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Unfall bei Möckern macht Pläne kaputt Poststein kurz vor Bergung geschrottet

Macht ein Wildunfall das Vorhaben des Hohenziatzer Heimatvereines zunichte? Steinmetzin will prüfen, ob der kaputte Postmeilenstein noch gerettet werden kann.

Von Stephen Zechendorf 16.02.2024, 15:15
In fast 100 Jahren nur ein einziges Mal zur falschen Zeit am falschen Ort: der Hohenziatzer Postmeilenstein wurde umgefahren.
In fast 100 Jahren nur ein einziges Mal zur falschen Zeit am falschen Ort: der Hohenziatzer Postmeilenstein wurde umgefahren. Stephen Zechendorf

Hohenziatz - Wohl an die hundert Jahre stand der Postmeilenstein von Hohenziatz an der falschen Stelle - in der Nacht zu Donnerstag wurde ihm dies nun zum Verhängnis. Bei einem Wildunfall prallte ein Auto gegen den denkmalgeschützten Meilenstein, mit dem der Heimatverein in Hohenziatz doch in diesem Jahr so viel vorgehabt hatte.

Ein 18-jähriger Mann war Mittwochnacht gegen 23 Uhr mit seinem Opel Astra auf der Kreisstraße 1230 aus Richtung Hohenziatz in Richtung Möckern unterwegs. Im Polizeibericht heißt es dazu: „Beim Kilometer 2,8 sprang ein Reh auf die Fahrbahn. Der Unfallbeteiligte wich mit seinem Fahrzeug nach rechts aus, fuhr über einen Leitpfosten und einem dahinter befindlichen Betonfundament.“ Durch den Aufprall drehte sich das Fahrzeug um 180 Grad und stieß mit der linken Fahrzeugseite nochmals gegen einen Metallpfeiler. Das Fahrzeug schleuderte und kam auf dem Acker zum Stehen. Am Fahrzeug entstand Sachschaden und musste durch ein Abschleppunternehmen geborgen werden.

So sah der Postmeilenstein bis Mittwochabend aus.
So sah der Postmeilenstein bis Mittwochabend aus.
Stephen Zechendorf

Das vermeintliche Betonfundament entpuppte sich schnell als jener Postmeilenstein, dessen Bergung und Sanierung sich der Hohenziatzer Heimatverein für dieses Jahr vorgenommen hatte. Ein Vorhaben, für das es im Ort schon seit Jahrzehnten Fürsprecher gibt.

Rettung vor Baustelle geplant

Auch wegen der anstehenden Sanierung der Kreisstraße in diesem Bereich war geplant, dass der Bauhof der Stadt Möckern den Stein aus dem künftigen Baustellenbereich birgt. Beim zurückliegenden Neujahrsempfang war der Plan vorgestellt und die Finanzierung als realistisch dargestellt worden. Die Vereinschefin Franziska Berlin-Klette hatte eine mögliche Spanne von etwa 9.000 bis 17.000 Euro Gesamtkosten genannt. Sogar eine Restauratorin war gefunden und beauftragt worden. Statt sofort an die Sanierung gehen zu können, ist es nun deren erste Aufgabe, zu prüfen, ob sich eine Sanierung überhaupt noch lohnt.

In mehr als nur seine Einzelteile zerlegt wurde der Meilenstein eingelagert.
In mehr als nur seine Einzelteile zerlegt wurde der Meilenstein eingelagert.
Stephen Zechendorf

Anders als geplant war der Postmeilenstein durch die Wucht des aufprallenden Autos in seine einzelnen Bestandteile zerlegt worden, die Findlinge sind zum Teil geborsten. Gesternvormittag sicherten Mitarbeiter des Bauhofs der Stadt Möckern die Überbleibsel behutsam mit einem Fahrzeugkran und lagerten sie zur weiteren Begutachtung ein.

Zum Thema: Aus einem Postmeilenstein werden plötzlich zwei?

In Hohenziatz wurde der Unfall mit Bestürzung aufgenommen. „Es macht einen traurig“, sagte Ortsbürgermeister Matthias Berlin gegenüber der Volksstimme. Man hoffe, dass eine Restaurierung dennoch möglich bleibt.

Eigentlich zwei Meilensteine

Erst im vergangenen Jahr hatten sich die Hohenziatzer mit dem Verein „Forschungsgruppe Meilensteine“ zusammengesetzt und dabei Interessantes über ihren Postmeilenstein erfahren. Der Stein, der an der Kreisstraße zwischen Möckern und Hohenziatz besteht eigentlich aus zwei unterschiedlichen Meilensteinen - einem Viertelmeilenstein und zwei Teilen eines Ganzmeilensteines. Sie wurden irgendwann mal zusammengefügt und an – postalisch unkorrekter Stelle an der Straße zwischen Hohenziatz und Möckern aufgestellt. Wann dies geschah, ist unklar. Auf einer Fotografie aus dem Jahr 1927 in Walter Knusts Buch über das Jerichower Land sieht der Hohenziatzer Postmeilenstein aber schon so aus, wie bis gestern.

Ab 1872 bedeutungslos

Meilensteine wurden laut Angaben der Forschungsgruppe auf deutschem Territorium im 18. und 19. Jahrhundert in verschiedener Form und Größe aufgestellt. Sie dienten zunächst der Post, welche nach festgesetzten Entfernungen die Beförderungszeiten, Personen- und Extrapostsätze sowie das Paket- und Geldporto regelte. Mit Beginn des Chausseebaus wurden Meilensteine auch zur Markierung der Chausseelängen errichtet. Eine preußische Meile entsprach etwa 7,5 Kilometern. Mit Einführung des metrischen Systems in Deutschland ab 1872 verloren Meilensteine ihre Bedeutung. Mit dem Bau der Chaussee Genthin - Burg - Magdeburg galt dies auch für die Poststraße und den Poststandort Hohenziatz.