Ganztagssekundarschule Jugendliche machen in Gommern Elternführerschein und lernen etwas über Beziehungen
Einen Elternführerschein absolvierten die Neuntklässler in der vergangenen Woche an der Ganztagssekundarschule „Fritz Heicke“.

Gommern - Mit einer ungewöhnlichen Hausaufgabe waren die Neuntklässler der Sekundarschule „Fritz Heicke“ am Dienstag nach Hause geschickt worden. Sie sollten etwas tun, was sie schon lange vor sich hergeschoben haben. Ganz egal, worum es sich dabei handelt.
Die Ergebnisse waren entsprechend bunt gemischt. Da wurde endlich mal die Weihnachtsdekoration weggeräumt, ein Schrank aufgeräumt, der Geschirrspüler ausgeräumt – und jemanden Danke gesagt.
Jemand anderem und sich selbst etwas Gutes tun, sahen die Schüler als Grund für die Hausaufgabe. Das Gefühl, sich selbst überwunden zu haben, kam in der Auflistung noch dazu. Dass ein aufgeräumtes Zimmer eine Voraussetzung für strukturiertes Denken sei, setzte Referent Andreas Heilemann der Liste an Gründen außerdem hinzu. „Die meisten Menschen neigen dazu, Sachen aufzuschieben.“ Im Handumdrehen sprach er mit den Jugendlichen darüber, wie wichtig es ist, Entscheidungen zu treffen, wann es dabei auf den Kopf und wann auf den Bauch ankomme. Und wieso das so ist.
Mittagspause musste ausfallen
Vor einer schwierigen Entscheidung gestellt sahen sich die Schüler, als Andreas Heilemann ankündigte, die Mittagspause durcharbeiten zu wollen. Er verwies auf die verkürzten Stunden zu Wochenbeginn. „Ich mache das nicht, weil ich euch die Pause nicht gönne, sondern weil ihr mir wichtig seid.“ Dazu gehöre eben, den gesamten Stoff zu schaffen.
Mit dem Pausenklingeln blieb die Hälfte der Klasse im Raum, die anderen Schüler kamen nach wenigen Minuten oder der gesamten Pausenlänge zurück. Der Fußball wurde wieder in den Schrank gelegt.
Die Übungen und Gesprächen waren Bestandteil des Elternführerscheins, den die Neuntklässler in der vergangenen Woche an der Sekundarschule ablegten. Das Besondere an dem Kurs: Dieser war extra durch das Kinder- und Jugend Sicherheitsteam Sachsen-Anhalt für die Gommeraner Schule entwickelt worden. „Während der Corona-Zeit, als wir nicht in die Schulen gehen konnten“, erklärte Regionalleiter Andreas Heilemann.
Kennenlernen über soziale Medien
Paarbeziehungen unter Jugendlichen haben sich völlig verändert, erklärte Schulsozialarbeiterin Nicole Voigt. Das erlebt sie im täglichen Kontakt mit den Schülern, aber auch in Gesprächen mit den Lehrern der Sekundarschule. Deshalb sei gemeinsam mit Schulleiterin Annett Koczak die Idee zum Elternführerschein entstanden.
Oftmals lernen sich die Jugendlichen nicht mehr persönlich kennen, sondern über soziale Medien wie WhatsApp oder Instagram. Einige Schüler lebten in Trennungsfamilien, nicht alle bekommen zuhause glückliche Beziehungen mit. Da will der Elternführerschein den Jugendlichen eine Hilfestellung geben.
Wie lassen sich in einer Beziehung Krisen bewältigen? Was bedeutet es, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen? Und warum fängt das schon damit an, welchen Namen das Kind bekommt? Diese Fragen und viele mehr beschäftigten die Neuntklässler während des Kurses.
Kinder oder keine, Hartz IV oder Arbeit?
In Gruppen setzten sie sich mit der Frage auseinander, welche Vor- und Nachteile es habe, Kinder zu bekommen. Oder wie es mit den Vor- und Nachteilen bei Hartz IV oder Arbeiten gehen aussieht.
Die Jugendlichen sprachen dabei über ihre Vorstellungen von Job und Familie. Andreas Heilemann komme bei den Schülern als Referent gut an, weil er viel aus seiner eigenen Erfahrung unter anderem als Vater erzähle, sagte Nicole Voigt.
Von den freien Stühlen während der Mittagspause zog Andreas Heilemann drei zusammen, baute sich seine eigene Parkbank. Die Schüler konnten sich nacheinander einen Platz aussuchen. Die meisten wählten links außen. Warum scheuten vor allem die Mädchen in der Klasse den Mittelsitz, während sich Andreas Heilemann in großer Bequemlichkeit über alle Stühle ausbreitete?
Als großer und muskulöser Mann brauche er keine Sorge haben, angesprochen zu werden, Platz zu machen, damit sich noch jemand hinsetzen könne, argumentierten die Jugendlichen. Während die jungen Frauen auf ihre Handtaschen verwiesen, die sie auf den mittleren Platz der Sitzbank stellen würden.
Weiter ging es in das vorgestellte Kino oder in den Schulbus. Wann ist dort Nähe möglich und weshalb? „Kommt auf den Typ an“, stellten die Schüler fest.