woltersdorfer zeigen, wie es geht XXL-Bahnhof-Makeover im Mini-Dorf: Hier sind echte Macher am Werk
Eine alter, maroder Bahnhof dümpelt vor sich hin: In vielen Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts verrotten Bahnhofsgebäude. In Woltersdorf in der Gemeinde Biederitz wollte man das nicht mit ansehen - und wurde aktiv.
Woltersdorf. - Viele Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt verrotten. In Woltersdorf in der Gemeinde Biederitz haben Bürger nun gezeigt, was möglich ist.
Als Tor in die große, weite Welt kann das Empfangsgebäude nicht mehr dienen, seitdem die Loburger Bahnstrecke für den Personenverkehr stillgelegt wurde, aber eine wichtige Rolle im Leben der Woltersdorfer spielt das Gebäude nach wie vor.
Bahnhofsgebäude erhält Makeover, um für Biederitz erhalten zu bleiben
Zehn Woltersdorfer hatten sich Ende 2015 unter dem Dach eines Heimatvereins zusammengefunden, um das Gebäude für den Ort zu erhalten. Ob Feste wie zum Tag der deutschen Einheit oder das Grünkohlessen an diesem Wochenende, ob für private Feiern oder gemeinsames Gucken von Handball- oder Fußballspielen bei Europa- oder Weltmeisterschaften: Das Haus ist vielseitig nutzbar. Nur eine Bedingung muss erfüllt werden: Viel mehr als 40 Personen dürfen es nicht sein. Mehr Platz geben die vier Wände nicht her.
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„Hier sollen Leute zusammenkommen können, ob in kleineren oder etwas größeren Kreisen“, sagte Vereinsvorsitzende Matthias Müller. Als der Verein das Gebäude von der Gemeinde erst übernahm, später dann abkaufte, war zwar die eine oder andere Sanierungsaufgabe zu erkennen, dennoch konnten die Räumlichkeiten sofort genutzt werden. Seitdem wurden nach und nach die Fenster, Küche und Ofen erneuert. Die Dachhaut ist als nächstes an der Reihe, danach die Toiletten.
Bahnhof in Woltersdorf in Eigenleistung renoviert
Erledigt werden die Arbeiten allesamt in Eigenleistungen. „Bei uns sind Macher gefragt, die mit anfassen“, setzte Matthias Müller hinzu. Das können sowohl handwerkliche Fähigkeiten sein als auch Kuchenbacken oder die Bereitschaft bei einer Veranstaltung, die eine oder andere Aufgabe zu übernehmen.
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Der Woltersdorfer Heimatverein ist im Unterschied zu vielen anderen Vereinen nicht im Vereinsregister eingetragen. Dafür haben sich die Woltersdorfer mit Absicht entschieden.
Vereinsarbeit soll Spaß machen, nicht Bürokratie bedeuten
Der Verein finanziert sich über die Mitgliedsbeiträge der inzwischen deutlich über 20 Mitglieder und durch Spenden. Fördermittelanträge sind für nicht eingetragene Vereine nicht möglich. Das nimmt der Verein in Kauf. „Es geht uns um den Spaß, wir wollen keine Bürokratie“, erklärte Ingo Schulz, stellvertretender Vereinsvorsitzender. Das sei neben den begrenzten Platzverhältnissen ein zweiter Grund, weshalb der Verein für seine Veranstaltungen nicht öffentlich wirbt: Es soll für die Vereinsmitglieder nicht in Arbeit ausarten.
Vielmehr gehe es darum, die Woltersdorfer herauszulocken, ihnen etwas zu bieten. Ein Handball- oder Fußballspiel in kleiner oder größerer Gruppe zu schauen, mache doch viel mehr Spaß, als zuhause allein vor dem Fernseher zu sitzen.
Mit den großen Ortsschildern „Woltersdorf“ am Empfangsgebäude weist der Heimatverein wieder auf die ehemalige Funktion des Hauses hin. Gern hätten die Woltersdorfer den Personenverkehr auf der Bahnstrecke wieder zurück. Keine Frage, dass sie Aktionen wie beispielsweise die Sonderfahrt anlässlich des 130-jährigen Bestehens der Loburger Bahn im Oktober 2022 unterstützten, um ihr Interesse an einer Wiederbelebung der Bahnverbindung zu bekräftigen.
Vereine in Biederitz halten zusammen
Das Schild Heimatstube neben der Eingangstür weist auf die Nutzung hin. Wobei Heimatstube als Treffpunkt und nicht als Museum verstanden werden soll, denn für Ausstellungsstücke reicht der Platz nicht. Mehr als den Veranstaltungsraum, die schlauchförmige Küche und die Toiletten passt in das Empfangsgebäude nicht rein.
Der Eingang ist barrierefrei zu erreichen. Der Seniorentreff war genauso wie das Wahllokal schon einmal am Bahnhof zu Gast, als das Bürgerhaus saniert wurde. Ob Senioren, Feuerwehr oder Sportverein: Die Woltersdorfer Vereine unterstützen sich bei ihren Veranstaltungen gegenseitig.