Corona-Impfung Corona-Impfen auf Zuteilung: In Artzpraxen kommen kaum Dosen an
Seit dem 7. April wird in Hausarztpraxen gegen Corona geimpft. Problematisch: Die Praxen dürfen nur begrenzte Mengen bestellen, geliefert wird noch weniger.
Altmarkkreis - „Wir würden gern den Kühlschrank aufschließen und alle Patienten, die das wollen, impfen.“ Aber das sei leider nicht möglich, bedauert Dr. Kirsti Johansen-Genge. Auch in ihrer Hausarztpraxis in Gardelegen wird seit dem 7. April gegen Corona geimpft. Allerdings stehe der Impfstoff einfach nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Die Praxen geben Anfang der Woche ihre Bestellungen für die Folgewoche in der Apotheke ab. Schon für die Bestellungen gebe es Obergrenzen, die sich wöchentlich ändern würden. Für Biontech war die bisher maximale Obergrenze 36 Dosen. Geliefert wurde immer weniger als bestellt.
Maximal sechs oder zwölf Dosen
„Bekommen haben wir mal sechs oder zwölf Dosen“, schildert Johansen-Genge die Situation. In den vergangenen zwei Wochen habe die Praxis überhaupt keinen Impfstoff dieses Herstellers erhalten. „Sechs Impfdosen pro Woche. Das ist bei einer Praxis mit 1800 Patienten pro Quartal ein Witz“, kritisiert die Medizinerin. Seit der vorigen Woche gebe es für Vaxzevria von Astrazeneca und für Janssen von Johnson & Johnson keine Bestellobergrenzen mehr. Allerdings werde Astrazeneca von den meisten Patienten abgelehnt.
Der Frust sei groß – bei Patienten und Hausärzten. Und die Aggressivität habe zugenommen. „Was unsere Arzthelferin am Tresen manchmal aushalten muss, ist unglaublich. Es ist eine schwierige Situation“, macht die Hausärztin deutlich. Aber Beschimpfungen würden das nicht ändern. „Aber die Apotheken können auch nichts dafür. Die bestellen die Impfdosen beim Pharmaziegroßhandel. Und die wiederum beim Hersteller“, erläutert Johansen-Genge, und weiter: „Grundsätzlich will jede Arztpraxis und jedes Impfzentrum jedem, der es wünscht, ein Angebot machen. Aber das ist zurzeit eben leider nicht machbar“, betont die Ärztin.
Der Frust ist groß
Ähnlich ist die Situation in Klötze. In der Praxis von Dr. Birgit Henneick kommt ebenfalls nur wenig Impfstoff an. Ihr habe die Kassenärztliche Vereinigung ein Fax geschickt, wonach sie für Mittwoch 20 Dosen Astrazeneca bestellen dürfe – geliefert bekomme sie zehn. So ist das Prozedere. „Wir werden stark beschnitten bei Astrazeneca und dem Impfstoff von Biontech, haben aber 1000 Nachfragen“, berichtet Dr. Henneick. Die Warteliste der Impfwilligen in ihrer Praxis umfasse sechs Seiten. 200 Leute hätten sich allein bei Birgit Henneick für eine Impfung vormerken lassen. Die Zweitimpfungen seien in ihrer Praxis gesichert, „aber die Erstimpfungen nicht“. An der Situation müsse sich dringend etwas ändern.
In der Praxis von Dr. Karin Haase, Allgemeinmedizinerin in Beetzendorf, seien es in dieser Woche etwa 60 Erst- und Zweitimpfungen gewesen. Nächste Woche werde es weniger: Denn nur 20 Dosen Biontech- und 25 Dosen Impfstoff von Johnson & Johnson würden geliefert, kein Astrazeneca. Sie wolle helfen, dass die Pandemie rasch bekämpft werde, doch es gebe immer wieder neue Unsicherheit: Wieviel Impfstoff kommt in der Landarzt-Praxis an? Welche Regeln gelten aktuell? „Ursprünglich hat die Kassenärztliche Vereinigung uns mitgeteilt, dass wir bestellen könnten, was verimpft werden kann. Wir haben 100 Dosen aufgeschrieben, nur 10 bekommen. Das frustiert“, sagt Karin Haase. In ihrer Praxis gebe es eine Anmeldeliste mit knapp 500 Impfwilligen.
Kein Biontech- Impfstoff
In der Hausarztpraxis von Dr. Kathrin Stuhec in Badel gab es in dieser Woche für die Erstimpfungen keinen Impfwirkstoff von Biontech. Von Johnson & Johnson wurden 20 Dosen geliefert. Bei rund 2000 Patienten sei dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein, macht Stuhec deutlich. Einige Patienten aus der Badeler Praxis seien bereits für ihren Impfschutz bis Uelzen oder sogar Schwerin gefahren.
Während das Sozialministerium die Impfstoffe nach einem Einwohnerschlüssel an die Kreise für die Impfzentren verteilt – für Juni werden beispielsweise 328 500 Dosen erwartet –, wird die Belieferung der Arzt- und Facharztpraxen über Pharmagroßhändler und Apotheken sichergestellt, informiert Heike Liensdorf, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung, auf Volksstimme-Anfrage. Die Zuteilung an die Ärzteschaft erfolge nicht bezogen auf das Bundesland, sondern bundesweit. „Nach aktueller Meldung des Bundesgesundheitsministeriums sollen für die erste Juni-Woche rund 3,2 Millionen Impfstoffdosen von Biontech, Johnson & Johnson und Astrazeneca zur Verfügung stehen. Angekündigt laut Lieferprognose waren eigentlich allein 3,3 Millionen Dosen von Biontech“, macht Liensdorf die Problematik deutlich. Noch immer erhalten die Ärzte wöchentliche Vorgaben zu Bestellmengen. Für die kommende 22. Kalenderwoche etwa könnten maximal 24 Dosen von Biontech für die Erstimpfung geordert werden und maximal 20 Dosen Astrazeneca. „Allerdings haben wir im Nachhinein von den Apotheken gehört, dass voraussichtlich die Lieferungen für die Erstimpfungen deutlich hinter der Bestellvorgabe zurückbleiben. Für Zweitimpfungen wurde die benötigte Menge zugesichert“, so Liensdorf weiter. Wie viel Impfstoff von den Ärzten bestellt und wie viel schlussendlich auch geliefert werde, sei auf Landesebene nicht feststellbar, da der Bestellvorgang zwischen Arzt und Apotheke stattfinde. Die Apotheken wiederum seien an die überregional agierenden Großhändler gebunden.
Dr. Kirsti Johansen-Genge startet in die nächste Woche mit 24 Dosen Biontech/Pfizer und 15 Dosen Johnson & Johnson. „Damit kann ich in einer ganzen Woche 24 Patienten mit Biontech impfen“, sagt die Medizinerin. Das sei nicht viel, aber immerhin. Astrazeneca habe sie nicht bestellt. „Diesen Impfstoff will ja fast niemand bei uns“, so Johansen-Genge.