Vierter Teil der Volksstimme-Serie "Geschichten zwischen Elbe und Fläming"/Heute: Kurpark Bad Salzelmen in Schönebeck "Weißes Gold" macht Appetit auf Bad Salzelmen
Warum so weit reisen? Das Schöne liegt so nah: Die Region zwischen Elbe und Fläming ist reich an Sehenswürdigkeiten. Schlösser, Burgen, technische Denkmale und Tierparks laden Groß und Klein zu Besuchen und zum Verweilen ein. Diese Ausflugsziele für die ganze Familie will die Volksstimme in den kommenden Wochen vorstellen. Für unsere Leser gibt es während der Ferienzeit auch etwas zu gewinnen. Im vierten Teil stellen wir Ihnen den Kurpark Bad Salzelmen in Schönebeck vor. Dort dreht sich alles ums Salz, das weiße Gold.
Bad Salzelmen.In Bad Salzelmen kann man so richtig durchatmen. Denn der Schönebecker Stadtteil beherbergt das älteste Solebad Deutschlands. Doch nicht nur Kurgäste kommen hier auf ihre Kosten. Der Kunsthof mit Gradierwerk, Soleturm, Museum und Schausiedehaus bietet Hobby-Historikern Geschichte zum Anfassen. Lindenbad und Kurhaus liefern Architekturbegeisterten ein Paradebeispiel für Bäderbau des Klassizismus. Und im Solequell können Gäste die Seele in Salzwasser baumeln lassen. Wer glaubt, das alles mache nur Erwachsenen Spaß, der irrt.
"Weshalb ist die Luft in Bad Salzelmen so salzig? Wir haben doch hier gar keine Ostsee!" - "Aber ein Gradierwerk!", ruft ein kleiner Wirbelwind mit Basecap. "Genau! Und wenn ihr ganz mutig seid, klettern wir jetzt da rauf!" Wenn im Bad Salzelmener Kunsthof eine Führung mit Kindern gebucht ist, sieht die immer anders aus, als wenn nur "Große" dabei sind. Hier geht es nur am Rande um historische Zusammenhänge. Darum, wie hier schon im Mittelalter Salz gesiedet wurde und wie dieses "weiße Gold" Jahrhunderte lang die Geschicke der Stadt bestimmte. "Wir machen das, was die Kinder spannend finden", erklärt Kunsthof-Mitarbeiterin Annette Klocek. Ein Aufstieg aufs Gradierwerk darf da natürlich nicht fehlen.
Während die Kleinen darüber staunen, dass sie in 20 Metern Höhe mit etwas Glück sogar den Magdeburger Dom sehen, beeindruckt Erwachsene eher das imposante Konstrukt an sich. 1837 Meter war es lang, als es vor mehr als 200 Jahren errichtet wurde. Damals galt es als das längste geradlinige Gradierwerk in Europa. Ein Gang um das Gebilde herum dauerte etwa eine Stunde. Heute misst es noch 320 Meter.
Der Preußenkönig Friedrich II. ließ es zwischen 1756 und 1777 errichten. Es diente zur Anreicherung der Sole. Denn das enge Geflecht aus Schwarzdorn, an dem die nach oben gepumpte Sole herunterfließt, zerteilt diese in so feine Partikel, dass auf dem Weg nach unten Wasser verdunstet. Durch den erhöhten Salzgehalt der Sole sparte man damals Feuerholz beim anschließenden Sieden. Wie dies im Mittelalter funktionierte, kann man sich im Schausiedehaus ansehen und erklären lassen. Hier ist die Saline der kleinsten Produktionsstätte Deutschlands untergebracht.
Seine wirtschaftliche Bedeutung hat das Gradierwerk mittlerweile verloren. Heute dient es noch als Freiluftinhalatorium. Zudem findet man im Inneren die Raum- und Einzelinhalation sowie eine Nassinhalation.
Auch der Soleturm wird Kindern ganz anders schmackhaft gemacht als Erwachsenen. Die Kleinen lüften bei ihrer Führung die drei Geheimnisse des kleinen Hexenhäuschens, das gleich nebenan steht. Denn das hat mehr mit dem 32 Meter hohen Bau zu tun, als man auf den ersten Blick vermutet.
