Lungenklinik Lostau Die Ära Friedel prägt die Historie der Klinik
Die Plakette auf dem Denkmalplatz Lostau zu Ehren von Professor Heinrich Friedel, der sich große Verdienste um die Lungenklinik erworben hat, ist anlässlich seines 100. Geburtstages erneuert worden.

Lostau - Wenn ein Name aus der Zeit der Lungenklinik Lostau besonders herausrage, dann sei es der von Professor Dr. Heinrich Friedel, heißt es in der Festschrift zum 111-jährigen Jubiläum der Klinik. Deshalb hatte es am 6. Mai 2020 eigentlich eine Festveranstaltung zum 100. Geburtstag von Professor Friedel im Festsaal der Lungenklinik Lostau geben sollen. Organisation und Ablauf standen bereits, die Einladungskarten waren schon gedruckt. Doch die Corona-Pandemie machte dem einen Strich durch die Rechnung. Und auch in diesem Jahr sah es noch bis vor wenigen Tagen so aus, als lägen Festveranstaltungen mit vielen Gästen in weiter Ferne. Im Rahmen einer kleinen Zeremonie auf dem Denkmalplatz Lostau wurde der 100. Geburtstag nun am Dienstag zum Anlass genommen, den langjährigen ärztlichen Direktor der Lungenklinik posthum zu ehren.
Hier auf dem Denkmalplatz waren noch im Beisein von Professor Heinrich Friedel zu seinem 80. Geburtstag eine Plakette aufgestellt und eine Linde gepflanzt worden. „Für unseren verehrten Lehrer ... von seinen dankbaren Schülern“, heißt es auf dem Schild, das nun erneuert wurde.
Dr. Jost Achenbach, Chefarzt der Pneumologie in der Lungenklinik Lostau, dankte der langjährigen Bibliothekarin der Klinik, Johanna Sänger, für ihre Initiative und ihr Engagement zur Erneuerung der Plakette. Den Professor auf diese Weise zu ehren, werde seiner Bedeutung für die Klinik gerecht, sagte Achenbach. Er bedauerte, dass die Festveranstaltung hatte ausfallen müssen, freute sich aber über die kleine Schar an „Aktiven und Ehemaligen" der Klinik, die an der Ehrung teilnahmen. Auch Lostaus Ortsbürgermeister Thomas Voigt war zu der Zeremonie gekommen.
Die ehemaligen und heutigen Mitarbeiter der Lungenklinik Lostau würden Professor Heinrich Friedel als „hervorragenden Arzt, erfolgreichen Wissenschaftler, großartigen Lehrer und initiativen Manager sowie fürsorglichen Chef“ ein Andenken bewahren, berichtete Johanna Sänger.
Zur Einweihung der Plakette waren auch Dr. Barbara Loh und Dr. Hans-Jörg Friedel gekommen - Tochter und Sohn des Geehrten. Zur Aufstellung der ersten Plakette sei ihr Vater noch dabei gewesen, sagte Barbara Loh und erinnerte sich, wie sie anschließend die dazu gepflanzte Linde fleißig gegossen hätten. 1957 seien sie mit ihrem Vater nach Lostau gekommen als dieser die Leitung der Klinik übernahm. „Mein Vater war eine seltene Kombination aus Arzt und Manager“, erzählte Loh. Er habe viel verhandelt und etliche Klinken geputzt, um den Ausbau der Lungenklinik voranzubringen.
Professor Dr. med. habil. Heinrich Friedel wurde am 2. Mai 1920 in Darmstadt geboren. Medizin studierte er in Frankfurt am Main, Berlin und Breslau. 1944 zum Militärdienst eingezogen, kam er an die Ostfront und geriet in sowjetische Gefangenschaft. Nach der Entlassung ging Friedel nach Schwerin, wo seine Frau auf ihn wartete. Er wurde Lungenarzt und war ab 1952 Oberarzt am neu gegründeten Forschungsinstitut für Lungenkrankheiten und Tuberkulose in Berlin-Buch. Sein hier entwickeltes, patentiertes Instrument zur bronchoskopischen Untersuchung - das Beatmungsbronchoskop - entwickelte sich später zum wichtigen Exportschlager der DDR-Medizintechnik.
Friedel übernahm die Lungenklinik als Lungenheilstätte „Waldkrankenhaus Lostau“. Er blieb mehr als 20 Jahre lang ihr Direktor. In dieser Zeit entwickelte er die Einrichtung durch wichtige Forschungen auf dem Gebiet der endoskopischen Technik in der Lungenheilkunde zu einer international anerkannten Klinik. Jedes Jahr im Juni fand ein einwöchiger sogenannter Bronchologischer Kurs mit mehr als einhundert Teilnehmern statt. Die Lungenärzte, Kinder-Lungenärzte, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Anästhesisten und Thoraxchirurgen kamen dazu nicht nur aus der DDR, sondern auch aus Ost- und Westeuropa nach Lostau - ein für die damaligen politischen Verhältnisse ganz besonderer wissenschaftlicher Expertenaustausch.
1960 habilitierte Heinrich Friedel mit der Methode der Katheterbiopsie, einer Möglichkeit zur Karzinomdiagnostik, die auf seine und die Arbeit seiner Mitarbeiter zurückgeht.
Seit Ende der 1950er Jahre verband die Lungenklinik eine enge Zusammenarbeit mit der Medizinischen Akademie Magdeburg. 1962 wurde sie als Bezirkskrankenhaus für Lungenerkrankungen zur Lungenklinik der Akademie. Als hier 1977 ein zweiter Lehrstuhl für Innere Medizin mit der Fachrichtung Pneumologie eingerichtet wurde, berief man Heinrich Friedel zu dessen Leiter. Es war der DDR-weit erste Lehrstuhl für Lungenheilkunde.
Die modernen Diagnosemöglichkeiten der Lungenklinik unter Heinrich Friedel seien im In- und Ausland zahlreich übernommen worden, heißt es in der Festschrift der Lungenklinik. Unter Friedels Leitung habe sich die Tuberkulose-Heilstätte Lostau in eine moderne Klinik zur Behandlung von Atemwegserkrankungen entwickelt. „Die Ära Friedel machte aus der Lostauer Klinik ein national und international bekanntes Zentrum.“ Auch nach seinem gesundheitsbedingten Ausscheiden Anfang der 1980er Jahre habe Friedel die „Lostauer Familie“ aus Mitarbeitern und Ehemaligen weiter gepflegt.
Die Lungenklinik Lostau ist heute eine Einrichtung der Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg. Sie ist Fachklinik für Pneumologie und Thoraxchirurgie und eines der wenigen überregionalen Zentren in Sachsen-Anhalt speziell für die Diagnostik und Therapie von Krankheiten der Atmungsorgane und des Brustkorbes. Die Klinik ist zudem das einzige zertifizierte Lungenkrebszentrum im Raum Magdeburg, das sich interdisziplinär aller Arten von Lungenkrebserkrankungen annimmt.

