Volksstimme-Serie zur Stadtentwicklung / Heute das östlichste Wohngebiet der Kreisstadt / Kurze: "Das Ihletal darf nicht einfach abgeschrieben werden"
Wie wird sich die Stadt Burg angesichts des fortschreitenden Einwohnerrückgangs und eines dadurch notwendigen weiteren Stadtumbaus in den nächsten Jahren entwickeln? In einer Serie stellt die Volksstimme Burger Stadtteile mit ihren Potenzialen und Problemen vor. Grundlage ist das jetzt vorliegende neue Stadtentwicklungskonzept. Außerdem haben wir mit Akteuren vor Ort gesprochen. Heute: Das Ihletal.
Burg. In den 1990er Jahren brauchte das vereinigte Deutschland Eigentumswohnungen. Ob sanierter Altbau oder Neubau, vor allem Anleger aus den alten Bundesländern wollten mit einer Eigentumswohnung zwischen Elbe und Oder Steuern sparen. Und Neu-Bundesbürgern wurde die Eigentumswohnung als sichere Altersvorsorge angepriesen. Investoren und Bauträger sorgten für das entsprechende Angebot. In Burg wurde unter diesen Marktbedingungen Mitte der 1990er Jahre das Ihletal auch gegen viele Widerstände aus dem Boden gestampft.
Für Stadt- und Landschaftsplaner Stephan Westermann, Verfasser des neuen Stadtentwicklungskonzeptes, ist das Ihletal "Ergebnis einer noch Mitte der 1990er Jahre prognostizierten Wachstumsphase der Stadt. In landschaftlich reizvoller Lage, östlich der Stadt, sollte ein neues Wohnquartier mit dreigeschossigen Mietwohnungsbeständen und Eigenheimen in anspruchsvoller städtebaulicher Form entstehen."
15 Jahre und einige Wirtschafts-, Finanz- und Immobilienkrisen später sind nicht nur die Preise für die Eigentumswohnungen im Ihletal im Keller.
Westermann bilanziert: "Die geplante Ausbaustufe des Neubaugebietes wurde nur zu einem Teil umgesetzt. Große Bereiche liegen aufgrund der eingebrochenen Nachfrage brach, der Städtebau wurde in seiner Zielstellung nur fragmentarisch umgesetzt. Von den geplanten 30 Hektar wurden rund 20 Hektar entwickelt. Das Gebiet verfügt über keine eigene Gemeinweseninfrastruktur."
Rund 1000 Menschen leben im Wohngebiet
Einen anderen Blick auf das Ihletal als der Stadtplaner haben naturgemäß die etwa 1000 Menschen, die in den 575 Mietwohnungen, Reihen- und Einfamilienhäusern wohnen. Bekanntester "Ihletaler" ist Markus Kurze, Vorsitzender des Burger Stadtrates und CDU-Landtagsabgeordneter. Er, der seit 1999 mit seiner Familie im Ihletal wohnt, sieht es als seine Aufgabe als gewählter Volksvertreter, sich auch um die Belange des Stadtteils zu kümmern, in dem er wohnt.
Kurze bringt zuerst einmal auf den Punkt, worin sich das Wohngebiet Ihletal von allen anderen Wohngebieten der Stadt Burg positiv unterscheidet, was auch im Stadtentwicklungskonzept nachzuvollziehen ist: "Wir haben im Ihletal die jüngste Wohnbebauung und den geringsten Leerstand mit unter zehn Prozent. Wir haben den jüngsten Altersdurchschnitt mit überdurchschnittlich vielen Familien mit Kindern. Es gibt einen hohen Zufriedenheitsgrad mit der Wohnqualität." In den letzten Jahren habe es sogar einen leichten Anstieg der Bevölkerung gegeben. Also nur Licht und kein Schatten nach Kurzes Meinung im Ihletal? Natürlich gibt es den hohen Mietzins im Vergleich zu anderen Wohngebieten der Stadt. Auch die relativ große Distanz zur Burger Innenstadt und der Mangel an Infrastruktur werden im Stad- entwicklungskonzept als Negativ-Faktoren gewertet.
Doch mit einem Fazit wie "Verhinderung weiterer Bebauung, keine soziale Infrastruktur vorhanden und keine Entwicklung notwendig, da volle Konzentration auf die Altstadt..." will sich Kurze nicht abfinden. Das Ihletal dürfe nicht einfach abgeschrieben und sich selbst überlassen werden.
Im Gegenteil: Das Ihletal habe Entwicklungspotenzial, so Kurze. Es gehe ihm dabei nicht um eine Besserbehandlung, sondern um eine Gleichbehandlung mit den anderen Quartieren, denn es seien schon genug Menschen aus Burg und der Umgebung in Nachbargemeinden weggezogen.
Anwohner kämpfen für Spielplatz und Markt
Kurze räumt auch ein, dass, nach Rückübertragung des Areals an die Stadt Burg, nach der Insolvenz des Privatinvestors, zur Pflege und Gefahrenabwehr ein Teil der Grünanlagen und ein Teil der Straßen "dankenswerterweise" durch den Bauhof Burg bewirtschaftet werden.
Allerdings: "In der Praxis der vergangenen zehn Jahren war der Kampf um einen Spielplatz und um einen Supermarkt fast reines Privatvergnügen für die Anwohner", kritisiert Markus Kurze, der im Vorfeld des Stadtratsbeschlusses zum Stadtentwicklungskonzept mit vielen Nachbarn und Bewohnern des Ihletals gesprochen hat.