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Interview mit Rolf Reuter Was der Arendsee mit Kräutern zu tun hat

Er ist ein echter „Kräuterling“, der Arendsee sein zweites Zuhause und Naturmensch Gustav Nagel sein Idol: ein Gespräch mit dem Natur- und Erlebnispädagogen Rolf Reuter.

Von Helga Räßler 12.08.2023, 11:30
Rolf Reuter alias Kräuterrolf mit einem Strauß aus Schafgarbe, Habichtskraut, Mädesuess, Rainfarn und Wasserdost an der Trauerweide auf dem Gustav-Nagel-Areal am Arendsee, startklar zur Kräuterwanderung.
Rolf Reuter alias Kräuterrolf mit einem Strauß aus Schafgarbe, Habichtskraut, Mädesuess, Rainfarn und Wasserdost an der Trauerweide auf dem Gustav-Nagel-Areal am Arendsee, startklar zur Kräuterwanderung. Foto: Helga Räßler

Arendsee - Volksstimme: Seit 2020 sind Sie regelmäßig am Arendsee, erst zu interaktiven Märchen in der Kita Seeperle, dann zum Kräuterwandern oder zu Yogatagen. Was finden Sie hier so anziehend?Rolf Reuter: Mich reizt hier einerseits die Landschaft, andererseits Gustav Nagels Erbe. Dieser Lebensreformer und vor allem Naturmensch hat sich trotz vieler Schikanen nicht brechen lassen, ist einen Grundsatz vom Leben im Einklang mit der Natur treu geblieben. Und er hat uns so viel hinterlassen. Ich finde auch diesen Garten Eden überwältigend mit seiner geheimnisvollen und mystischen Atmosphäre. Natürlich zieht mich auch der See selbst magisch an mit seiner Tiefe und Klarheit. Und die Menschen, ganz klar!

Volksstimme: Was finden Sie an Kräutern so spannend?Rolf Reuter: Der Ursprung der Schulmedizin sind Kräuter und die Natürlichkeit von Heilmitteln. Darin ist eigentlich alles zu finden, was der Mensch zu seiner gesunden Lebensweise benötigt. Diese Dinge zu kennen und für mich zu nutzen, finde ich faszinierend. Die Medizin hat sich allerdings im Laufe der Zeiten von diesem natürlichen Prinzip entfernt. Medikamente heute haben dadurch oft Nebenwirkungen.

Volksstimme: Welches ist Ihr Lieblingskräutlein, Ihr Lebenselixier?Rolf Reuter: Das ist eindeutig der Weißdorn - die Herzpflanze! Die Weißdornblüte eröffnete übrigens ursprünglich das Jahr und brachte das Herz ins Gleichgewicht. Ab 15. Mai etwa wurde bis Juni das Jahr begrüßt mit der Fröhlichkeit des Frühlings als Zeichen des Erwachens und Genesens der Natur, auch des Menschen. Der Weißdorn reguliert Herzrhythmusstörungen, den Blutdruck. Er ist für mich auch die Pflanze der Liebe, weil sie mein eigenes Leben wieder in Ordnung gebracht hat.

Volksstimme: Was empfehlen Sie einem unerfahrenen Neuling, der noch keine Kräuter kennt?Rolf Reuter: Also auf keinen Fall einfach loszugehen, etwas einzusammeln und zu verspeisen ohne genauere Kenntnisse. Da ist die Verwechslungsgefahr doch zu groß. Zum Beispiel die großartige Schafgarbe, die krampflösend wirkt und auch gut gegen Migräne hilft, kann leicht mit dem gefleckten Schierling verwechselt werden. Und der ist tödlich selbst in der kleinsten Dosierung. Jeder kann sich Wissen aneignen bei einer Kräuterwanderung oder der Lektüre, zum Beispiel rate ich zu dem Büchlein „Aus der Apotheke Gottes“ von Maria Treben. Darin wird auf die geläufigsten Kräuter der Region eingegangen.

Die Schafgarbe ist überall im Grünen, auch im Garten Eden, zu finden. Sie wirkt krampflösend und gegen Migräne.
Die Schafgarbe ist überall im Grünen, auch im Garten Eden, zu finden. Sie wirkt krampflösend und gegen Migräne.
Foto: Helga Räßler

Volksstimme: Sie plädieren auf Ihrer Ratgeberseite im Netz gern für das Waldbaden. Was ist das genau, und wie wirken dabei Bäume oder Waldpflanzen auf uns?Rolf Reuter: Beim Waldbaden kann es zu einer kompletten und komplexen Verbindung zwischen uns und den Bäumen kommen. Es ist das Erleben von Jetzt und Hier mit allen Sínnen - wir entspannen, riechen, schmecken, fühlen. Und atmen! Die Anwendung verschiedenster Atemtechniken schafft eine neue Verbindung zwischen uns und der Natur im Wald mit den Lichtbäumen. Das hilft, uns von Blockaden oder Konflikten zu befreien. Wir atmen die Harz- und Duftstoffe – Terpene genannt – im Wald ein, die Bäume aussenden und die uns zur Ruhe kommen lassen. Das vermittle ich auch bei Kursen für Erzieher und andere interessierte Personengruppen.

Volksstimme: Was war eigentlich Ihr Schlüsselerlebnis, das Sie auf Ihren Kräuterweg gebracht hat?Rolf Reuter: Mein Großvater nahm mich schon sehr früh mit auf seine Ausflüge und lehrte mich wie nebenbei, wofür die wilden Kräuter so alles gut sind. Von ihm lernte ich den Spitzwegerich als Naturpflaster kennen, der mir auch heute noch hilft bei Insektenstichen oder als kleine Delikatesse im Essen. Den letzten Anstoß, mein Laben ganz umzustellen, gab meine Frau Anne. Das war 2007.

Volksstimme: Nagels Garten Eden ist immer wieder Treffpunkt für Sie und Ihre Anhänger. Er ist auch Aushängeschild des Fördervereins Gustav Nagel. Was haben Sie von der Ostsee mit dem Arendseer Verein zu tun?Rolf Reuter: Ich bin Mitglied und unterstütze das Anliegen des Vereins, Gustav Nagel und seine Lebensmaxime bekannter zu machen, mit ihm zu werben. Ich engagiere mich für das Projekt des Wiederaufbaus des Nagelschen Kurtempels, an dessen Resttreppe wir hier gerade stehen. Der Verein sammelt Spenden über das Portal betterplace.org. Ich persönlich werde den Erlös einer meiner Wanderungen zur Sinneswahrnehmung mit einem Teilnehmerpaar hier am Arendsee dafür spenden. Ziel ist es, den Seetempel anlässlich des 150. Geburtstags von Nagel im April 2024 einzuweihen. Mit Nagelfans wie Christine Meyer, Antje Pochte oder Nadine Schütte und Kathrin Goyer weiß ich mich auf einer Wellenlänge.