700 Mitglieder trainieren im Burger Vitalis-Studio 20 bis 21 Uhr: Von Ergometer bis Sympathiefaktor
24 Stunden im Jerichower Land - 24 spannende Geschichten. Über 93.000
Menschen leben und arbeiten hier. Wir haben einige von ihnen begleitet -
im Streifenwagen, auf dem Bauernhof oder in der JVA. Im Burger
Vitalis-Fitnessstudio geht es von 20 bis 21 Uhr schon lange nicht mehr
nur um Muckis.
Burg l "Kommt Jungs, gleich sind wir aufm Berg." Frank Wollbrügge tritt in die Pedalen, als ob es kein Morgen mehr gibt. Trotzdem hat der Athlet noch genug Luft, um seine Mitstreiter zu motivieren. Heute trainieren sie nur zu viert in einem Nebenraum des Burger Vitalis-Studios. Sie sitzen auf Fahrrädern ohne Räder, die Musik so laut wie in einer Diskothek. Spinning ist die Bezeichnung für dieses Intensivtraining.
Spinning ist ein Gruppentrainingsprogramm als Ausdauersport auf stationären Fahrrädern. Wollbrügge gibt den Takt vor - ihm gegenüber quälen sich Ralf Arnold, Andreas Backhaus und Tom Barrasch, allesamt athletische Typen, denen man ansieht, dass sie nicht zum ersten Mal ein Kardiotraining absolvieren. Als Instructor gibt Wollbrügge mittels Musik die Trittfrequenz, die Fahrweise - im Sitzen oder aufgerichtet - und die Höhe des Widerstands vor: "Gebt alles, Jungs! Noch fünf Minuten."
Seit 20 Jahren betreiben das Duo Frank Wollbrügge und Carsten Hencke das Vitalis-Fitnessstudio an der Burger Kapellenstraße: "In diesen Jahren ist innerhalb der Branche verdammt viel passiert", sagt Wollbrügge. "Als wir das Studio eröffneten, war Fitness ein Schicki-Micki-Sport für junge Leute, die gut aussehen wollen.
Mittlerweile dreht sich vieles um die Gesundheit, um Rückenleiden und das Herz-Kreislauf-System." Als Beispiel nennt der Trainer die Vormittage im Studio: "Da ist richtig was los. Meist ältere Leute haben das Studio als Treffpunkt entdeckt. Sie trainieren, sie trinken zusammen Kaffee, sie klönen manchmal stundenlang. Das hat sich über die Zeit fast zum Vereinsleben entwickelt." Richtig voll wird es dann nach Feierabend, wenn sich die Leute nach der Arbeit noch auspowern wollen.
Die Musik hämmert in den Ohren der vier Spinning-Radler. Die Gesichter sind schweißnass - nur einer redet: Frank Wollbrügge: "Kommt Jungs, nur noch vier Minuten!"
Nebenan öffnet sich eine Tür: Ein Dutzend weibliche Gäste kommt mit Handtüchern aus dem Zumba-Kursraum. Gabi te Vehne und Barbara Heisinger wischen sich den Schweiß von der Stirn. Sie wollen nach dem Gruppentraining noch einige Minuten an den Muskelgeräten arbeiten: "Uns ist wichtig, dass wir alle Körperegionen trainieren", sagt Gabi te Vehne. Zumba ist ein relativ neues Fitness-Konzept. Vor nicht mal 20 Jahren in Kolumbien entwickelt, verbindet dieser Trendsport das hier bekannte Aerobic mit internationalen Tanzelementen. Zwölf Millionen Menschen nehmen laut offizieller Zumba-Homepage weltweit in über 125 Ländern an Zumbakursen teil.
Unterdessen ackern die vier Spinning-Akteure auf den Ergometern in ihrem kleinen Kursraum. Frank Wollbrügge mobilisiert die letzten Reserven seiner Kursteilnehmer: "Wir gehen zum Sprint aus dem Sattel. Kommt Jungs, nur noch drei Minuten!"
Auf vier Säulen fußt das Konzept der beiden Burger Studiobetreiber: Abnehmen für eine bessere Figur, ein kräftiger und gesunder Rücken, mit mehr Kondition das Herz-Kreislaufsystem stärken und natürlich Muskulatur aufbauen. Wollbrügge meint: Jeder kann sich hier seinen individuellen Gesundheitsplan zimmern."
Derzeit tun dies etwa 700 Clubmitglieder aller Altersklassen. Interessant: Das Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren. Und: Im Gegensatz zu den großen Fitnessketten liegt der Frauenanteil im Vitalis bei 70 Prozent. Zu Wollbrügge und Henckes Konzept gehört auch die Ernährung. Entsprechende Kurse gehören zum Tagesprogramm. Wollbrügge meint: "Du musst die Menschen bei ihren Problemen abholen." Wer sich hier anmeldet, bekommt eine Eingangsmessung mit Körperfett-Analyse und Herz-Kreislauf-Check. Es gibt eine Tabelle, wer nach einigen Wochen die meisten Kilo verloren hat. Wichtiger ist Wollbrügge allerdings: "Am Ball zu bleiben."
Im Spinning-Kursraum geht das Training ins Finale. Die Jungs reden vom Wettkampfwochenende. Wollbrügge geht dazwischen: "Wer erzählt, hat noch Kraftreserven. Den Widerstand erhöhen. Kommt Jungs, noch eine Minute!"
Ende November feiert Vitalis das 20-jährige Bestehen mit Tanzabend und Artistik-Show in der Burger Stadthalle. Solche Anlässe halten die Gruppe zusammen. Ebenso wie Fahrrad-Touren, Osterbrunch oder Weihnachtswoche. Wollbrügge und Hencke setzen auf Sympathie.
Endspurt auf den Spinning-Ergometern. Wollbrügge lächelt. Einst Kfz-Schlosser gelernt, später als Bodybuilder und Kraftsportler einen beruflichen Traum verwirklicht: "Komm Junge, zum Spurt in die nächsten 20 Jahre!"
Lesen Sie morgen, was in der Zeit von 21 bis 22 Uhr in einer Pizzeria geschieht.