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Sommerzeit am Badesee Wann ist mein Kind ein sicherer Schwimmer?

In den Sommerferien packen viele Kinder die Badesachen ein und fahren zum See oder ins Freibad. Nicht immer können die Eltern mit. Doch nicht alle Kinder sollte man ohne elterliche Aufsicht ins Wasser lassen.

Von David Langenbein, dpa 23.06.2020, 13:22

Berlin (dpa) - "Darf ich mit meinen Freunden an den See fahren?" Diese oder ähnliche Fragen werden in den Sommerferien viele Eltern hören. Verbunden mit der Abwägung: Ist mein Kind ein sicherer Schwimmer?

Eine Entscheidungshilfe dafür gibt es nun zumindest. "Der sichere Schwimmer ist derjenige, der das Schwimmabzeichen in Bronze hat, der die Disziplinen dafür erfüllt", erklärt Achim Wiese von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) der dpa. "Da können Eltern also durchaus mal sagen: "Okay, du kannst mit deinen Klassenkameraden alleine ins Freibad gehen.""

Seit Januar gibt es eine neue Prüfungsordnung

Auf diese Definition haben sich die Kultusministerkonferenz und der Bundesverband zur Förderung der Schwimmausbildung (BFS), in dem auch die DLRG ist, geeinigt. Neben der Definition wurde auch die Prüfungsordnung überarbeitet. Seit Januar sind die neuen Regeln in Kraft, in einer Übergangsphase werden sie nach und nach eingeführt.

Paketsprung - oder wie ihn die meisten Kinder wohl nennen: die Arschbombe - vom Ein-Meter-Brett. 15 Minuten Schwimmen ohne Pause. Zwei Meter Tieftauchen. Das sind einige der Anforderungen für das Bronze-Abzeichen, den Freischwimmer.

Dagmar Sauerlandt, Schwimmlehrerin der Berliner Bäder-Betriebe, kennt sich damit aus. "Ich finde es gut, dass man wieder mehr Wert auf eine Ausdauerleistung legt, als nur Strecke und Zeit in den Vordergrund zu stellen", sagt sie. "Das erhöht auf jeden Fall die Schwimmsicherheit." Schüler und Schülerinnen müssten so lernen, ihre Kraft besser einzuteilen.

Seepferdchen reicht nicht

Dass dieser Anspruch an den sicheren Schwimmer nun deutschlandweit für Grundschulkinder gelte, habe auch Auswirkungen auf die Ausbildung an den Schulen, sagt Wiese. "Denn einige Bundesländer haben gesagt: Wir bilden in der Grundschule bis zum Seepferdchen aus. Dann können unsere Kinder schwimmen. Und da haben wir jetzt tatsächlich den Haken dahinter gesetzt, dass das eben nicht so ist."

Denn das Seepferdchen sei kein Schwimmabzeichen, sondern Wassergewöhnung, betont er. Auch Sauerlandt sagt, auf keinen Fall sollten Eltern ihre Kinder, die nur ein Seepferdchen haben, alleine ins Wasser lassen. Denn viele Kinder in Deutschland kommen zumindest in der Grundschule nicht über das Seepferdchen hinaus. Einer Umfrage im Auftrag der DLRG aus dem Jahr 2017 zufolge haben rund 60 Prozent der Zehnjährigen kein Schwimmabzeichen.

Die Gründe sind vielfältig. Viele Schulen haben keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Schwimmbädern. Viele Lehrkräfte würden zudem fachfremd eingesetzt, sagt Wiese. Private Schwimmkurse könnten das nicht ausgleichen. Die Wartezeiten sind lang. Außerdem sei dies für viele Familien auch eine finanzielle Frage, so Wiese.

Schulschwimmen muss mehr gefördert werden

Der BFS erhofft sich von den neuen Regeln auch eine qualitativ besser Ausbildung. Die Bundesländer würden dem Thema Schulschwimmen wieder eine höhere Priorität einräumen, sagt der Vorsitzende des Verbandes, Helmut Stöhr. Trotzdem seien Investitionen in die Infrastruktur absolut notwendig.

Auch wenn die meisten Kinder im Grundschulalter schwimmen lernen sollen, hätte sich Sauerlandt mehr Möglichkeit zur Differenzierung zwischen den Altersgruppen bei den Anforderungen gewünscht. Die Möglichkeit vergleichbare Leistungen gegeneinander zu tauschen, fände sie sinnvoll.

Fünfjährige oder Senioren, die ein Schwimmabzeichen machen wollen, könnten einfach nicht das Gleiche leisten wie andere. "Beispielsweise ist der Paketsprung vom Einer für eine 70-Jährige körperlich nicht machbar. Wenn sie da schief aufkommt, kann sie sich einen Schaden an der Wirbelsäule zufügen", sagt sie. Dabei sei der Kerzensprung eine vergleichbare und sichere Leistung.

Momentan ist vieles davon jedoch noch Theorie. Wegen der Corona-Krise findet momentan kein Schwimmunterricht statt. Das könnte viele Probleme noch verschärfen. Einige Kinder werden nun noch länger auf ihre Schwimmausbildung warten müssen, so Sauerlandt. Angesichts der langen Schwimm-Pause durch Corona rät sie aber auch Kindern, die noch nicht lange zu den sicheren Schwimmern zählen: Am Badesee sollte man es in diesem Jahr lieber erstmal vorsichtig angehen lassen, um zu sehen wie gut es mit dem Schwimmen eigentlich noch klappt.

© dpa-infocom, dpa:200623-99-531620/4

Umfrage der DLRG