Die "Großen" dürfte eher interessieren, dass der Turm 1776 im Auftrag des Salinepächters Gansauge aus Bruchsteinen erbaut wurde, um aus 85 Metern Tiefe Sole zu Tage zu fördern. Seit 1996 kommt die Sole in Bad Salzelmen aus der sogenannten Erlenquelle. Diese befindet sich mitten im grünen Kurpark, gegenüber der Rehaklinik. Die achtprozentige Sole ist mit den Prädikaten "Anerkanntes Heilmittel" und "Natürliches Heilmittel" ausgezeichnet.
Der Kurpark hat auch jenseits des Kunsthofs allerhand zu bieten. Hier kommen vor allem die Erwachsenen auf ihre Kosten, genauer gesagt die Architekturfans. Denn bei ihnen dürfte nicht nur das Gradierwerk auf Begeisterung stoßen, sondern auch das Kurhaus. Das mehr als 100 Meter lange klassizistische Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts nach römischem Vorbild errichtet, und zwar nach den Plänen des Architekten Quistop. Heute hat es einen modernen Anbau, in dem Büros und Praxen untergebracht sind, und ist Veranstaltungsort, denn dort findet sich das Innovations- und Gründerzentrum "Inno Life".
Früher jedoch war es das Zentrum des Soleheilbades - des ersten in Deutschland. Dessen Gründung verschaffte der Schönebecker Saline eine zweite Blütezeit. Zu verdanken ist sie Dr. Johann Wilhelm Tolberg, dem damaligen Knappschaftsarzt der Saline. Er konnte die Heilwirkung der Sole wissenschaftlich nachweisen. Noch immer wird sie zur Behandlung von Atemwegs- und Hautkrankheiten sowie Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats eingesetzt. Seit 1802 ist das Solebad Anziehungspunkt für Kurgäste und Erholungssuchende. 2005 erhielt der Kurort Schönebeck/Bad Salzelmen seine dauerhafte Anerkennung zum Heilbad.
Kurgäste lassen sich heute an anderer Stelle verwöhnen: im Lindenbad. Das 30 Quadratmeter große Soletherapiebecken findet sich in dem Gesundheitszentrum. Errichtet wurde das Gebäude nach griechischem Vorbild zwischen 1876 und 1878, als Ersatz für das zu klein gewordene Badehaus. Der Name stammt von der mit Linden gesäumten Allee, an der es entstand. Auch dieses Gebäude trägt klassizistische Züge. Vor dem Lindenbad stehen zwei lebensgroße Figuren: Die eine hält eine Schlange in der Hand und verdeutlicht die "Heilkunde", die andere steht mit Krug und Becher für die "Gesundheit".
In den Anfangszeiten des Bades verkehrten mehrmals in der Woche zwischen Magdeburg und Elmen sowie Leipzig und Elmen Postwagen. 30 Personen fanden darin Platz. Später dann, 1839, wurde die Eisenbahnstrecke Magdeburg - Schönebeck eingeweiht und ein Jahr später bis Halle und Leipzig erweitert. Damals kamen zwar viele Menschen, doch sie scheuten die rauchenden und fauchenden Eisenungetüme. Vor allem an Sonntagen im Sommer strömten zahlreiche Besucher aus Magdeburg nach Elmen zu den Kurkonzerten - deren Tradition bis heute erhalten ist. Vom Bahnhof aus gelangten Gäste mit Droschken nach Elmen; die Gefährte hielten vor dem Kurhaus. Denn erst 1875 stoppten alle Personenzüge in Elmen.
1886 eröffnete man in Schönebeck die Pferdebahn. Sie führte vom Gasthof "Landhaus" (Fischbratküche) im Winter bis zum Marktplatz von Groß Salze und im Sommer bis zum Schwanenteich.
Auch wenn Kurhaus und Kutschen die Kleinen nur am Rande interessieren dürften: An einer Attraktion des Kurparks in Bad Salzelmen kommen Erwachsene und Kinder wieder zusammen: Das Solequell lockt mit Massagedüsen und Lichttherapie die entspannungssüchtigen Großen an. Die Kleinen können im Strömungskanal das machen, was sie besonders gut können: Wirbelwind spielen.