Experten rechnen mit Preissteigerung und Lieferengpässen Wer jetzt Winterreifen kauft, kann Geld und Zeit sparen
Die Preise für Winterreifen steigen wie zuletzt auch die für Sommerreifen stark an - Hintergrund sind weiter hohe Preise für Naturkautschuk. Vor diesem Hintergrund empfehlen TÜV-Experten, sich schon jetzt die neuen Winterreifen zu kaufen und geben Tipps, wie man beim Reifenkauf steigenden Mobilitätskosten entgegenwirken kann.
München (rgm). Der Gummi macht den Unterschied: Winterreifen bedeuten in der kalten Jahreszeit ein unverzichtbares Sicherheitsplus. Der Grip von Sommerreifen lässt bei winterlichen Straßenbedingungen spürbar nach. Der Grund: Bereits bei Temperaturen knapp über 0 Grad können die Gummimischungen von Sommerreifen verhärten. Winterreifen haben in der Regel weichere Gummimischungen mit einem hohen Silica- oder Naturkautschuk- Anteil, die sich besser der Fahrbahnoberfläche anpassen. Und gerade auf Schnee und Schneematsch zeigen die Winterreifen ihre besondere Stärke. "Mit Sommerreifen kann sich der Bremsweg gerade auf schneeglatter Fahrbahn durchaus mehr als verdoppeln", erläutert Michael Staude, Reifenexperte bei TÜV SÜD Automotive. "Ungeachtet dieser Vorteile gilt seit dem vergangenen Jahr auch in Deutschland die Winterreifenpflicht bei winterlichen Straßenverhältnissen", so Staude.
Vor dem Kauf sollten Autofahrer sich darüber im Klaren sein, wie sie den Wagen im Winter nutzen. Fährt man beispielsweise jedes Wochenende in die Berge zum Skifahren, stehen die Eigenschaften für Eis und Schnee an vorderster Stelle. Ist man als Berufspendler viel auf Autobahnen unterwegs, dann sind Langlebigkeit und Nässeeigenschaften wichtiger. Hat man den Winterfahrtyp ermittelt, bieten die Ergebnisse der Winterreifentests einen guten Überblick.
Die älteste und gebräuchlichste Kennzeichnung für Wintereigenschaften ist M S oder M+S. Beides steht für "Mud and snow", Matsch und Schnee. Es gibt allerdings keine nennenswerten, verbindlichen Anforderungen an die Wintertauglichkeit für derart markierte Reifen. So werden beispielsweise in den USA auch nahezu reine Sommerreifen mit dem Aufdruck M S verkauft. Bei so genannten Geländereifen und jenen für SUV hat sich dies auch in Europa eingebürgert. Solche Reifen haben nur eine sehr eingeschränkte Wintertauglichkeit. Aus der Unzulänglichkeit der M S-Kennzeichnung haben die Amerikaner gelernt und das Schneeflockensymbol eingeführt. "Die Schneeflocke auf Markenreifen ist eine gute Richtschnur beim Kauf", sagt Staude.
Die Idee ist verlockend - ein Reifen für das ganze Jahr. Ein Ganzjahresreifen ist aber zwangsläufig nur ein Kompromiss und allenfalls für Flachlandverkehr und für schneeärmere Regionen ohne bedeutende Steigungen geeignet. Auch wirtschaftlich sind Ganzjahresmodelle nicht die beste Wahl, da sie oftmals schneller verschleißen und einen höheren Rollwiderstand haben als eine der Saison angepasste Wechselbereifung. Ganzjahresreifen sind aber mit M S markiert und erfüllen rein rechtlich die derzeitigen Anforderungen an eine "geeignete Bereifung".
In Sachen Rollwiderstand müssen Winterpneus den Vergleichstest mit den Sommerkollegen nicht scheuen. Damit diese Eigenschaften weiter verbessert werden, gelten ab November 2012 stufenweise straffere Grenzwerte für die Reifenproduktion. Dazu wird es ein Siegel geben, das die Eigenschaften auf einen Blick deutlich macht. Die Parameter: Nässe-Grip, Verbrauch und Rollwiderstand sowie Geräuschentwicklung. "Kunden sollten den Verkäufer also auch auf die Umweltverträglichkeit ansprechen", so Staude. Die Energieeffizienz hat keine Auswirkung auf die Sicherheit.
Ein hartnäckiges Vorurteil gegenüber Winterreifen ist der angeblich höhere Sprit-Verbrauch. "Das Auto verbraucht im Winter wegen der Kälte mehr, nicht wegen der Reifen", sagt Staude dazu. Inzwischen gibt es speziell auf niedrigen Verbrauch optimierte Winterreifen. Aufschriften wie "Green X", "ECO" oder "Saves Fuel" deuten dies an.
Auch wenn die gesetzliche Mindesttiefe des Profils genauso wie bei Sommerreifen bei 1,6 Millimetern liegt: Nach Ansicht von Experten wie Reifenherstellern sollte die Profiltiefe bei Winterreifen vier Millimeter nicht unterschreiten. Wer in bestimmte Länder reist, muss im Winter ohnehin mehr Profil zeigen. Österreich verlangt vier, Schweden drei Millimeter.
Der Fülldruck hat großen Einfluss auf den Verbrauch. Schon wenige Zehntel Bar verminderter Druck erhöhen den Rollwiderstand um bis zu 20 Prozent - und verringern die Sicherheit immens. "0,2 bis 0,3 Bar über der Empfehlung des Fahrzeugherstellers schaden nicht", so der Tipp von Staude. Geht man aber mit den Winterreifen an die Belastungsgrenze - zum Beispiel im Gebirge - dann lieber genau den vorgeschriebenen Luftdruck einhalten. Dann entfaltet der Reifen seine besten Eigenschaften.
Wer nicht wochenlang auf die Winterreifen warten möchte und nicht auf lange Warteschlangen beim Reifenwechsel steht, sollte sich bereits jetzt um die passende Winterbesohlung kümmern, raten die TÜV SÜD-Experten. Das insbesondere vor dem genannten Hintergrund, dass für die bevorstehende kalte Jahreszeit mit Engpässen bei der Versorgung mit Winterreifen und damit einhergehend mit Preiserhöhungen gerechnet werden muss.