Giftschlammgrube Abdecken statt auskoffern?
Das Umweltministerium stellte sich gegen die Auskofferung der Giftschlammgrube Brüchau, Die Anwohner vor Ort sind empört.
Kalbe/Brüchau l „Es ist doch klipp und klar bewiesen, dass die Grube undicht ist. Das Umweltministerium kann sich doch nun nicht hinstellen und einen Landtagsbeschluss infragestellen“, echauffiert sich Kakerbecks Ortsbürgermeister Ulf Kamith über die Ereignisse während der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtages. Nachdem sich der Landtag vor zwei Wochen für die Beseitigung der Giftschlammgrube Brüchau, auch Silbersee genannt, ausgesprochen hatte und damit der Empfehlung des Landesamtes für Bergbau und Geologie gefolgt war, setzt nun das Umweltministerium auf die Abdichtung der Grube.
Auf Anfrage begründet Staatssekretär Klaus Rehda (Bündnis 90/Die Grünen) seine Haltung. Er verweist darauf, dass im vorliegenden Abschlussbericht zu den Untersuchungen der Grube drei Sanierungsvarianten vorschlagen werden. Neben der Auskofferung werde darin auch die Abdichtung in Erwägung gezogen. In Sachsen-Anhalt habe das Ministerium bereits gute Erfahrungen mit der Abdichtung gemacht. Mehr als 100 Deponien seien im Land auf diese Weise geschlossen worden. Zudem berge eine Auskofferung hohe Risiken bei der Entnahme des Deponats, beim Transport und bei der Entsorgung in eine anderen Deponie, so Rehda gegenüber der Volksstimme. Und es komme die Frage hinzu, wo entsorgt werden solle.
Der Staatssekretär äußert zudem, dass von der Grube „keine Gefahr für Menschen ausgeht“. Zwar werde in der Untersuchung darauf hingewiesen, dass sie undicht sei, doch sei festgestellt worden, dass trotz des hohen Schadstoffaufkommens keine gefährlichen Stoffe austreten würden. Ausgetreten sei bislang Chlorid. Außerdem stehe die Grube nicht im Grundwasser. Das Grundwasservorkommen liege zehn Meter unterhalb des Silbersees. In dieser Schicht sei nur Chlorid vorzufinden gewesen, „keine gefährlichen Stoffe“.
Da keine aktuelle Gefahr ausgehe, so der Staatssekretär, müsse die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gesehen werden. Und die sieht er in der Abdichtung. Zudem sei diese schneller zu realisieren. Und es sei die kostengünstigste Variante. Aber dies allein sei nicht maßgeblich.
Bei den Menschen vor Ort stoßen die Begründungen des Staatssekretärs nicht auf offene Ohren. „Die Grube soll gesichert werden. Und zwar auch für die nächste Generation. Es kann nicht sein, dass wir nach einer Abdeckung immer wieder gucken müssen, dass nichts ausläuft“, ärgert sich Ortsbürgermeister Ulf Kamith.
Einheitsgemeinde-Bürgermeister Karsten Ruth äußert: „Natürlich sind fachlich begründete, abweichende Meinungen grundsätzlich zu berücksichtigen, aber hier frage ich mich im Gesamtkontext, ob der Schwanz nicht gerade mit dem Hund wedelt.“
Empört über die Haltung des Umweltministeriums zeigt sich auch der altmärkische Kreisverband Bündnis 90/ Die Grünen. „Wir protestieren mit aller Entschiedenheit gegen die Einschätzung des Umweltministeriums und kämpfen weiter für die komplette Entsorgung. Das sind wir den Menschen in der Altmark und der Umwelt schuldig“, äußert Mirko Wolff, Kreisverbandsvorsitzender und Stadtratsmitglied in Kalbe.
Der altmärkische CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Harms fordert Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen) auf, dass „die Behörden in ihrem Geschäftsbereich an der Umsetzung des Landtagsbeschlusses mitwirken“. Alles andere widerspreche, „dem Willen der Menschen vor Ort und des gesamten Landtages“.
Diese Forderung äußert auch Holger Hövelmann, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Er erinnert daran, dass auch Dalberts Partei die Beschlussfassung im Landtag mitgetragen habe.
Dass sich die verschiedenen Fraktionen des Landtages für eine Auskofferung einsetzen, stimme die Bürgerinitiative (BI) „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ hoffnungsvoll. BI-Sprecher Christfried Lenz lobte das „große Engagement der Entscheidungsträger“. Gemeinsam mit den „Besorgten Bürgern aus Brüchau und Kakerbeck“ und Mitgliedern der BUND-Kreisgruppe Salzwedel demonstrierte die BI im Vorfeld der Wirtschaftsausschuss-Sitzung vor dem Landtag.