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Verkehr Fahrradfreundlichkeit beginnt im Kleinen

Mit einer funktionierenden Fahrradinfrastruktur will die Kreiverwaltung in Burg punkten bei Touristen und Einheimischen.

Von Thomas Pusch 24.02.2021, 00:01

Burg l Nicht erst seit der Pandemie erlebt das Fahrrad einen Boom. Vor knapp drei Jahren regte die Landesregierung an, auch in Sachsen-Anhalt eine Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen zu gründen. Am 11. November 2019 wurde die AGFKLSA, so die an Buchstabensalat erinnernde Abkürzung der Vereinigung, ins Leben gerufen. 36 Kommunen gehörten zu den Gründungsmitgliedern, mittlerweile sind es 52, elf weitere Anträge liegen der Arbeitsgemeinschaft vor. Und nun will auch der Landkreis Jerichower Land Teil der Fahrradfreunde werden. Im Ausschuss für Bau, Wirtschaft und Verkehr wurde das Thema diskutiert.

„Der Radverkehr hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor im gesamten Bundesgebiet entwickelt. Auch im Osten Sachsen-Anhalts gehört er inzwischen zu einer der wichtigsten Säulen im Aktivtourismus“, heißt es in der Beschlussvorlage der Verwaltung. Zusammen mit dem ÖPNV und dem Fußverkehr trage er durch die Einsparung klimaschädlicher Emissionen und die Vermeidung von Lärm, Feinstaub und anderen Schadstoffen zur Entlastung von Mensch und Umwelt bei.

„Wir haben festgestellt, dass eine Mitgliedschaft gut für den Landkreis und seine Kommunen ist“, sagte Stefan Dreßler, Vorstand Bau und Umwelt in der Kreisverwaltung, während der Ausschusssitzung. Durch den Beitritt und die damit verbundene Beteiligung an der Radverkehrsförderung könne der Landkreis Jerichower Land die vom Radverkehr ausgehenden positiven Effekte nutzen, die Wahrnehmung und Akzeptanz des Fahrrads als Verkehrsmittel in der Region stärken und nicht zuletzt zur Bewältigung aktueller und zukünftiger verkehrspolitischer und gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Der Landkreis werde in die Lage versetzt, die landespolitische Bedeutung des Radtourismus in Sachsen-Anhalt, insbesondere im Kreisgebiet und in dessen Umgebung, nachhaltig mitzubestimmen.

Die Schaffung weicher Standortfaktoren, beispielsweise die Entwicklung einer fahrradfreundlichen, leistungsfähigen Infrastruktur für Ausflugs- und Alltagspendler könne die Entwicklung von Wirtschaft und Tourismus im Jerichower Land potenziell begünstigen und lasse einen regionalen Reputationszuwachs erwarten.

„Das Land unterstützt die Arbeitsgemeinschaft jährlich mit 150.000 Euro, der Jahresbeitrag für den Landkreis würde 700 Euro betragen“, nannte Dreßler konkrete Summen. Und der Beitrag könnte sich im wahrsten Sinne für den Landkreis auszahlen. Die Mitgliedschaft und Netzwerkarbeit kann bei der Umsetzung anderer Projekte, beispielsweise der Einführung der Knotenpunktbezogenen Wegweisung, deren Konzept derzeit erarbeitet wird, fungieren. „Der ständige Austausch mit Experten und anderen Gesprächspartnern, außerdem ein direkter Draht zur Landesregierung, das sind die Vorteile“, zählte Dreßler auf. Mögliche Zertifizierungen als „Fahrradfreundliche Kommune“ können außerdem das Engagement und die Erfolge der Radverkehrspolitik öffentlichkeitswirksam präsentieren.

„Ich begrüße das ausdrücklich“, sagte Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos). Die Mitgliedschaft des Landkreises sei auch der Wunsch der Gemeinden gewesen. Auf die Frage, was denn eine Kommune nun fahrradfreundlich macht, fallen dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft gleich mehrere Antworten ein. „Das kann der neue Radweg sein, die Ladestation fürs E-Bike, der sichere Schulweg auf zwei Rädern, die Beschilderung, die auch Ortsfremden bei der Orientierung hilft, der überdachte Abstellplatz oder auch die Umkleidemöglichkeit für Arbeitnehmer, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen“, zählte Matthias Marx im Gespräch mit der Volksstimme auf. Und eigentlich, fügte er hinzu, fange die Fahrradfreundlichkeit beim Fahrradständer an. Die herkömmlichen würden mittlerweile Fahrradkiller genannt. „Größtenteils haben die Fahrräder heutzutage Scheibenbremsen und die werden durch diese Ständer beschädigt“, erklärte er.

Fahrradfreundlich, das bedeutet für ihn auch, dass die Fahrräder sich außerhalb der Ortschaften die Straße nicht mit den Autos teilen müssen. „Früher sind wir mit Tempo 80 überholt worden, heute sind es bis zu 140, und wir Radfahrer sind bei unseren 30 Stundenkilometern geblieben, das ist gefährlich“, erklärte er.

Nur Phillipp-Anders Rau (AfD/FW Endert) hatte Bedenken, stimmte gegen die Vorlage. Die übrigen Ausschussmitglieder sprachen sich für die Mitgliedschaft aus. Die Entscheidung trifft der Kreistag in seiner Sitzung am 24. März 2021.