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Orgelbauer Guido Bahlke sorgt im Gemeindehaus Möckern und St. Ulrich in Lühe wieder für gute Stimmung Wenn die "Königin der Instrumente" Bauchweh hat

Von Stephen Zechendorf 02.11.2012, 02:12

Was bei Menschen Luftröhre und Zwerchfell, das sind bei der "Königin der Instrumente" Luftschläuche und Windkästen. Und wie das nun mal so mit inneren Organen ist, haben die manchmal einen Durchhänger. Damit die Orgel dann nicht aus dem letzten Loch pfeift, kommt der Orgelbauer ins Spiel.

Möckern l Die Pfeifen der Kleinorgel im Möckeraner Gemeindehaus haben kurzzeitig Ausgang bekommen - jedoch nur unter der Auflage, dass jede zwischen ihren Nachbarn liegen bleibt. Jetzt tummeln sie sich auf dem Fußboden und auf Tischen und pfeifen sich keins. Derweil, vor dem ausgeräumten Orgelkorpus, liegt ein Mann auf dem Bauch - scheinbar unterwürfig. Logisch, die Orgel gilt ja als Königin unter ihresgleichen. Aber auch Königinnen haben manchmal Bauchweh.

Bei der Kleinorgel im Gemeindehaus hat sich der Windkasten von der Windlade gelöst. Auch ist einer der Luftschläuche recht kurz geraten. Das sind nur die ersten Details, die der Orgelbauer Guido Bahlke bei seiner Inspektion feststellt. Das Instrument, vor dem der Geselle einer Orgelbaufirma aus dem altmärkischen Sienau inzwischen wieder steht, hat wenig von der Imposanz, die Kirchenorgeln oft zu eigen ist. Die Holzkonstruktion aus den 70er-Jahren ist allerdings auch "nur" die Winterkirchenvariante der Möckeraner St. Laurentiusgemeinde. Doch auch die drei Register können Eindruck machen: 156 Pfeifen aus Holz und Metall verbergen sich in der Kleinorgel, die Guido Bahlke in ihre Einzelteile zerlegt hat.

Der 50-Jährige ist einer von derzeit etwa 2000 im Bereich Orgelbau Beschäftigten in Deutschland. Wohl etwa 150 Orgelbaubetriebe existieren noch in Deutschland, die meisten in den alten Bundesländern. Über 100 Betriebe sind im Bund Deutscher Orgelbaumeister organisiert.

Aufträge für neue Orgeln sind derzeit nicht das Hauptgeschäft der Branche. Vielmehr geht es darum, bestehende Orgeln zu restaurieren oder instandzusetzen. Inzwischen wurde sogar der Berufsbegriff des "Restaurators im Orgelbauerhandwerk" geschaffen.

Nicht selten wird dabei der Orgelbauer zum Forscher: "Wir müssen bei einer stark in Mitleidenschaft gezogenen Orgel etwa schauen, ob es weitere Orgeln des Baumeisters gibt, die als Vergleich herangezogen werden können", erklärt Bahlke, während er das Spiel der Tastatur justiert. Guido Bahlke hat Tischler gelernt, spielt Orgel und Klavier eher "nur für den Hausgebrauch" und scheint immer gut gelaunt zu sein.

Und eine gute Stimmung ist in dem Job natürlich ebenfalls sehr wichtig, gilt es doch, den schwarzen und weißen Tasten in allen Registern (und bei großen Orgeln auch den Pedalen) wieder die richtigen Flötentöne beizubringen. Auch das perfekte Verhältnis der Lautstärke der einzelnen Töne zueinander kann und muss der Orgelbauer einstellen. Das Stimmen nimmt allerdings sehr viel Zeit in Anspruch und erfordert Ruhe. Mit einem Hämmerchen werden bei den hölzernen Pfeifen die Luftkammern in ihrem Volumen verändert, bei den metallenen Pfeifen muss auch schon mal mit der Zange nachgeholfen werden.

Wenn dann wieder all die großen und kleinen Pfeifen an ihrer Stelle sitzen, ist meistens erst nach einigen Jahren wieder ein erneutes Stimmen nötig. Vorausgesetzt, dass die Kirche in einem Zustand erhalten wird, der der Orgel nicht schadet. "Meistens reicht bei den Kirchengemeinden das Geld aber gerade mal, um die Kirchen zu sanieren. Dass es oft auch die Orgeln nötig hätten, ist zwar bekannt, aber es fehlen leider die finanziellen Mittel," bedauert Guido Bahlke.