Kriminalität Wie Abzocker „kein“ Motorrad verkaufen
In der Fahrzeugbranche agieren Abzocker häufig aus dem Ausland. Hier ein Fall aus Genthin.
Burg/Genthin l Jürgen Schulze aus Genthin kennt sich mit großen Transportern ebenso gut aus wie mit kleineren Limousinen. Doch jetzt im Frühling war Schulze auf der Suche nach einem Motorrad, eine Harley soll es sein: „Im Internet fand ich bei AutoScout24 eine passende Anzeige in Berlin.“ Damit begann für den Genthiner eine Odyssee aus Tricks, Lügen und scheinbar verlockenden Angeboten.
Schulze erzählt: „Stutzig machte mich, dass als Privatanbieter keine vollständige Adresse beziehungsweise Telefonnummer angegeben war. Trotzdem antwortete ich am 12. März und bekundete mein Interesse per Mail.“
Am Tag danach erhält Schulze eine Antwort aus der Schweiz von einem gewissen Sergio Albron. Der versichert, dass das Fahrzeug in einem Top-Zustand sei und er den Transport der Maschine an meine Adresse bezahlen würde: „Auf meine Bitte, das Fahrzeug zu besichtigen, erklärte Herr Albron, dass er seine Arbeit in Deutschland beendet hätte und sich das Fahrzeug bei ihm in der Schweiz befinde. Er habe Verbindungen zu einer Spedition, die den Transport an meine Anschrift übernehmen würde. Bei Gefallen sollte es dann zum Verkauf kommen.“
Das Geschäft nimmt seinen Lauf. Herr Albron schreibt, dass er am Folgetag bereits den Transport organisieren könne. Er versichert, dass die Spedition ein 48-stündiges Rückgaberecht einräume und Schulze den gesamten Zahlungsverkehr mit ihr abwickeln könne. An diese Mail war ein Schweizer Ausweis auf den Namen Sergio Albron angefügt. Zur Vorbereitung des Kaufvertrages bittet er um eine Ausweiskopie des vermeintlichen Käufers.
Am 15. März meldet sich eine Spedition namens „LKD Trans“ mit vorbereitetem Kaufvertrag und Versandrechnung, es wird um Vorkasse gebeten auf das Konto eines gewissen Adrian Darcovsk. Als Nachweis für die Überweisung soll Schulze den Einzahlungsbeleg einsenden, dann würde der Transport beginnen: „Darauf antwortete ich, dass ich erst bezahlen würde, wenn die Maschine in Genthin sei.“ Außerdem verlangte Schulze eine Kopie des Fahrzeugbriefes.
Darauf meldete sich Herr Albron per Mail und erklärt, wie kompliziert der Transport nach Deutschland sei. Er bietet an, die Hälfte des Kaufpreises in Vorkasse zu nehmen, die restliche Summe könne nach Erhalt der Maschine nachgezahlt werden. Angefügt war die geforderte Kopie eines Kfz-Briefes.
Jürgen Schulze erzählt: „Auf ein tags darauf einsetzendes Drängen des Verkäufers bot ich an, in Kürze ein paar Tage Urlaub in der Schweiz zu machen und dabei den Kauf nach Besichtigung abzuwickeln. Daraufhin erklärte Herr Albron am 18. März, dass er den Transport wegen meines Misstrauens schon storniert hätte und im Gespräch bereits mit einem anderen Interessenten sei. Über das Ergebnis wollte er mich informieren.“
Der Deal war augenscheinlich geplatzt: Jürgen Schulze fragte am 21. März an, wo er Herrn Albron am Folgetag antreffen könnte. Am gleichen Abend kam die Antwort, dass das Fahrzeug inzwischen verkauft sei.
Anschließend recherchierte Schulze im Internet. Ergebnis: Es gibt keine Spedition „LKD Trans“ in der Schweiz. Die professionell angelegte Webseite der angeblichen Spedition ist nur Schein.
Diese Recherchen bestätigt die Polizei in Burg. Sprecher Thomas Kriebitzsch: „Der Schweizer Ausweis war gefälscht. Diese Betrugsmasche ist nicht neu und schon bei Scheinverkäufen von Booten, Wohnanhängern und Autos angewendet wurde.“
Kriebitzsch zufolge geben die Betrüger bei solchen Deals entweder falsche oder unvollständige Telefonnummern an: „Sie wollen das vermeintliche Geschäft per Mail abwickeln.“ Demnach versuchen die Abzocker zunächst ihre Geschäftspartner zur Vorkasse zu bewegen: „Funktioniert das nicht, versuchen sie, wenigstens den halben Kaufpreis einzutreiben. Oder sie müssen zumindest Gebühren für den Zoll verlangen.“ Doch ein Fahrzeug bekommen die Käufer nie zu Gesicht.
Jürgen Schulze hat die Bauernfänger durchschaut. Er sitzt bereits auf einer Harley, die er von einem Berliner Händler nach Probefahrt gekauft hat. Kriebitzsch: „Es gab und gibt genug Opfer, die auf die Tricks der vermeintlichen Händler hereinfallen. Er sagt: „Wenn ein Fahrzeug deutlich unter Listenpreis angeboten wird, ist grundsätzlich Vorsicht geboten.“
Es gibt noch andere Beispiele: Neu- oder Gebrauchtwagengeschäfte werden immer häufiger über das Internet und diversen Autoportalen abgewickelt, aber nicht alle Interessenten geraten an seriöse Geschäftspartner. Fordert etwa ein Verkäufer Vorauskasse, ist laut Polizei grundsätzlich Misstrauen angebracht, auch wenn in der Beschreibung nur Handy-Rufnummern angegeben sind. Wichtig: Ein unbedachter Klick kann mehrere Hundert Euro und viel Ärger und Nerven kosten.
Eine weitere Masche: Ein Autohändler bietet einen Gebrauchtwagen an. Im Gespräch erfahren die Käufer, dass er das Fahrzeug im privaten Kundenauftrag veräußert und nur als Vermittler auftritt. Der Trick: So schließt der professionelle Händler die gesetzliche Sachmängelhaftung aus, zu der er beim regulären Verkauf im Gegensatz zu privaten Anbietern verpflichtet ist. Und meist lässt sich für den Käufer nur schwer beweisen, dass ein verschleiertes Eigengeschäft des Händlers vorliegt.
Noch ein Tipp: Um beim Autoverkauf nicht betrogen zu werden, sollte Interessierte immer auf ein persönliches Treffen zur Besichtigung des Fahrzeugs bestehen. Windet sich der Verkäufer oder zögert er den vereinbarten Termin mehrere Male hinaus, sind dies gute Gründe für besondere Wachsamkeit. Es könnte sich um ein Scheinangebot und damit um Betrug handeln.
Vorsicht ist auch geboten, wenn meist per SMS um Rückruf gebeten wird. Bei den Rückrufnummern handelt es sich vielfach um sehr teure Telefonnummern. Der zurückrufende Interessent kommt in eine lange Warteschleife und zahlt ein hohes Verbindungsentgelt.
Zur Vorsicht mahnt der ADAC bei den kleinen Händlerkärtchen, die meist bei älteren Fahrzeugen auf Parkplätzen hinterm Scheibenwischer stecken. Der Autoclub sagt: „Nicht jeder Händler ist seriös. Die Autos werden in der Regel exportiert.“