Kirche Gemeindeleben bleibt, der Ort wechselt
Die katholische Kirche St. Marien in Loburg wird am Sonnabend, 29. Dezember, im Rahmen eines Gottesdienstes profaniert und entwidmet.
Loburg l „Sieh vor allem zu, dass bald in Loburg eine geordnete Seelsorge gesichert ist, wenigstens für die Sommermonate. Es kommen für diese Zeit 800 bis 1000 Katholiken in Betracht“. Diese Worte schrieb im Jahre 1905 der Gommeraner Pfarrvikar Dunkelberg an seinen Pfarrer in Burg.
Der überlieferte Text dieses Briefes zeugt von der damaligen Aufbruchstimmung aus katholischer Sicht. In den Chroniken, in denen der heute für Loburg zuständige Pfarrer Jörg Bahrke und Gemeindereferentin Kathrin Feineis blättern, ist festgehalten, wie sich die Gemeinde in Loburg innerhalb von einem Jahrhundert entwickelte.
Pfarrvikar Dunkelberg sollte damals Recht behalten. Schon ein Jahr später kann der für Loburg ernannte Neupriester Friedrich Jakobs für den Loburger Bereich (mit Loburg, Möckern, Ziesar, 67 Dörfern und dem Truppenübungsplatz) eine Gemeinde, bestehend aus 700 Saisonarbeitern und zwölf Familien betreuen. 15 Kinder werden unterrichtet.
Im August 1909 wird daher mit dem Bau einer Kirche am Loburger Ortsausgang Richtung Schweinitz begonnen. Schon am 12. Dezember wird die fertiggestellte St.-Marienkirche vom damaligen Vikar Eberhard Göbel gesegnet.
Doch nur 109 Jahre später – wieder im Dezember – kommt für das Gotteshaus, das von der Straßenseite irgendwie gar nicht wie eine „richtige“ Kirche aussieht, das „Aus“. Denn anders als vor über hundert Jahren ist die Gemeinde deutlich geschrumpft. Die Gottesdienstbesucher, die zuletzt jede Woche in die St.-Marien-Kirche kommen, kann man oft an zwei Händen abzählen.
Dass man sich von dem Gotteshaus trennen möchte, begründet der katholische Pfarrer Jörg Bahrke auch mit Kostengründen. Gemessen an der geringen Gemeindegröße in Loburg seien die notwendigen, hohen Investitionen am Gebäude nicht zu rechtfertigen. Hinzu kommt die Pflege des gut 2510 Quadratmeter großen Grundstücks.
Irgendwann in den 90er-Jahren beginnt die Loburger Gemeinde ihre Eigenständigkeit zu verlieren. 1994 wird der letzte ortsansässige Priester versetzt und die Kirche vom Pfarrer aus Ziesar mit betreut. Nach dessen Tod werden ab 1998 die priesterlichen Aufgaben in Loburg vom Pfarrer aus Burg wahrgenommen. 2006 wird der Gemeindeverbund Burg-Gommern-Loburg errichtet – als Vorstufe zu einer gemeinsamen Pfarrei. 2010 entsteht aus dem Gemeindeverbund die heutige Pfarrei „St. Johannes der Täufer“, zu der neben den Kirchen St. Johannes der Täufer (Burg) und Herz Jesu (Gommern) auch die Loburger St.-Marien-Kirche gehört. 1500 Mitglieder zählt die Pfarrei. Zahlen speziell für Loburg kann Jörg Bahrke nicht nennen.
Schon 2009 wird in der Pfarrei laut über einen möglichen Verkauf nachgedacht. Doch erst mit der Aufstellung eines Immobilienkonzeptes im Jahr 2014, das jede katholische Pfarrei erstellen muss, werden Ist-Stand und Prognose aus finanzieller, aber auch pastoraler Sicht gegenübergestellt. Denn auch die Zahl der katholischen Priester im aktiven Dienst verringert sich rasant.
Im Jahr 2015 steht fest, die Loburger St.-Marien-Kirche soll als Gotteshaus aufgegeben und verkauft werden. Eine erste Versteigerung in Berlin findet keinen Käufer, obwohl es laut Pfarrer Bahrke mehrere Interessenten gegeben haben soll.
Erst im zweiten Anlauf findet sich ein Investor. Es ist der Unternehmer Robert Dahl, der bereits das Loburger Barby-Rittergut als gastronomische Einrichtung wiederbelebt hat und auf etlichen Hektar vor den Toren Loburgs die größte Walnussplantage Deutschlands errichten will.
„Wir sind dankbar, dass ein Käufer in einen Ort investiert, in den andere nicht mehr investieren“, sagt Pfarrer Bahrke. Was der Macher diverser „Karls-Erdbeer- und Erlebnisdörfer“ aus dem entwidmeten, aber denkmalgeschützten Gotteshaus in Loburg machen will, wissen Pfarrer Bahrke und Gemeindereferentin Feineis nicht. „Aber alle haben die Hoffnung, dass das Gebäude als ‚Kirche‘ erhalten bleibt“, weiß Kathrin Feineis aus Gesprächen mit Gemeindemitgliedern.
Beide wissen auch, dass angesichts des Kirchenverkaufs gemischte Gefühle in der Gemeinde herrschen. „Das ist ein schmerzlicher Prozess“, sagt Jörg Bahrke. „Man darf die emotionale Bindung an diesen Raum nicht unterschätzen.“ Und Pfarrer Bahrke weiß auch, dass die Trauer vieler Gemeindemitglieder eine Adresse hat. Aber er hat die Kirche ja nicht alleine verkauft. Der Pfarrer ist nur einer von sieben Stimmberechtigten im Gemeindevorstand. Der Beschluss zum Verkauf von St. Marien erfolgte einstimmig.
Nur der Ort werde wechseln. Das Gemeindeleben bleibt, wenn es die Gemeinde möchte, betonen Bahrke und Feineis.
Auch künftig sollen die katholischen Gottesdienste immer sonnabends um 18 Uhr abgehalten werden, nur eben in der evangelischen Laurentiusgemeinde. „Pfarrer Struz war sehr entgegenkommend“, so Bahrke. Der schon jetzt guten Ökumene kann die neue Nähe nur zuträglich sein.