Bergung Kahn geborgen aus Elbe-Havel-Kanal
Am Donnerstag hoben Spezialkräfte kurz vor der Niegripper Schleuse mit der alten "Erna" ein 80 Tonnen schweres Wrack.
Niegripp l Es ist 8.54 Uhr am diesig-dunklen Donnerstagmorgen, da straffen sich die Ketten an den beiden Schwerlastkranen. Das dunkle Wasser beginnt zu blubbern. Dort schwimmen riesige gelbe Ballons, sie stabilisieren das Schiffswrack, das nah an der Spundwand kurz vor der Niegripper Schleuse im Elbe-Havel-Kanal liegt. „Es geht los.“ Ulf Möbius, Leiter des Außenbezirkes Niegripp der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Magdeburg, ist gespannt, wie auch Karlheinz Vitt, der Chef der Spezialbergungsfirma Nautik aus Sasbach bei Freiburg im Breisgau.
Unter Wasser liegt ein 1911 gebauter Finow-Maßkahn. „Das war das erste Typenschiff überhaupt“, schwärmt Möbius. „Berlin ist mit diesem Kahn-Typ aufgebaut, mit Obst und Gemüse versorgt und von Müll entsorgt worden.“ Das war in der Gründerzeit, also im späteren 19. Jahrhundert.
In der Nacht zum 9. Januar 2014 sank das 40 Meter lange und 80 Tonnen schwere Schiff. Sein Besitzer, ein Berliner hatte es aus dem Westen der Republik in die Hauptstadt bringen wollen. „Er wollte das Werkstattschiff zum Hausboot umbauen“, erinnert sich Möbius.
Am Ende ging dem Berliner wohl finanziell die Luft aus. Das Schiff blieb am Liegeplatz gegenüber der Niegripper Schleuse liegen. Dann sank es.
Jetzt fast drei Jahre später wird es mit Bundesmitteln gehoben. „Es störte nicht den Verkehr im Kanal, aber es behinderte im Bereich der Liegeplätze“, erläutert Möbius.
Seit dem 5. Dezember waren Fachleute aus dem Breisgau im Einsatz, um die Bergung des Wracks vorzubereiten. Taucher mussten dazu im stockdunklen und zwei Grad kalten Wasser im Wrack arbeiten. Am 11. Dezember war die „Erna“ schwimmfähig. Zwei Schubschiffe zogen das Wrack, das an 23 Auftriebballons im Wasser hing, zur Spundwand auf die südlichen Kanalseite. Am Mittwoch schweißten die Taucher das Schiff unter Wasser in der Mitte auseinander. Das wird die Bergung erleichtern.
Donnerstagfrüh ist alles bereit. Die Schwerlastkrane der Burger Firma Engel-Krane nehmen zunächst das Heck von „Erna“ an die Haken. Für Kranführer Torsten Rösler ist es die erste Schiffsbergung. Aber 25 Jahre Berufserfahrung als Kranführer - da wird „Erna“ schon gewuppt werden. Auch für seinen Kollegen Heimo Kagemann im zweiten Kran ist es „eine schöne Abwechslung“.
Als das Heck fast aus dem Wasser gehievt ist, signalisiert Rösler plötzlich Stopp. Der Lasthaken könnte vielleicht doch zu schwach sein. Die halbe „Erna“ hat noch zu viel Wasser im Bauch. Sicherheit geht vor. Das Wrack wird wieder ins Wasser gelassen. Schnell ist der Lasthaken gegen einen stärkeren ausgetauscht. Jeder Handgriff sitzt.
Nur wenig später schwebt das 40 Tonnen schwere Heck in der Luft. Mit viel Fingerspitzengefühl - bewegt von den beiden Burger Kranspezialisten. Als das Wrack weit genug aus dem Wasser gehoben ist, signalisiert Ulf Möbius der Mannschaft einer 250-Tonnen-Deckschubprahme, sich unter das Schiffsteil zu schieben. Millimetergenau passiert das.
Wenig später setzt das Erna-Heck dort auf. Das war‘s. Im Schiffsbauch finden die Männer noch einen Wels. Der ein Meter lange „Hoschi“ wird zurück ins Kanalwasser gesetzt.
Dann ist das Bug-Teil von „Erna“ fällig. Das gleiche Spiel noch einmal. Als es um 13.30 Uhr ebenfalls geborgen ist und sicher steht, da ist der Himmel blau geworden. Die Sonne strahlt. Ulf Möbius auch: „Die Männer haben einen klasse Job gemacht.“ Auch Karlheinz Vitt ist zufrieden.
Und was wird nun aus der zweigeteilten „Erna“? Sie wird verschrottet, sagt Ulf Möbius. Der Verkauf soll wenigstens einen kleinen Teil der vom Bund getragenen Bergekosten wieder einspielen.