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Rumänienhilfe Zvoristea ist für Letzlinger Ehepaar Lebensinhalt geworden Bartels helfen seit 20 Jahren

Von Sebastian Siebert 19.08.2011, 06:28

Edith und Herbert Bartel helfen mittlerweile im zwanzigsten Jahr notleidenden Menschen im rumänischen Zvoristea. Das ist ein Ort, dem mehrere Dörfer angehören. "Manchmal hatten wir das Gefühl, hier ist die Welt zu Ende und die Menschen hier sind vergessen worden", sagt die 74-jährige Letzlingerin.

Letzlingen. Vorsichtig hält Edith Bartel eine kleine, getrocknete Rose in der Hand, blickt auf sie und seufzt. "Aufhören, wie macht man das?", fragt sie und ihr Mann lächelt sie dabei liebevoll an.

Seit zwanzig Jahren organisieren die beiden Letzlinger Hilfstransporte in eine der ärmsten Regionen Europas, in das rumänische Zvoristea. Dort, unweit der Grenze zur Ukraine, wohnen Menschen in größter Armut. "Wir haben schon viel erreicht", sagt Edith Bartel. Sie erzählt, wie sie bei ihren ersten Besuchen Hacken, Harken und Spaten mitgebracht hat, damit die knapp 3000 Einwohner wenigstens ihre Gärten bestellen können. "Manchmal hatten wir das Gefühl, hier ist die Welt zu Ende und die Menschen hier sind vergessen worden", sagt sie. Mittlerweile steht dort eine Mühle, es gibt einen Bäcker und ein "Haus der Hilfe", das als Lager und Unterkunft für die Helfenden dient.

Als ihr Mann Herbert seine Anstellung Anfang der 1990er Jahre verlor, meldete er sich auf eine Zeitungsanzeige, in der Kraftfahrer für die Rumänienhilfe gesucht wurden. Noch im gleichen Jahr fuhr er das erste Mal den 40 Tonnen schweren Truck in den 3000 Kilometer entfernten Ort. "Wenn man die Zustände einmal gesehen hat, muss man weitermachen", sagt er. "Es ist eine moralische Verpflichtung."

Keine Wirtschaft, keine Nahrung, keine Hoffnung - so stellte sich den beiden Letzlingern die Situation dar. "Wir haben dann immer weitergemacht", erzählte Edith Bartel. "Fünf- bis sechsmal im Jahr sind wir dorthin gefahren." Sie brachten Kleidung, Nahrung, Dinge des Alltags in die Dörfer. "Wir gehen dann zu den Häusern der Menschen und verteilen die Sachen vor Ort."

Zusammen mit anderen Helfern aus Gommern, Leipzig, auch aus dem niederländischen Zuidhorn und vielen anderen Orten ist das Ehepaar meist 14 Tage vor Ort. "Wenn alles verteilt ist, dann fahren wir wieder zurück."

Zu Hause sammeln die beiden die Güter, die sie gespendet bekommen. "Wir brauchen alles", sagte die Letzlingerin. Jegliche Art von Kleidung, Decken, Nahrung und Geld. "Der Transport kostet rund 3000 Euro. Und das ist nur für den Truck." Ihre Fahrt zahlen die Helfer aus eigener Tasche. Den Transport hat eine rumänische Spedition übernommen. Herbert Bartel ist mittlerweile 73. "Da fahre ich nicht mehr den Truck." Er lenkt einen der zahlreichen Kleinbusse, welche den Truck begleiten. "Die werden dann vom Truck aus beladen, und damit verteilen wir dann die Güter." Für die nächste Lieferung wünscht sich Edith Bartel neben haltbaren Lebensmitteln wie Öl, Reis, Grieß und Zucker auch Kulturbeutel mit Hygieneartikeln. "Da gibt es ein Altersheim mit 70 Personen. Denen hatten wir das schon einmal zukommen lassen. Zahnbürsten, Lappen, Handtücher - viele wussten nicht mal, was das ist", erzählt sie. Nur noch einmal im Jahr fahren Bartels nach Zvoristea. "Mehr können wir nicht mehr machen. Wir haben nicht mehr so viel Kraft", sagte sie. Sie sieht wieder auf die Rose. "Einmal hat dort ein Mann durch Flut Haus und Familie verloren. Wir haben ihm Brot gegeben und noch ein paar andere Dinge. Er war vollkommen durcheinander", erzählt sie nachdenklich. Nach ein paar Tagen sei er zu ihr gekommen und habe ihr eine Rose überreicht. "Dann hat er gesagt: Wo eine Rose blüht, blüht auch bald wieder Leben", erzählt sie und ihre Augen werden für einen Moment feucht.

Über zehn Jahre ist das her. Edith Bartel hat die Rose getrocknet und behütet sie. Die Rose ist für die beiden ein Symbol der Hoffnung, und sie gibt ihnen die Motivation, weiterzumachen. Auch wenn sie eigentlich schon längst aufhören wollten, wie sie sagen. "Wir werden nicht jünger." Aber für die beiden kommt das eigentlich nur in Frage, wenn jemand sie ablöst. "Einfach die Hilfe einstellen, das geht nicht." Deshalb fahren sie Ende Oktober erneut nach Rumänien.