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Vereinshilfe Ehrliche Hilfe oder Wahlkampf?

Stadtratsfraktionen streiten sich über Corona-Hilfen für Vereine in Staßfurt

29.03.2021, 22:00

Staßfurt

Von Franziska Richter und Enrico Joo

Es hätte viel einfacher sein können: Sowohl die Staßfurter CDU als auch die SPD/Grünen wollen Vereinen der Stadt in der Corona-Pandemie finanziell helfen. Beide bringen aber Vorschläge, die sich ein wenig unterscheiden und in der Debatte nun offenbar gegenseitig ausbremsen. CDU-Chef Stephan Czuratis kommt nicht um eine Schelte Richtung SPD/Grüne herum: „Ich hätte mir gewünscht, dass man mal miteinander spricht und nicht einfach einen Gegenantrag bringt.“

Zuerst brachte die CDU die Idee ein, zumindest ist ihr Antrag früheren Datums: 50.000 Euro für die Vereine der Stadt, die von einer neuen Arbeitsgruppe verteilt werden sollen. Zwei Wochen später reichte SPD/Grüne einen Antrag ein: Finanzielle Mittel in undefinierter Höhe für Vereine, die nach Nachweis Hygienemittel, Mitgliederbeiträge oder Betriebskosten erstattet bekommen sollen.

Ärger mit der Kommunalaufsicht?

Es wird darüber gestritten, ob die konkrete Summe von 50.000 Euro für alle Vereine festgelegt wird oder nicht. „Man sollte unseren Vereinen schon zutrauen, ein paar Unterlagen als Nachweis für ihre Verluste zusammenzustellen“, meinte Klaus Maaß (SPD) im Finanzausschuss des Stadtrats. Also pro Verein individuell entscheiden und Geld nach konkretem Bedarf ausschütten. Maaß: „Wenn wir einfach so pauschal 50.000 Euro reinschreiben, bekommen wir Ärger mit der Kommunalaufsicht.“

Im Kulturausschuss sagte Frank Rögner (SPD): „Wir haben keine Summe genannt, weil es schwer greifbar ist. Wir brauchen auch keinen eigenen Arbeitsstab dazu, das ist albern. Uns geht es darum, die Mitglieder bei der Stange zu halten.“

Für klare Regelungen ist auch die UBvS. „Wir müssen eine konkrete Summe nennen, die Kriterien festlegen. Es muss eine Nothilfe sein und darf keine Projekte oder Investitionen fördern“, so Stadtrat Ralf-Peter Schmidt. Um Doppelförderungen zu vermeiden, müsse die Verwaltung mit entscheiden über die Begünstigten, nicht nur Stadträte, die in einer Arbeitsgruppe sitzen würden.

Ob man nicht das Geld für das Salzlandfest 2021 verwenden könne, fragte Klaus Stops (CDU). Immerhin sind 60.000 Euro dafür dieses Jahr samt Festumzug vorgesehen. Die Verwaltung erklärte: Man muss erstmal abwarten, ob das Salzlandfest denn nun stattfinde. Das wäre allerdings im Sommer und zu lang hin. „Also warten wir jetzt erst, ob das Salzlandfest stattfinden kann“, schüttelte Czuratis den Kopf.

Im Kulturausschuss fragte sich Czuratis: „Was ist, wenn keine Verbesserung des Haushaltes kommt? Dann gehen die Vereine leer aus. Das ist mir zu ungenau.“ Czuratis plädierte dafür, dass die Summe gedeckelt bleibt. „Und wenn die Summe über 50.000 hinaus geht, werden die Auszahlungen prozentual gekürzt.“ Er wünschte sich zudem nicht, dass die Anträge gegeneinander ausgespielt werden.

Peter Rotter (CDU) meinte im Sozialausschuss: „Wir können für die Vereine nur Schmerzen lindern, wir können nicht heilen. Ich warne davor, keine konkrete Summe zu nennen.“

Die Debatte wurde im Finanzausschuss lauter und irgendwann rief Gerhard Wiest (Die Linke) dazwischen: „Das ist Wahlkampf!“ Die Vermutung: Dass sich hier weder CDU noch SPD/Grüne auf eine gemeinsame Idee einigen können, liege daran, dass jede Partei demnächst einen Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl stellen will.

Günter Döbbel (FDP) stimmte Wiest zu: „Mir ist das hier viel zu viel Populismus von allen Seiten.“ Es gäbe Vereine, die jammern, wenn sie aber konkret ihren Finanzbedarf offenlegen sollen, dann komme nichts.

Oberbürgermeister drängt auf Klarheit

Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD) will eine schnelle Entscheidung: „Es muss jetzt langsam mal klar werden, was die Vereine erwarten können, nicht dass es zu Enttäuschungen kommt und alles so schwierig wird, dass sich konkrete Hilfen ewig hinziehen.“ Bei 156 Vereinen in Staßfurt und 13.800 Mitgliedern müsse man bis zum Stadtrat klare Regelungen aufgestellt haben.

Wagners Appell: „Klarheit schafft Sicherheit. Stecken Sie Zeit rein. Es ist noch Zeit, sich über die Fraktionen zu verständigen.“ Er warnte vor einer Neid-debatte und schlug vor: „Vielleicht ist es sinnvoll, pro Mitglied eine Summe auszuzahlen, um mehr Gleichberechtigung zwischen den Vereinen zu ermöglichen.“

Die Linke ist für die Vereinshilfe, aber gegen eine Arbeitsgruppe. „Wir sind der Meinung, dass es schnell gehen muss. Eine Arbeitsgruppe ist nicht sofort beschlussfähig und muss erst im Stadtrat gebildet werden“, erklärte Wiest. „Ich warne davor, eine AG dazu zu gründen, um Kriterien für die Förderung aufzustellen. Bis wir das geschafft haben, ist der letzte Verein gestorben“, sagte der Linke-Politiker im Kulturausschuss.

Im Sozialausschuss meinte Bianca Görke (Die Linke): „Der Antrag ist gut gedacht, aber nicht unbedingt gut gemacht.“ Sie fand die 50.000 Euro zu schwammig. „Ich finde den SPD-Antrag charmanter, weil wir den Haushalt nicht mehr anfassen müssten“, so Görke. Es brauche keine neue Arbeitsgruppe. „Um es zu beschleunigen, muss es uns gelingen, 50.000 Euro zu finden und die innerhalb des Haushalts umzuschichten. Die Deckungsquelle bei der CDU muss raus, sonst fliegt es uns um die Ohren.“

Verteilung nach Zuschussrichtlinie?

Die Linke brachte einen Änderungswunsch zum CDU-Antrag und zum SPD-Antrag ein - der jeweils befürwortet wurde. Die Verteilung der Vereinshilfe soll demnach nach der Zuschussrichtlinie der Stadt erfolgen, die es seit 2001 gibt. So könne man auch ein Maximum von zum Beispiel nicht mehr als 500 Euro pro Verein festlegen.

Zumindest ist nun klar, wie die Vereinshilfen vergeben werden sollen. Die konkreten insgesamt 50.000 Euro für alle Vereine zusammen aus dem CDU-Antrag wurden jeweils in den Ausschüssen knapp abgelehnt, der SPD-Antrag knapp angenommen. Der Stadtrat muss am 8. April entscheiden.