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Anzahl der Plätze muss von 100 auf 45 begrenzt werden / Wirtschaftlichkeit nicht gegeben Nach der gerichtlichen Verfügung: Jugendherberge wird geschlossen

Von Marco Papritz 15.09.2011, 06:30

Die Jugendherberge in Gommern wird zum 31. Oktober geschlossen. Der Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) zog damit die Konsequenz aus einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Anwohner hatten andauernde Ruhestörungen beklagt und waren vor Gericht gezogen. Dort bekamen sie Recht. Die Herberge sollte die Platzkapazitäten von 100 auf 45 begrenzen. Der DHJ zog jetzt die Reißleine: Die Wirtschaftlichkeit geht verloren. Glücklich über ihren Erfolg sind die Anwohner aber nicht: Sie wollten nur die Ruhe wiederherstellen, aber nicht das Aus für die Herberge.

Gommern. Vorausgegangen waren drei Jahre währenden gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen direkten Anwohnern und dem Betreiber der Gommeraner Herberge, dem Landesverband Sachsen-Anhalt des Deutschen Jugendherbergswerkes, über Ruhestörungen im Bereich der Manheimer Straße. Drei parallel laufende Klagen habe es gegeben, sagt Hans-Walter Düsel, Geschäftsführer des DJH Sachsen-Anhalt.

Bereits im Februar hat das Landgericht eine bauaufsichtliche Verfügung erlassen, die eine Reduzierung der angebotenen Plätze vorsieht. Das Landesgericht bestätigte diese Verfügung am 5. Juli nachdem der DJH Einspruch eingelegt hatte und ordnete den sofortigen Vollzug an. Demnach muss die Anzahl der nutzbaren Plätze in der Jugendherberge von derzeit 100 auf maximal 45 begrenzt werden.

Diese Festlegung hat Konsequenzen für den Betrieb des Hauses. "Das heißt, dass wir nicht mehr in der Lage sind die Wirtschaftlichkeit des Hauses nicht einmal theoretisch zu garantieren", erklärt Düsel. Die im Jugendherbergsverband geltende Untergrenze von 100 Personen, die beherbergt werden müssen um wirtschaftlich arbeiten zu können, würde nach der gerichtlichen Verfügung deutlich unterschritten. Daher fassten die Verantwortlichen nun den Entschluss, die Jugendherberge in Gommern am 31. Oktober für Gäste zu schließen und einen Monat später an die Kommune zu übergeben, so Düsel. "Schweren Herzens und nach langer interner Diskussion", wie er erklärt.

Selbst wenn der DJH an der Jugendherberge festhalten und sie mit den geringeren Kapazitäten nutzen würde, hieße dies aus Sicht des Geschäftsführers nicht, dass sich damit die Klagen erledigt hätten. "Das Thema Ruhestörung ist aus meiner Sicht ein sehr subjektives Thema", sagt Hans-Walter Düsel.

Für ihn sei die Herberge vor den Toren der Landeshauptstadt Magdeburg ideal als Herberge geeignet. Viele Grundschulklassen hätten in der Vergangenheit das Haus genutzt. "Diesen Kindern kann ich es einfach nicht verwehren, dass sie zu bestimmten Zeiten spielen oder sich auf dem Hof bewegen", sagt Düsel. Vom Landkreis Jerichower Land habe es die Aufforderung gegeben, bestimmte Außenanlagen zu festgelegten Zeiten nicht mehr zu nutzen. Eine Betreuung mit "erhobenen Zeigefinger bei Schulklassen bekommen wir nicht umgesetzt", beschreibt der Geschäftsführer den Versuch, den Lärmpegel, der gerade bei jungen Gästen die sich etwa auf einer Klassenfahrt befinden, einzudämmen.

Seit 1994 betreibt der Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerks das Haus in Gommern, das einst ein Pflegeheim war. Durchschnittlich werden hier pro Jahr mindestens 5000 Gäste bei etwa 12 000 Übernachtungen beherbergt. "Für Vereine in Gommern ist das schon schwierig, wenn diese Übernachtungsmöglichkeiten wegfallen", so Düsel.

Dies sieht Bürgermeister Wolfgang Rauls ähnlich, der die Entscheidung des DJH über die Schließung mit Bedauern aufgenommen hat. "Das ist für die Stadt unter dem Tourismusaspekt ein großer Verlust." Auch im Hinblick auf den Sachsen-Anhalt-Tag, der in zwei Jahren in Gommern ausgetragen wird und für dessen Mitwirkende die Plätze hätten genutzt werden können.

"Die Anwohner der Jugendherberge haben es für richtig befunden, vor Gericht zu ziehen und haben nun das erreicht, was sie wollten. Im Interesse der Stadt ist das nicht", so Rauls. Eine Unterschriftenaktion im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass die Einwohner Gommerns die Jugendherberge behalten möchten.

Nur darum sei es den Klägern nie gegangen, die Einrichtung zu schließen. Sie habe es einfach nicht mehr ertragen, ständig dem Lärm ausgesetzt zu sein, sagt Kerstin Schulze. "Anfangs wurde bis spät in die Nacht gefeiert. Irgendwann erstreckte sich der Krach über den ganzen Tag", so die Gommeranerin. Versuche mit den Betreibern der Jugendherberge ins Gespräch zu kommen um Lösungen herbeizuführen blieben ohne Wirkung.

"Oft blieb mir nur der Griff zum Telefon, um die Polizei zu rufen. Ich bin sonst nicht so ein Mensch, aber ich habe dann Protokoll darüber geführt, was ich alles unternommen habe", beschreibt sie. Dazu zählte auch das Messen des Lärmpegels. Am 21. Juli 2008 habe sie eine Beschwerde gegenüber der Stadt eingereicht. Unterstützung habe sie dabei von 38 Anwohnern erfahren, die ebenfalls unter den Ruhestörungen litten.

Nachdem auch dieser Vorstoß erfolglos blieb, habe sie zu recherchieren begonnen und dann einen Anwalt eingeschaltet. "Mittlerweile habe ich im Heizungskeller geschlafen. Ich musste etwas unternehmen", erklärt sie. Sie habe herausgefunden, dass es keine Baugenehmigung für die Jugendherberge gab, was nun vom Verwaltungsgericht bestätigt wurde. Die Herberge sei nicht genehmigungsfähig, wie sie momentan betrieben werde.

Kerstin Schulze abschließend: "Es war nie mein Ziel, dass die Jugendherberge geschlossen wird. Ich wollte einfach nur, dass wieder Ruhe einkehrt."