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  7. Telekom möchte die letzten öffentlichen Fernsprecher im Stadtgebiet abbauen

Unrentabel, weil heutzutage jeder ein Handy hat / Ortschaftsräte werden um Zustimmung befragt Telekom möchte die letzten öffentlichen Fernsprecher im Stadtgebiet abbauen

Von Stephen Zechendorf 22.02.2013, 02:13

Im Gebiet der Einheitsgemeinde Möckern sollen jetzt auch die letzten öffentlichen Fernsprecher aus dem Stadtbild verschwinden. Das geht aus einer Anfrage der Telekom an die Stadtverwaltung hervor. Die Kommune ist vor dem Rückbau zu befragen.

Möckern/Loburg/Rosian/Krüssau l Es geht um die letzten vier Vertreter ihrer Art im Möckeraner Stadtgebiet, darunter auch um das schicke gelbe Telefonhäuschen am Möckeraner Rathaus. Einer jener Veteranen, die an Zeiten erinnern, als man noch Schlange stehen musste, um Anschluss zu bekommen, in der dreißig Pfennige manchmal wichtiger waren, als ein Zehnmarkschein und man nie sicher sein konnte, ob das Guthaben auf der Telefonkarte reichen würde.

Seit den ersten Jahren des neuen Jahrtausends ist Schluss mit der - mal gelben, mal weiß-magenta-farbenen - Nostalgie am Straßenrand. Die alten "Telefonzellen", die korrekt "Telefonhäuschen" oder ganz fachlich korrekt "TelH" hießen, wurden zurückgebaut und gegen vermeintlich vandalismussichere Stelen ausgetauscht. Natürlich geht es um Geld: den laufenden Unterhaltskosten von etwa 100 Euro pro Monat für das "Häuschen" stehen laut früheren Aussagen der Telekom lediglich 500 Euro Anschaffung und kaum Betriebskosten der freistehenden Stelen gegenüber.

"Dramatischer Nutzungsrückgang"

Im Gebiet der Einheitsgemeinde Möckern existieren derzeit noch vier öffentliche Fernsprecher der Telekom. Es handelt sich neben dem Häuschen am Rathaus Möckern um einen öffentlichen Anschluss an der neuen Turnhalle in Loburg, eine moderne Stele am Feuerwehrhaus Rosian sowie nach Angaben der Telekom eine weitere Stele in Krüssau am Landwarenhaus. Jetzt sollen auch die verschwinden. Ziel des Kommunikationsanbieters ist der Abbau von unrentablen Telefonzellen. Für die vier Fernsprecher in Möckerns Stadtgebiet ist von einem "dramatischen Nutzungsrückgang" die Rede. Konkrete Zahlen wollte die Telekom gestern aber nicht nennen.

Allerdings ist die Telekom an einen sogenannten Versorgungsauftrag gebunden, der eine "Grundversorgung im Bereich öffentliche Telefonie" beinhaltet (siehe Infokasten). Auch aus diesem Grund muss die betroffene Kommune einem beantragten Rückbau des Fernsprechers zustimmen und die Bundesnetzagentur informiert werden. Das geschah in der Vergangenheit auch schon im Stadtgebiet Möckern. Dabei wurden Telefonzellen durch die einfachen Telefonsäulen ersetzt. Nach Rücksprache mit dem Städte- und Gemeindebund erwägt die Telekom nun, in zahlreichen Kommunen einen weiteren Rückbau der verwaisten Fernsprecher zu betreiben.

In Rosian hatte der Ortschaftsrat nichts gegen einen Rückbau der Telekom-Stele im Ort. Einzige Bedingung war, dass die Wand, an der das Gerät hängt, ordentlich verputzt wird. In anderen Ortschaftsratssitzungen dürfte das Thema erst noch behandelt werden. Die Entscheidung sollte jedoch wohl überlegt sein: Die Telekom hat angekündigt, einen einmal abgebauten Fernsprecher nicht wieder zu installieren. Entscheidet sich eine Kommune gegen den Rückbau, dann bleibt der Fernsprecher im Ort und die Kosten dafür trägt weiterhin die Telekom.

Rationale Gründe für den Erhalt solcher Telefone gibt es scheinbar nicht. Oder doch? Am 10. August 2010 meldete die Volksstimme folgende Polizeimeldung aus Krüssau: "Zu helfen wusste sich am Sonntag ein zwölfjähriger Junge, der sich verlaufen hatte und nicht mehr nach Hause fand. Er meldete sich kurz nach 19 Uhr aus der Telefonzelle in Kru¨ssau u¨ber den Notruf bei der Polizei. Die Beamten konnten den Jungen gegen 19.40 Uhr wohlbehalten den Eltern u¨bergeben."