Kunstvolles Haus Breitenhagener Grundstück kunstvoll gestaltet
In Breitenhagen gibt es ein Haus, an dem die Radtouristen eine Vollbremsung machen. Dirk Stark lässt kaum einen Quadratmeter aus, um sich künstlerisch abzuarbeiten.
Breitenhagen - Dirk Stark lässt sich nicht gerne fotografieren. Er meint, wenn es um sein Haus ginge, sei das nicht nötig. Er möchte nicht im Mittelpunkt stehen.
Aber bei seinem Wohndomizil in Alt Tochheim wäre das kein Problem. „Hier sind schon so viele Radfahrer vorbei gekommen, die geknipst haben, warum dann nicht auch für die Zeitung?!“, so der 51-Jährige. Man hört ihm an, wo er her kommt: Er spricht hochdeutsch und zieht bei seinem Vornamen das „i“ in die Länge, wie es die Westfalen tun: „Diiierk“. (Bei uns, wo man es nicht so mit dem klaren ’i’ hat, würde man ihn Dööörk rufen.)
Nun scheint sich jegliche Sammel- und Gestaltungsleidenschaft der Anwohner Breitenhagens im Ortsteil Alt Tochheim zu verdichten: Lothar Beutler zeigt gleich an der Deichüberfahrt Ausstattungsstücke von Binnenkähnen, unweit davon befindet sich die Sammlung maßstabsgetreuer Binnenschiffsmodelle von Theo Grötschel.
Neulich hat mich ein Breitenhagener darauf aufmerksam gemacht, dass man das nicht darf und ich Ärger mit dem Bauamt bekommen könnte.
Mit Sand, Zement und Kalk
Dem setzt Dirk Stark noch eins drauf. Als er das Grundstück vor drei Jahren kaufte, wusste er: Hier muss was mit der Fassade passieren. Und weil er sich mit Sand, Zement und Kalk von Berufswegen auskennt, legte er los. Es gibt kaum noch ein Fachwerkfeld des Hauses, das nicht quietschbunte Halbplastiken zeigt. (Das Fachwerk ist aufgemalt, die Denkmalspflege kann entspannt bleiben.)
Wo 2013 ein dreiviertel Meter Wasser über der Straße stand, plautzt jetzt Starks Kunst in die Landschaft. Man findet Wildschwein, Hund, Eichhörnchen, sich herzende Füchse, Seeadler, Hirsch und einen angeberischen Pfau, der sein Rad schlägt.
Ein Indianer vor roter Sonne scheint seinen schwarzen Mustang zu beruhigen, Harry Potters Eule Hedwig schaut einem Weißkopfadler bei dessen Gleitflug zu. Daneben ist ein „311er Wartburg“ über einem „Framo“ zu sehen. Woher kennt er als westsozialisierter Mensch die beiden DDR-Autotypen? „Na, das ist doch Allgemeinwissen“, antwortet der Neu-Breitenhagener aus Alt Tochheim.
Über die Gestaltung des Hauses kann man sich freilich streiten. Einige Betrachter sprechen von Kitsch. Kunst habe den Anspruch, originell und neuartig, bisweilen sogar unzugänglich oder unbequem zu sein.
Aber, halt, da war doch was: Unbequem sind die Halbplastiken des Herrn Stark eigentlich nicht.
Oder doch?
„Neulich hat mich ein Breitenhagener darauf aufmerksam gemacht, dass man das nicht darf und ich Ärger mit dem Bauamt bekommen könnte“, so der 51-Jährige. Der Gestaltungssatzung wegen.
Bauamt gibt Entwarnung
Bauamtsleiter Holger Goldschmidt bleibt diesbezüglich entspannt. Erstens habe die Stadt Barby gar keine Gestaltungssatzung und zweitens seien weder Breitenhagen noch Alt Tochheim ein Flächendenkmal. Und nur da gelte der städtebauliche Denkmalschutz. Dessen Aufgabe sei es, historische Ensembles mit ihrem besonderen Charakter und in ihrer Gesamtheit zu erhalten. Das ginge freilich nicht mit schmusenden Füchsen oder kapitalen Wildschweinen, die von bunten Wänden schauen.
Von all dem ungerührt, rührt Dirk Stark indessen schon wieder die nächste Mischung an. Vor dem Haus ist eine Stele, die ein weiteres Objekt tragen soll.
Für seine Plastiken habe er „ein Zeitfenster“ von einer halben Stunde, wie der Meister sagt. Danach bindet die Mischung langsam ab und es besteht die Gefahr, dass aus einem Wildschwein ein Ochsenfrosch wird. Doch was ist das für ein Zeug, das die Grundlage für den Zierrat bildet?
„Das genaue Rezept verrate ich Ihnen nicht“, lächelt der gebürtige Westfale, der vor drei Jahren von Cuxhaven nach Breitenhagen zog.