Magdeburger Unternehmen baut neun Anlagen auf einem Areal zwischen Reesen und Grabow Neue Energie: Eine 180 Meter hohe Windmühle macht Strom für 1400 Haushalte
Mit dem Stichwort erneuerbare Energien verändert sich unsere Landschaft seit gut 20 Jahren. Betroffen sind auch viele Areale im Jerichower Land. An vielen Stellen sind Windparks entstanden. Beispiele sind Nielebock, Pietzpuhl, Mangelsdorf und Ziepel. Weitere folgen. So alt wie die Technologie ist der Streit zwischen Kritikern und Befürwortern.
Burg/Reesen/Grabow l Im künftigen Windpark Reesen/Grabow prallen Interessen aufeinander. Entstehen werden hier im Laufe der kommenden Monate neun Windenergieanlagen. "Das wollen wir mit allen Mitteln verhindern", sagt der Grabower Jörg Geißler. Er hat Klage gegen die Projekt-Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt eingereicht. "Wir halten alle gesetzlichen Bestimmungen ein", entgegnet Angelika Kobold. Die Projekt-Managerin der Magdeburger Firma Enercon sagt auch: "In Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachbehörden haben wir ein Maßnahmenpaket für den Naturschutz entwickelt, welches jetzt bereits umgesetzt wird."
Die Erschließungsarbeiten für den Windpark sind abgeschlossen, einige Robinien sind gefällt worden, weil diese Flächen laut Investor für die langen Blattransporte erforderlich sind. Kobold: "Dafür werden Ersatzmaßnahmen in Form von neuen Bepflanzungen durchgeführt." Die Bauarbeiten für die Errichtung der Anlagen laufen seit Mitte Juni mit den Vorbereitungen zum Fundamentbau. Es folgt der Aufbau der Türme, ehe die eigentliche Anlagenmontage beginnt. Wann die Arbeiten abgeschlossen sein werden, kann die Projekt-Managerin nicht definitiv benennen: "Wir rechnen mit der Einweihung im Sommer kommenden Jahres." Sämtliche Teile der Windenergie-Anlagen werden in den Enercon-Werkhallen in Magdeburg-Rothensee hergestellt. Das gilt für Beton-Turmelemente ebenso wie für Nabe, Ringgenerator, Rotorblätter oder die Gondeln mit dem gesamten technischen Know-how. Die Mutterfirma sitzt in Aurich. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen bisher 16 000 Windenergieanlagen in 30 Ländern installiert. Allein in Sachsen-Anhalt seien 4500 Mitarbeiter beschäftigt.
E-82, so werden die getriebelosen Anlagen bezeichnet, die in Grabow und Reesen errichtet werden. Das ist nicht die neueste Entwicklung von Enercon. Aber die "für dieses Windgebiet hier in Sachsen-Anhalt geeignetste Anlage, um den hier vorkommenden Wind in Strom umzuwandeln", erklärt Angelika Kobold. Mit dem Jahres-Strom einer solchen Anlage können etwa 1400 Vier-Personen-Haushalte jährlich versorgt werden. 180 Meter hoch sind solche Anlagen. 82 Meter ist der Durchmesser der drei Rotorblätter, die sich im Uhrzeigersinn drehen. Die Drehzahl variiert zwischen 6 und 18 Umdrehungen pro Minute.
Laut entsprechender Gutachten erzeugt ein solches Windrad für einen Menschen in 1000 Metern Abstand einen Geräuschpegel von 45 Dezibel in der Nacht, sowie 60 Dezibel tagsüber. Angelika Kobold vergleicht diese Werte mit den Pegeln in Wohnzimmern oder Büroräumen.
Dennoch: Knackpunkt zwischen Windenergie-Gegnern und Befürwortern ist der Naturschutz. Diesbezüglich spricht Kläger und Anwohner Jörg Geißler unter anderem von Greifvögeln wie Milan oder Kornweihe, die durch die Windräder in ihrer Existenz gefährdet seien. Angelika Kobold von Enercon zitiert indes aus einem aktuellen Bericht der Vogelschutzwarte, die ihrer Auffassung nach einen positiven Aufwärtstrend erkennen lässt: "Laut dem Landesamt für Umweltschutz haben sich die Bestände der Vogelarten, die früher auf den Roten Listen verzeichnet waren, deutlich erholt. Beispiele sind See- und Fischadler, Wanderfalke, Kranich, Schwarzstorch und Komoran. Das lässt den Schluss zu, dass die Windenergie nicht der Hauptfeind der Greifvögel ist."