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Stechmücken übertragen Vermutung: West-Nil-Virus etabliert sich in Deutschland

Mit dem Sommer kommen die Mücken. Eine Art kann auch in Deutschland die Tropenkrankheit West-Nil-Virus auf Menschen übertragen. 2019 gab es das erste Mal Nachweise für Infektionen in Deutschland. Bei einem warmen langen Sommer könnte das wieder passieren, mutmaßen Experten.

19.06.2020, 13:03

Berlin (dpa) - Das Robert Koch-Institut (RKI) hält Ansteckungen mit der Tropenkrankheit West-Nil-Fieber in Deutschland dauerhaft für möglich.

Erfahrungen mit dem Erreger in südeuropäischen Ländern ließen vermuten, dass sich das West-Nil-Fieber in Deutschland etablieren und wahrscheinlich weiter ausbreiten werde, heißt es im jüngsten Epidemiologischen Bulletin des Instituts.

Vor allem längere Sommer mit hohen Temperaturen könnten zu einer verlängerten Saison und einer weiteren räumlichen Ausbreitung beitragen.

Das West-Nil-Virus ist ein aus Afrika stammender Erreger, der durch Zugvögel auch nach Europa verbreitet wird. Hauptsächlich wird das Virus von Stechmücken zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. An Vögeln infizierte Mücken können den Erreger aber auch auf Säugetiere - vor allem Pferde - und auf Menschen übertragen. Im Gegensatz zu Vögeln können Pferde und Menschen aber nicht zu einer Virusquelle für Mücken werden.

Der Erreger sei offenbar in der Lage in Deutschland zu überwintern, heißt es im Bulletin. 2018 wurde das Virus bereits bei Vögeln und Pferden nachgewiesen. 2019 gab es in Ostdeutschland im Spätsommer erstmals fünf diagnostizierte Infektionen beim Menschen, die vermutlich auf Mückenübertragung im Inland zurückgingen. Registriert wurde das Virus bei Patienten in Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Das wärmebegünstigte Gebiet am Oberrhein gilt für das RKI als weiteres Risikogebiet.

Der Erreger kann in Deutschland von den weit verbreiteten Stechmücken der Gattung Culex übertragen werden. In Südeuropa wird es schon seit langem saisonal im Sommer übertragen und kann auch dort überwintern.

Vor 2019 waren Ansteckungen ausschließlich bei Reisenden nach ihrer Rückkehr nach Deutschland festgestellt worden. Das Virus ist in Afrika, Israel, der Westtürkei, dem Mittleren Osten, Indien, Teilen Südostasiens und inzwischen auch in Nord- und Teilen Mittelamerikas verbreitet. Im Ausland steckten sich 2019 nachweislich sieben Bundesbürger an. Todesfälle wurden nicht bekannt.

Da nur ein kleiner Teil der Infizierten Symptome zeigt und generell nur etwa einer von 100 Infizierten schwer erkrankt, geht das RKI von weiteren nicht-diagnostizierten Infektionen aus. Mit der Meldepflicht seit 2016 könnten nun wahrscheinlich auch überproportional häufig schwere Verläufe entdeckt werden, weil bei leichten Erkrankungen seltener eine Labordiagnostik eingeleitet werde. Menschen in hohem Alter oder mit Immunschwäche gelten als besonders gefährdet.

Nach einer Infektion entwickelt rund ein Fünftel der Infizierten eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung, die etwa drei bis sechs Tage andauert. Der Krankheitsbeginn ist abrupt mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und Lymphknotenschwellungen verbunden. In seltenen Fällen entwickelt sich eine Gehirnentzündung.

Ärzte sollten vor allem im Sommer und Spätsommer in Gebieten mit Nachweisen für das Virus bei solchen Symptomen auch an West-Nil-Fieber denken, rät das RKI. Eine Übertragung sei auch durch Organtransplantationen, Bluttransfusionen sowie während der Schwangerschaft möglich.

Einen Impfstoff gibt es bisher nicht. Deshalb gilt Mückenschutz als bestes Mittel. Dazu zählen an Orten mit vielen Mücken unter anderem das Tragen von langärmeligen Hemden oder Blusen und langen Hosen, die Anwendung von Sprays, der Gebrauch von Moskitonetzen und Fenstergitter.

Bulletin

West-Nil-Fieber