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Auszeichnung Die Arbeit hier ist ein Glücksfall

Der Burger Rotfuchs ist einer der Preisträger von Pro Engagement für das Jahr 2020.

Von Mario Kraus 11.01.2021, 00:01

Burg l Ob die Soljanka schmeckt? Sie macht auf jeden Fall einen deftigen Eindruck und riecht schon mal lecker. Madeleine Böber hat ein gutes Gefühl, dass die Mischung stimmt, und lässt ihren Chef vorkosten. Emanuel Conrady, Inhaber der Gaststätte „Rotfuchs“ in Burg, nimmt das Angebot natürlich gern an – und nach nur wenigen Sekunden ist das breite Lächeln auf seinem Gesicht unübersehbar.

„Genial, die ist gut so“, sagt er. Was will man mehr. Auch Madeleine Böber ist zufrieden. Nicht nur über die gelungene Suppe, sondern vor allem, dass sie im „Rotfuchs“ mit einem „super Team“ arbeiten kann und jede Menge Freude daran hat.Was bis hier irgendwie selbstverständlich oder gar alltäglich klingt, ist für Menschen mit Beeinträchtigungen keineswegs immer so reibungslos. Sie müssen oftmals besonders betreut werden und brauchen auch mal etwas mehr Zeit oder ihre ganz besonderen Zuwendungen. Darauf kann sich die 38-Jährige bei ihren Arbeitskollegen verlassen.

Nach zweiwöchiger Probezeit ist sie seit Januar 2019 im „Rotfuchs“ für sechs Stunden am Tag angestellt. „Große Unterstützung leistete im Vorfeld der soziale Dienst des Landkreises“, sagt Conrady. Denn die junge Frau ist nicht ganz so belastbar wie die anderen Mitarbeiter, hat manches Mal mit Platzangst zu kämpfen und benötigt zuweilen auch mal eine kurze Auszeit. „Aber darauf sind wir eingestellt und reagieren entsprechend.“

Dass sie aber gut in die Einrichtung passt und Spaß an der Arbeit in einem kleinen Unternehmen habe, sei schon nach wenigen Tagen klar gewesen. „Und Kochen und Backen sind sowieso meine großen Leidenschaften“, wirft Böber ein. Also habe schon nach kurzer Zeit festgestanden, den künftigen Weg gemeinsam zu gehen. Nach einem guten Jahr stehe fest, dass er sich gelohnt habe. „Wir können uns auf Madeleine verlassen. Vieles macht sie schon im Arbeitsalltag selbstständig. Das ist einfach toll.“

Ob die Mahlzeiten mit zubereiten oder das Essen ausfahren – die Burgerin packt mit an, wo es geht, ist auch mal dann zur Stelle, wenn Not am Mann ist und will ja „keine Sonderbehandlung, sondern voll und ganz dazugehören“. Besonders stolz ist sie, dass sie seit Anfang des Jahres ihren Führerschein in der Tasche hat. „Da habe ich mich echt gefreut, dass das geklappt hat“, sagt sie. Ihre Stelle wird zunächst für zwei Jahre gefördert. Ziel ist die Integration in den Arbeitsmarkt, so Conrady. Für ihn ist das eine lohnende Perspektive. „Man erlebt gute Erfahrungen und Rückschritte. Das gehört einfach dazu.“

Vor allem aber die Beschäftigung in der Stadt mit Kunden habe auch Madeleine als Persönlichkeit weiter gestärkt. „Darauf sollten noch mehr Firmen setzen“, rät er. Genau das ist es, was die Jury unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bei der Titel-Verleihung für „Pro Engagement“ hervorhob. Menschen mit Behinderungen könnten durchaus als Fachkräfte einen wichtigen Beitrag im Arbeitsprozess leisten. „Ihre Beschäftigung kann Teil der Normalität in einer modernen Personalarbeit sein.“ Der Preis soll deshalb auch andere Unternehmen ermutigen, sich für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen einzusetzen.“

Madeleine Böber jedenfalls hat im „Rotfuchs“ ihre Bestätigung gefunden. „Die Arbeit hier ist ein Glücksfall.“ Sie wird noch einige Essen ausliefern und hat dann Feierabend. Der Plan für Nachmittag steht auch schon: Einen ausgiebigen Erholungsspaziergang mit ihrem Freund durch die Burger Parkanlagen … Und sie freut sich schon auf den nächsten Arbeitstag.