Zoo Plötzlich Löwenmama
Der Magdeburger Zoo zieht zwei weiße Löwenkinder von Hand auf. Die aus Lostau stammende Julia Forst ist ihre Ersatzmutter.
Lostau/Magdeburg l Schläfrig heben die beiden kleinen Weißen Löwen den Kopf, als Pflegerin Julia Forst das Gehege betritt. Neugierig blinzeln sie. Ob die Ersatzmama wieder ein Leckerbissen dabei hat? Natürlich hat sie das. Mit satten 350 Gramm Fleisch wird selbst der kleinste Löwe hellwach. Rund um die Uhr werden die Jungtiere von Julia Forst betreut. Diese Mammutaufgabe hat die gebürtige Lostauerin gern auf sich genommen.
Es war eine Sensation, als sich am 26. April im Gehege der Weißen Löwen nicht nur die Löwen Kiara und Madiba befanden, sondern noch zwei kleine, flauschige Knäuel. Keiner der Pfleger bemerkte, dass die Löwin trächtig war. Von allen Seiten gefeiert, überzeugten die kleinen Löwen nicht nur durch Niedlichkeit, sondern vor allem als Zuchterfolg.
Zu Beginn nahm der flauschige Nachwuchs schnell an Gewicht zu und Löwenmutter Kiara kümmert sich fürsorglich um die Kleinen. Eine Woche nach der Geburt verloren die Jungtiere jedoch an Gewicht und Zoochef Kai Perret fällte mit Tierarzt Niels Mensing die Entscheidung, die Geschwister mit der Hand aufzuziehen. „Sie waren unterernährt und unterkühlt. Hätten wir sie nicht aus der Obhut der Mutter genommen, wären sie gestorben“, erzählt Julia Forst. Auch in der freien Natur sei der erste Wurf von Löwen oftmals schwierig. Die Tierpfleger berieten sich. „Und plötzlich war ich Löwenmama“, sagt Julia lachend.
Seit acht Wochen sind die Löwenschwestern nun in Obhut der 26-Jährigen. Rund um die Uhr bedürfen die Jungtiere Pflege. „Ich wohne nahe dem Zoo und konnte die Löwenbabys so mit nach Hause nehmen“, sagt die Lostauerin. Anfangs fütterte sie die flauschigen Tiere alle zwei bis drei Stunden mit Ersatzmilch. „Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal ausgeschlafen habe“, sagt sie. „Die Kleinen halten einen wirklich auf Trab.“
Dass sie einmal Pflegemama zweier Löwen wird, hätte die gebürtige Lostauerin sich nicht träumen lassen. „Seit meiner Kindheit wollte ich Tierpflegerin werden“, sagt sie. Nach dem Abitur, das sie aus ihrer Heimat nach Magdeburg brachte, absolvierte sie mehrere Praktika in verschiedenen Zoos. Im Jahr 2009 begann sie die dreijährige Ausbildung zur Tierpflegerin. Durch Zufall erhielt sie eine Stelle im Magdeburger Zoo und ist seit 2012 für mehrere Tierarten zuständig.
Auf Schritt und Tritt folgen ihr die beiden Großkatzen in ihrer Wohnung. „Ich dachte, dass ich mich irgendwann an ihnen satt sehe. Aber sie sind einfach immer süß“, sagt die Lostauerin lachend.
Derzeit können die Zoobesucher im Internet über die künftigen Namen der flauschigen Löwen entscheiden. Heimlich hat Julia Forst ihnen jedoch schon Namen gegeben. „Große Nase“ und „Kleine Nase“ taufte sie die beiden. „Als sie bei mir einzogen, hatten sie große Pranken, Ohren und Nasen. Ein Löwenkind hatte eine größere Nase, so konnte ich sie auseinanderhalten“, erzählt sie.
Beim Spielen kann es inzwischen auch mal schmerzhaft werden. „Ich habe schon ein paar Kratzer davongetragen. Das kann beim Spielen passieren“, berichtet die Tierpflegerin. Ähnlich wie Menschenkinder haben auch die Großkatzen bestimmte Geräusche, um dem Gegenüber Schmerz zu signalisieren. „Ich ahme diese Geräusche nach, dann lernen sie daraus“, erklärt die Tiermama.
Sobald die Löwenbabys nachts keiner Pflege mehr bedürfen, wird es für Julia Forst Zeit, Abschied zu nehmen. „Ich bin dankbar für diese tolle Erfahrung“, sagt die 26-Jährige. Schließlich habe man nicht jeden Tag Löwenbabys Zuhause. Mit dem Tragekorb samt Löwen in der Hand, sagt sie abschließend: „Sie werden mir sicher fehlen, aber ich freue mich auch, wenn ich wieder Ruhe Zuhause habe. Das geht meinem Hund sicher ähnlich.“