Presserat Unzulässige Weitergabe
Die Weitergabe eines Leserbriefes an einen Vereinsvorsitzenden brachte den Presserat ins Spiel. Mit Folgen.
In der Lokalredaktion ging ein Leserbrief ein, der sich mit Problemen in einem Kleingartenverein befasste. Da diese Zuschrift so nicht veröffentlicht werden konnte, das Thema als solches aber durchaus von allgemeinem Interesse zu sein schien, wandte sich der Redakteur an den Vereinsvorsitzenden – und machte einen Fehler: Er übergab diesem den Leserbrief.
Dies brachte dieser Zeitung eine Missbilligung des Presserates ein. „Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Weitergabe eines Leserbriefes für die Berichterstattung ... einen Verstoß gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex festgeschriebene journalistische Sorgfaltspflicht“, begründete das Gremium seine Entscheidung. Es handele sich um „einen schweren Verstoß gegen das in Richtlinie 2.6 Absatz 5 festgeschriebene Redaktionsgeheimnis. Alle einer Redaktion zugehenden Leserbriefe unterliegen grundsätzlich dem Redaktionsgeheimnis. Sie dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden“, betonte der Presserat.
Die Beschwerde hatte im Übrigen der Vorsitzende des Kleingartenvereins beim Presserat eingereicht – freilich nicht, weil er in den Besitz des Leserbriefes gelangt war. Vielmehr ärgerte ihn, dass er in dem im Lokalteil schließlich erschienenen Artikel namentlich erwähnt (und kritisiert) wurde. Auch gegen ein über seinen Gartenzaun „geschossenes“ Foto verwahrte er sich.
Mit der Beschwerde hatte er allerdings kein Glück. Der Beschwerdeausschuss sah in diesem Zusammenhang „keinen Verstoß gegen die journalistische Sorgfalt oder den Schutz der Persönlichkeit gemäß Ziffer 8 des Pressekodex“. Der Beschwerdeführer als „im Leserbrief direkt angesprochener Vorsitzender einer Kleingartenanlage“ hätte damit rechnen müssen, „dass er unter Nennung seines Names zitiert wird“, und bei dem Foto „überwiegt das öffentliche Interesse dem gegenüber gering einzuschätzenden Eingriff in den Schutz der Persönlichkeitsrechte“, hieß es zur Begründung.
Insofern sah die Redaktion auch keinen Grund, den Artikel – wie jetzt vom Beschwerdeführer gefordert – aus dem Online-Archiv zu entfernen.