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Gemeinde will wegen Finanzloch Zuschüsse streichen Biederitzer Kantorei: Konzerte bringen Geld ins Dorf

Konzerte nicht nur als Kostenfaktor zu betrachten, sondern auch ihren wirtschaftlichen Nutzen zu sehen. Dafür wirbt die Kantorei angesichts gemeindlicher Sparpläne.

Von Manuela Langner 20.11.2024, 07:00
Zum Adventsliedersingen ist die Biederitzer Kantorei  auch in diesem Jahr wieder in verschiedenen Dörfern zu Gast.
Zum Adventsliedersingen ist die Biederitzer Kantorei auch in diesem Jahr wieder in verschiedenen Dörfern zu Gast. Foto: M. Langner

Biederitz. - Alle denkbaren Sparmaßnahmen legt das Haushaltskonsolidierungskonzept der Gemeinde Biederitz auf den Tisch. Welche realisiert werden und welche nicht, darüber entscheidet der Gemeinderat Anfang Dezember. Zu den Kürzungen zählt auch der Zuschuss für die Biederitzer Kantorei in Höhe von 2.600 Euro.

Die Biederitzer Kantorei veranstaltet seit inzwischen 35 Jahren den Biederitzer Musiksommer, eine Veranstaltungsreihe, die über die Grenzen des Landes hinaus bekannt ist, deren CDs Biederitzer auf Auslandsreisen schon in Japan oder in den USA entdeckt haben.

Wegfall des Zuschusses wäre ein doppelter Verlust

Die Summe würde der Kantorei in ihrem Haushalt schon fehlen, aber ein anderer Aspekt wiegt nach Angaben von Kantor Michael Scholl noch viel schwerer: Der gemeindliche Zuschuss, also das Signal vor Ort gewollt zu sein, sei oftmals die Voraussetzung, um Fördermittel auf Landes- oder Bundesebene zu erhalten.

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„Gerade in diesen Zeiten ist Kultur ein Bindeglied“, sagte Michael Scholl. Er warb bei den Entscheidungsträgern darum, die Veranstaltungen des Musiksommers auch als einen wirtschaftlichen Faktor zu betrachten. So hochkarätige Gäste wie Hille Perl (Echo-Klassik-Gewinnerin) am vergangenen Wochenende zögen auch überregionales Publikum an, das hier Essen gehe oder übernachte. Aber auch regionale Gäste verbänden einen späten Konzertnachmittag gerne damit, im Anschluss Essen zu gehen.

Wenn große Orchester in Biederitz zu Gast seien, werde natürlich die Versorgung vor Ort genutzt. Insofern fließe auch immer Geld an die lokalen Anbieter zurück.

Signal an Land und Bund

Der gemeindliche Zuschuss ist einerseits ein Signal an Land und Bund, andererseits aber auch ein finanzieller Stützpfeiler der Nachwuchsarbeit in der Kinderkantorei. Der Kinderchor ist in der Vorweihnachtszeit wieder in den Pflegeheimen in Heyrothsberge und Wahlitz zu Gast. Die Kantorei geht ebenfalls wieder auf ihre traditionelle Weihnachtstour über die Dörfer.

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Zugleich zeigte sich Michael Scholl offen, die Kantorei noch stärker in der Gemeinde einzubinden. Da sich der Grünschnittsammelplatz zu einem so wichtigen Treffpunkt entwickelt hat, wird die Kantorei zur Wiedereröffnung im Frühling dort unter freiem Himmel singen.

Kulturelle Wurzeln

Mit dem Hofkonzert oder dem Pavillonsingen gibt es immer wieder Angebote für Biederitzer, die zum Konzert nicht in die Kirche gehen möchten. Der Einfallsreichtum für ausgefallene Konzertorte ist nichts Neues, vielmehr reichte er in den letzten Jahrzehnten von Blech am Fluss, Swing im Heyrothsberger Park bis zu einem musikalischen Nachmittag auf dem Biederitzer Bahnhof. In Planung ist unter anderem ein Musikalischer Rundgang durch den Ort, um Neu-Biederitzer neugierig zu machen.

Die Kantorei beteiligt sich jährlich am Ehlefest mit einem Mitmach-Konzert, einem Kindermusical und der Begleitung des Ökumenischen Gottesdienstes, und ist über die Region hinaus ein wichtiger Standort der Pflege der kulturellen Wurzeln Sachsen-Anhalts, beispielsweise in Hinblick auf die Blütezeit der Barockmusik.

Gemeinsame Projekte

Vorstellbar sei auch, gemeinsam mit dem Gemischten Chor Gerwisch und dem Shantychor Gerwisch etwas zu entwickeln, sagte Michael Scholl.

Insgesamt betreffen die Kantorei drei Positionen im Haushaltskonsolidierungskonzept der Gemeinde Biederitz. Der Zuschuss in Höhe von 3500 Euro für den Biederitzer Musiksommer sei nicht jährlich gezahlt worden, erklärte der Kantor. Hin und wieder sei eine Zuwendung beantragt worden. Wie anderen kulturellen Einrichtungen auch, fällt es der Kantorei nicht immer leicht, die Finanzierung für den Musiksommer abzusichern.

Miete für das Büro

Als dritte Position wird eine Mietzahlung der Kantorei für das Büro im Biederitzer Rathaus vorgeschlagen. Hier machte Michael Scholl einen Gegenvorschlag: Das Büro könnte noch viel stärker als Kulturbüro der Gemeinde genutzt werden, das heißt, auch andere Vereine könnten beispielsweise ihre Öffentlichkeitsarbeit über das Büro erledigen lassen. Eine Weiterentwicklung als Tourismusbüro wäre ebenfalls denkbar.

Noch im November sind die Biederitzer Ortschafts- und Gemeinderäte von der Kantorei zu einem Gespräch eingeladen. Dabei sollen die Pläne für die nächsten Jahre vorgestellt, aber auch Anregungen von den Kommunalpolitikern aufgenommen werden.

Das Haushaltskonsolidierungskonzept mit seinen zahlreichen, schmerzhaften Sparvorschlägen wird am Donnerstag, 28. November, vom Haupt- und Finanzausschuss beraten. Dann ist eine Vorentscheidung zu erwarten, welche Maßnahmen realisiert werden sollen und welche nicht. Die endgültige Entscheidung trifft der Gemeinderat am 5. Dezember.