Mediziner gaben in einem Volksstimme-Telefonforum Auskunft zu depressiven Störungen Winter-Blues mit Bewegung im Freien und mit künstlichem Sonnenlicht vertreiben
Über Hilfen bei depressiver Verstimmungen informierten gestern eine Psychotherapeutin und zwei Sportmediziner vom Uniklinikum. Uwe Seidenfaden notierte einige Fragen und Antworten.
Frage: Trübes Wetter und die winterliche Dunkelheit schlagen mir auf das Gemüt, meinem Bruder aber nicht. Wie kommt es eigentlich zu einer Winterdepression?
Antwort: Es ist seit längerem bekannt, dass sich die längere Dunkelheit auf den Hirnstoffwechsel auswirken kann. Unter anderem wird vermehrt das Schlafhormon Melatonin produziert. Dieses Hormon greift in den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen ein. Wenn wenig Licht auf das Auge fällt, ist die Melatoninbildung erhöht. Manche Menschen reagieren darauf mit melancholischen Stimmungstiefs. Andere sind von diesen Stoffwechselveränderungen im Gehirn jedoch weniger stark betroffen. Die Gründe für die Unterschiede liegen in einer erblichen Veranlagung mancher Menschen zu Depressionen. Gegen diese genetische Veranlagung lässt sich leider nichts tun. Möglich ist es jedoch, durch Verhaltensänderungen das Risiko des Ausbruchs einer Depression zu reduzieren.
"Oft ist auch die Konzentration gestört"
Frage: Was sind die typischen Symptome einer Winterdepression?
Antwort: Typische Begleitsymptome einer Winterdepression sind ein erhöhtes Schlafbedürfnis, Antriebslosigkeit und ein stärkeres Verlangen nach Süßem. Auf eine Winterdepression weist hin, wenn die seelischen Tiefs wiederholt in den Herbst- und Wintermonaten auftreten und die Betroffenen im Sommer beschwerdefrei sind. Dagegen treten andere Depressionsformen unabhängig von den Jahreszeiten auf.
Frage: Wie kann man ein winterliches Stimmungstief von einer echten Depression unterscheiden?
Antwort: Die Symptome sind sehr ähnlich. Die Betroffenen fühlen sich antriebslos und schlapp. Sie haben ein vermindertes Selbstwertgefühl und können oftmals nicht richtig ein- oder durchschlafen. Stattdessen grübeln sie viel nach - z.B. über den Sinn des Lebens. Oftmals bestehen bei einer Depression auch Störungen des Denkens, der Merk- und Konzentrationsfähigkeit.
Frage: Kann man mit Sport die Depressionen bekämpfen?
Antwort: Körperliche Aktivitäten und Entspannungstechniken werden in die Therapie von Depressionen meist mit einbezogen. Insbesondere bei leichten und mittelschweren Depressionen können körperliche Aktivitäten wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren deutlich zur Besserung beitragen. Mehr zu einzelnen Ausdauersportarten gibt der Deutsche Olympische Sportbund unter www.richtigfit.de/
Frage: Hilft eine vitaminreiche Ernährung gegen eine Winterdepression? Nach Möglichkeit will ich nämlich auf Medikamente zur Stimmungsaufhellung verzichten.
Antwort: Eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung ist besonders in den dunklen Wintermonaten notwendig, da die Haut als Folge des verminderten Sonnenlichtangebotes weniger Vitamin D bilden kann. Positiv bei einer saisonal abhängigen Depression wirken Spaziergänge und andere Aktivitäten an der frischen Luft. Auch bei bedecktem Himmel lohnt sich körperliche Aktivität. Hilfreich kann auch eine Lichttherapie mit speziellen Lampen sein, die ein tageslichtähnliches Lichtspektrum liefern. Antidepressiva und Psychotherapien sind bei Nicht-saisonalen Depressionen sinnvoll. Im Rahmen von Psychotherapien können Betroffene lernen, sich der Depression zugrunde liegender Konflikte bewusst zu werden.
Frage: Meine Mutter (83 Jahre) ist noch recht rüstig. In letzter Zeit ist sie aber mit ihrem Leben nicht mehr zufrieden. Das belastet mich. Wie kann ich ihr helfen?
Antwort: Man kann Ihrer Mutter nur helfen, wenn sie es selbst auch will. Wenn Sie sich mit der Situation alleingelassen fühlen und Ihrerseits stark leiden, sollten Sie professionelle Hilfe suchen. Auskünfte über niedergelassene Psychotherapeuten kann Ihnen Ihr Hausarzt und Ihre Krankenkasse geben.
Frage: Nach dem Tod Ihres Mannes vor einem Jahr lebt meine Großmutter seit einem Jahr in einem Pflegeheim. Sie redet viel über den Krieg und darüber, dass sie nicht mehr leben will. Wie kann ich ihr Mut machen?
Antwort: Der Verlust eines langjährigen Lebenspartners und Einsamkeit können Kriegserinnerungen wieder aufkommen lassen. Erlebnisse von Ohnmacht und Ausgeliefertsein, die lange verdrängt wurden, werden dann wieder wach. Das Gespräch darüber kann Ihrer Großmutter vielleicht helfen.
"Auch Bettlägerigen kann Gymnastik helfen"
Frage: Meine Mutter leidet seit vielen Jahren unter Knochenschwund (Osteoporose). Früher tanzte sie gerne und machte Gymnastik. Wegen der Schmerzen findet sie daran immer weniger Gefallen und das macht sie depressiv. Was kann ich tun, um ihr wieder zu mehr Lebensmut zu verhelfen?
Antwort: Mit zunehmendem Alter mehren sich die körperlichen Gebrechen. Wir sind dann nicht mehr so leistungsfähig wie in Jugendzeiten. Es liegt an jedem Einzelnen, wie er damit umgeht. Am besten ist es, die Ziele den körperlichen Gegebenheiten anzupassen. Auch wenn bisherige Leistungen nicht mehr erreichbar sind, sollte körperliche Bewegung weiter zum Alltag gehören. Grundsätzlich ist eine sportliche Betätigung für Menschen jeden Alters geeignet. So kann regelmäßige Gymnastik auch noch bettlägerigen Senioren helfen, im gewissen Umfang beweglich zu bleiben.