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Hohe Belastung Wie Corona Kindern auf die Psyche schlägt

Keine Schule, kaum soziale Kontakte: Nach einem Jahr Pandemie hinterlässt das bei vielen Kindern und Jugendlichen deutliche Spuren.

21.03.2021, 02:00

Hamburg (dpa) l Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit Beginn der Corona-Pandemie vor einem Jahr zeigt fast jedes dritte Kinder in Deutschland psychische Auffälligkeiten. Damit sind vor allem Sorgen und Ängste, aber auch depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen gemeint, wie eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) vor wenigen Wochen gezeigt hat.

Eltern können sich angesichts dieser Ergebnisse zurecht fragen: Was belastet meine Kinder am stärksten? Und was kann ich tun, um ihnen zu helfen?

Als erstes gilt es herauszufinden: Hat mein Kind aktuell nur eine schlechte Phase, oder steckt da mehr dahinter? "Es gibt eine Reihe an körperlichen Symptomen wie Unruhe, Bauchschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen", sagt Mirriam Prieß im Themendienst-Gespräch. Sie lassen darauf schließen, dass das Kind psychisch belastet ist. Prieß ist Ärztin, Therapeutin und Autorin.

Ein weiteres Alarmzeichen ist es, wenn Kinder und Jugendliche ihre Ängste und Nöte kompensieren, indem sie sich in eine andere Welt flüchten. Je nach Alter kann das vermehrt durch Smartphonenutzung und Computerspiele aber auch Süßigkeiten und Alkohol passieren.

Im Umgang miteinander merken Eltern weiterhin, dass es zunächst zu mehr Auseinandersetzungen mit dem Nachwuchs kommt. Der Kontakt kann dann aber langsam verloren gehen, das Kind zieht sich immer weiter zurück.

"Damit ich mitbekomme, wie es meinem Kind in dieser Zeit überhaupt geht, muss ich den Dialog aufrecht erhalten. Das beinhaltet aber mehr als nur miteinander zu reden." Im Gespräch geht es um Fragen: "Wie geht es dir? Was ist für dich wichtig?". Beide Seiten müssen sich gehört und verstanden fühlen.

Gerade im Moment sei es wichtig, den Kindern wertschätzend zu vermitteln: "Du bist gut, so wie du bist" – auch, wenn sie für den elterlichen Geschmack vielleicht gerade weniger für die Schule machen, als sie sollten. "Da muss man auch seine eigene Anspruchshaltung überprüfen: Im Moment ist es nicht realistisch, alle Ansprüche so zu erfüllen wie das vor Corona möglich war", sagt Prieß.

Für die Kinder sei unheimlich viel weggefallen: Beziehungen, soziale Kontakte, die Schule als Strukturgeber, alle Hobbys. "Das kann in der Familie mit Empathie aufgefangen werden, auch wenn es sehr anstrengend für alle ist." Die Atmosphäre zu Hause sei insgesamt sehr wichtig. "Damit ist aber nicht gemeint, dass es immer nur harmonisch abläuft. Man muss auch akzeptieren wenn einer sagt "Heute kann ich nicht mehr". Im Dialog zu bleiben bedeutet auch, Grenzen zu respektieren."

Haben Eltern das Gefühl, mit diesen Strategien nicht an ihr Kind heranzukommen, oder beobachten sie eine sich verschlechternde Symptomatik, sollten sie sich an den Kinder- und Jugendarzt wenden. Auch professionelle therapeutische Hilfe kann eine Möglichkeit sein.

Für Prieß ist besonders wichtig, dass die Eltern nicht nur ihre Kinder im Blick haben, sondern auch sich selbst: "Wenn ich mich selbst ausbeute, kann ich nichts mehr geben." Deswegen sollten sich Väter und Mütter immer fragen: Befinde ich mich noch im Gleichgewicht zwischen Nehmen und Geben? Wie kann ich meine wesentlichen Bedürfnisse erfüllen, auch wenn vieles nicht geht? Was würde mir gerade gut tun, wie kann ich mich entlasten? Auch wenn es nur zehn Minuten sind.

In wieweit die Einschränkungen der Corona-Pandemie auch langfristige Auswirkungen haben werden, ist für Prieß nicht vorhersehbar. Was aber klar ist: "Das Jahr hat bei allen deutliche Spuren hinterlassen. Bei so vielen Menschen merke ich, wie sehr sie über ihre Grenzen gegangen sind – das habe ich in diesem Ausmaß noch nicht gesehen."