die testamentarische Verfügung Ihres Vermögens völlig frei und können es vererben, an wen Sie wollen. Sie können aber nicht Ihren Vierbeiner einsetzen, sondern sollten schon einen Tierhilfeverein bestimmen, der Ihren Hund aufnimmt. Tiere sind nicht erbberechtigt, sie sind in soweit den Sachen gleichgestellt.
Frage: Ich soll mal das Haus meines Onkels erben. Allerdings ist das in einem baulich sehr schlechten Zustand. Die Sanierung würde rund 90 000 Euro kosten. Außerdem bekomme ich von meinem Onkel Bargeld von rund 40 000 Euro. Sollte ich das Erbe lieber ausschlagen, weil ich mir die Sanierung des Hauses nicht leisten könnte?
Antwort: Für die Ausschlagung einer Erbschaft haben Sie lediglich eine Frist von sechs Wochen nach Kenntnis vom Tode Ihres Onkels und der Sie begünstigenden letzwilligen Verfügung. In dieser Zeit müssten Sie die Frage klären, ob Sie gegebenenfalls mit einem Verkauf das Bargeld retten und einen Kaufpreis für Grund und Boden für sich realisieren. Dies würde Ihnen die Annahme der Erbschaft nahe legen. Die Ausschlagung wäre nur ein Mittel, falls Sie sich mit Annahme der Erbschaft schlechter stellen würden, als Sie bisher stehen.
Frage: Da ich mit meinem Partner, der verwitwet ist, in seinem Haus schon seit zehn Jahren zusammen lebe, möchte ich mich absichern. Mein Partner hat zwei Kinder. Was kann ich tun, damit ich das Haus nicht verliere, wenn mein Partner vor mir stirbt?
Antwort: Sie können zunächst rechtlich gar nichts machen. Aber Ihr Partner kann seine beiden Kinder als Erben beispielsweise zu je einem halben Anteil einsetzen und Ihnen ein lebenslanges oder zeitlich befristetes Wohnrecht einräumen. Wobei Ihnen die gesamten Kosten des Grundbesitzes zur Last fallen würden. Den Kindern Ihres Partners bliebe dann das übrige Vermögen und damit gebe es eine Regelung, die sowohl Ihnen als auch den Kindern Ihres Partners eine gute gemeinsame Zukunft ermöglicht. Lassen Sie sich auf jeden Fall im Vorfeld steuerlich beraten.
Weitere Antworten der Notare zum Thema "Erben und vererben" lesen Sie in der Sonnabendausgabe der Volksstimme, 21. Juli.