Presserecht Warum der Text weiter im Archiv bleibt
Nur, weil sich nach einem Artikel die Lebensumstände der Protagonisten geändert haben, besteht noch kein Löschungsanspruch aus dem Archiv.
Einen jungen Sachsen-Anhalter hatte es mit seiner Familie ins südliche Afrika gezogen. Dort arbeitete seine Frau für ein Programm des Deutschen Entwicklungsdienstes, während er selbst sich unter anderem ehrenamtlich in einer Kinder-HIV-Klinik engagierte.
Über das Leben in der Fremde und ihren Einsatz vor Ort berichteten die jungen Leute begeistert im Gespräch mit der Volksstimme. Ihr Bericht fand Eingang in einen längeren Artikel, der im November 2010 in jener Lokalausgabe erschien, aus deren Verbreitungsgebiet der Mann stammte, und ist natürlich auch online nachzulesen.
Ende vergangenen Jahres, also sechs Jahre nach der Veröffentlichung jenes Artikels, wandte sich der Mann an die Volksstimme mit der Bitte, den Artikel „nicht mehr öffentlich zur Verfügung zu stellen“, also aus dem Online-Archiv zu löschen. „Teile des Textes entsprechen nicht mehr meiner heutigen Meinung und ich möchte nicht mehr mit dem Inhalt in Verbindung gebracht werden“, begründete er seinen Wunsch.
Dem ist die Redaktion allerdings nicht nachgekommen. Wir sehen keinen Grund, Beiträge wie diesen, die presserechtlich einwandfrei entstanden waren, in unseren Print- und Online-Archiven zu verändern oder gar aus diesen zu löschen. Der Artikel gibt den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wider. Beim Aufruf aus dem Online-Archiv wird zu Beginn des Textes das Datum der Veröffentlichung genannt und am Ende wird noch einmal darauf hingewiesen: „Dieser Artikel ist älter als ein Jahr. Der Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell." Allein der Ablauf von Jahren seit der Veröffentlichung begründet keinen Löschungsanspruch.
Allerdings steht es Betroffenen frei, direkt bei Suchmaschinen wie Google zu beantragen, Verweise auf Webseiten mit persönlichen Daten aus den Ergebnislisten zu streichen. Suchmaschinen müssen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs „vergessen“, die Archive von Medien nicht. Die in ihnen aufbewahrten Nachrichten und Informationen spiegeln Geschichte wider, die nicht zu tilgen ist.