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Archivleiterin Beate Blumhagel nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit "Wir hüpfen täglich durch Jahrhunderte"

Von Kristin Schulze 03.03.2012, 04:19

Heute ist Tag der Archive. Für die Volksstimme Grund für einen Streifzug durch "das Gedächtnis der Gesellschaft". Im Burger Stadt- und Kreisarchiv nahm uns Leiterin Beate Blumhagel mit auf eine Zeitreise.

Burg/Genhin/Gommern l Bärbel und Rolf-Dieter Resch aus Soderstorf in der Lüneburger Heide sind zum ersten Mal zu Besuch im Burger Archiv. Beide teilen ein Hobby: Ahnenforschung. Bärbel Resch ist gebürtige Burgerin, nur logisch also, dass das Ehepaar in der Kreisstadt nach Hinweisen auf Vorfahren sucht.

"Wir schauen nach Bildern von meinem Opa", erklärt Bärbel Resch. Ihre Großmutter war zweimal verheiratet. "Mein Opa - das ist eigentlich Josef Böcker. Der \'biologische Opa\' aber ist ein anderer." Hans Ziehmann hieß er. Und war Lehrer an der Diesterwegschule. Mehr weiß sie nicht von ihm. Auch ein Bild hat sie nicht.

Sichern, übernehmen, erschließen und bewerten

"Gut, dass sie zu uns gekommen sind", sagt Beate Blumhagel, Leiterin des Burger Stadt- und Kreisarchivs. Schnell hat sie die Chronik der Diesterweg-Schule zur Hand. Während Ehepaar Resch sich darin vertieft, macht sie einen Rundgang durch die Räumlichkeiten des Archivs.

Die ersten Schritte der Archivarbeit sind Sichern und Übernehmen. "Wenn uns jemand Material bringt, schicken wir ihn nicht zum Sortieren wieder nach Hause", erzählt Beate Blumhagel. Aber was ist eigentlich interessant für ein Archiv? Wie trennt man beim Material die Spreu vom Weizen?

"Erschließen und Bewerten nennt man diese Arbeit", erklärt die Expertin. "Es bringt nichts, etwas aufzuheben, nur weil es alt ist. Schnell wären wir bis unters Dach vollgestopft." Die Sachen werden auf ihren historischen Wert überprüft.

"Kassation", nennt Mitarbeiterin Rita Schulle das. Sie steht an einem großen Container voller Papier und ist eben damit beschäftigt, alles ohne historischen Wert wegzuwerfen.

Was aufgehoben wird, muss natürlich sortiert werden. "Zum Beispiel mit Hilfe von Signaturen", sagt Heidrun Euen. Die Mitarbeiterin macht das Burger Archivteam komplett.

Sie zeigt, was es hier alles zu finden gibt: Historische Bestände, die Aufschluss über die Entwicklung Burgs und des Jerichower Landes geben, Bauakten, alte Zeichnungen...

Der genealogische Bestand ist für Ahnenforscher wie Ehepaar Resch interessant. Geburts- und Sterbelisten ab 1799 findet man hier. Auf den "Seelenlisten" ist neben dem Namen auch Stand und Gewerbe verzeichnet. Aber nur bei Männern, für Frauen gab es nur zwei Möglichkeiten: Tochter oder Eherfrau. Außerdem gibt es Häuserlisten, die ältesten aus dem Jahr 1845. Wer wohnte wo mit wem? Von wo kamen die Bewohner? Wohin sind sie gegangen? Ein Besuch im Archiv kann diese Fragen beantworten.

Familiengeschichte bis ins Jahr 1806 zurückverfolgt

"Man hüpft von Jahrhundert zu Jahrhundert", beschreibt Beate Blumhagel ihre Arbeit. Auf den 1200 Quadratmetern Archivfläche findet sich auch ein Raum mit uralten Zeitungen: Burger Tageblatt, Kreisblatt, Volksstimme - sie zeigen, was die Menschen damals bewegte. Eine für die Menschen unverzichtbare Information aus dem Kreisblatt von 1838: Wann fährt die Postkutsche?

Beate Blumhagel liebt ihren Beruf. 25 Jahre ist sie schon dabei. "25 tolle Jahre", betont sie. "Geschichte war schon immer mein Lieblingsfach." Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Archivassistentin, danach studierte sie in Potsdam Archivarin. Die schönste Belohnung für die Archivmitarbeiter: Glückliche Gesichter wie die von Bärbel und Rolf-Dieter Resch. Beide konnten ihre Familiengeschichte mit Hilfe von Archiven bis ins Jahr 1806 zurückverfolgen. "Wir wurden wunderbar beraten in Burg, das ist kein Beamtenverein hier", sagt Rolf-Dieter Resch, während er sich erneut in die Schulchronik vertieft.

Ein Bild vom Opa Heinz Ziehmann haben die Reschs nicht gefunden. Hat jemand ein Bild vom ersten Lehrerkollegium der Diesterweg-Schule? Melden Sie sich unter (03921) 456 434.