1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Wenn die eigenen Hände nicht belastet werden dürfen...

Fall 2: Unterstützung nach einem Unfall Wenn die eigenen Hände nicht belastet werden dürfen...

15.08.2011, 04:42

Bei einem Sturz von der Treppe daheim brach sich Ruth Jabs nicht nur das linke Handgelenk, sondern auch das rechte Schulterblatt. Die 73-Jährige aus Tangerhütte konnte nach einer Operation wegen der Fraktur die linke Hand lange Zeit nicht belasten und ihre Schulter steckte zur Heilung in einem Gestell, wodurch auch rechter Arm und Hand "ausfielen".

Von Gudrun Oelze

Schon eine Woche nach dem Unfall aber entließ man die Rentnerin aus dem Krankenhaus, da sich daheim ein Pflegedienst kümmern würde. Der sie ambulant weiter betreuende Chirurg beantragte für die Patientin bei der Krankenkasse neben der Verabreichung von Spritzen auch Hilfe bei der Körperpflege, da Ruth Jabs ja beide Hände nicht benutzen bzw. belasten konnte.

Die AOK genehmigte jedoch lediglich die Behandlungspflege, also die Verabreichung der Spritzen, aber keine Grundpflege fürs tägliche Waschen.

"Es kann doch nicht möglich sein, dass dieses Grundbedürfnis nicht genehmigt wird", empörten sich die Angehörigen. Ruth Jabs könne beide Hände nicht benutzen, wie soll sie sich da selbstständig waschen und die normalen Dinge des Alltags erledigen? Auch der behandelnde Chirurg halte es für einen Missstand, dass die Krankenkasse sich weigere, für das tägliche Waschen die Kosten zu übernehmen. Warum soll das bei dieser Versicherten, die doch eindeutig auf solche Hilfe angewiesen sei, nicht möglich sein, fragten wir bei der AOK Sachsen-Anhalt nach.

Grundpflege und häusliche Pflege

Dort wurde der Antrag von Ruth Jabs für Leistungen zur Behandlungs- und zur Grundpflege daraufhin nochmals geprüft. Doch auch danach blieb die Krankenkasse dabei: Lediglich Leistungen für Behandlungspflege können von der AOK vollständig getragen werden, nicht jedoch Kosten für die Grundpflege. Dafür lägen in diesem Fall "die gesetzlichen Voraussetzungen" nicht vor. Denn für die häusliche Pflege habe der Gesetzgeber eine Pflegestufe und für die häusliche Krankenpflege eine ärztliche Verordnung als Voraussetzung vorgesehen.

"Zur häuslichen Pflege zählen grundlegende, gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen des täglichen Lebens wie Körperpflege (z. B. Waschen, Duschen, Baden), Ernährung (z. B. mundgerechtes Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung), Mobilität (z. B. An- und Auskleiden) sowie hauswirtschaftliche Versorgung (z. B. Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wäsche waschen)", informierte die AOK.

Die Pflegebedürftigkeit müsse auf Dauer, mindestens jedoch für sechs Monate bestehen. "Die Leistung kann erbracht werden, wenn die Voraussetzungen dafür durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung festgestellt wurde. Bei Frau Jabs liegen die Voraussetzungen für eine häusliche Pflege nicht vor", so die Auskunft.

Die Häusliche Krankenpflege dagegen umfasse die Grund- und Behandlungspflege, wird vom Arzt verordnet und darf nur von dafür zugelassenen Einrichtungen wie ambulanten Pflegediensten, Sozialstationen erbracht werden. Zur Behandlungspflege im Haushalt von Versicherten gehören zum Beispiel die Medikamentenabgabe, Injektionen oder Verbandswechsel.

Für die Grundpflege (Körperpflege, Bewegung oder Hilfe bei der Ernährung) legte der Gesetzgeber fest, dass zusätzlich zur ärztlichen Behandlung entweder eine stationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder die Dauer verkürzt wird oder eine Krankenhausbehandlung erforderlich, aber nicht durchführbar ist. Und für diese Grundpflege seien bei Frau Jabs die Voraussetzungen nicht erfüllt, die in ihrem Fall erfolgten pflegerischen Maßnahmen hätten keinen Krankenhausaufenthalt begründet, so die AOK.

Haushaltshilfe beantragt

Man habe nach unserer Anfrage mit Ruth Jabs aber ein ausführliches Beratungsgespräch geführt und dabei erfahren, dass die Versicherte durch ihre Handicaps ja auch gar nicht ihren Haushalt führen konnte. Und für eine Haushaltshilfe könne die AOK Sachsen-Anhalt die Kosten bis zu 28 Tagen übernehmen, wenn dem Versicherten wegen einer akuten schweren Erkrankung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und keine mit im Haushalt lebende Person einspringen kann.

Voraussetzung: Der behandelnde Arzt bescheinigt, dass eine Haushaltshilfe medizinisch notwendig ist. Das war im Fall von Ruth Jabs ja wohl unstrittig, der entsprechende Antrag von ihr bei der AOK eingereicht.