Sound einer Stadt Iranischer Künstler fängt in Kalbe Klänge ein
Dieser Mann fällt auf in der Kleinstadt. Der iranische Künstler Mohammad „Ham“ Babaei beteiligt sich am Kalbenser Sommercampus und tüftelt an einem Soundprojekt.
Kalbe - Musik kann glücklich machen. Sie tut etwas mit den Menschen. Auch Ärzte und Therapeuten haben längst die Macht der Klänge erkannt und nutzen sie als Therapieform. Zum Beispiel, um Schmerzen zu lindern, Erinnerungen hervorzurufen und Kommunikation zu ermöglichen.
Wenn Mohammad „Ham“ Babaei über Klänge spricht, dann erzählt er über seine Kindheit im Iran. 1983 in Qom, gesprochen Ghom, geboren, haben ihn Klänge in der für Iraner heiligen Stadt schon immer fasziniert. Seien es die Geräusche, die ihn bei Spaziergängen durch enge Gassen der Stadt begleiteten, sei es das Zwitschern von Vögeln oder so manches Lied gewesen, das ihm seine Eltern im Radio vorspielten: „Ich habe Musik schon immer aufgesaugt und verinnerlicht“, erzählt Ham in der Kulturscheune des Künstlerstadt-Vereines in Kalbe. Dort befindet sich sein Atelier. Dort fügt er mit Hilfe von Instrumenten, Mikrofonen und seinem Laptop die Klangwelt zusammen, die er in der MildeStadt in den zurückliegenden Tagen aufgenommen hat.
Der 37-Jährige ist momentan einer von insgesamt 30 Sommercampus-Stipendiaten, die im Wechsel in den Räumlichkeiten des Vereines arbeiten und leben. Während der Zeit ihres Aufenthaltes arbeiten sie an neuen Ideen, lassen sich von der Umgebung inspirieren und zeigen ihre Werke dann immer sonnabends während eines Atelierrundganges. Beginn ist immer 14 Uhr.
Sommercampus-Special
„Am Sonnabend werde ich aber unter anderem mit Annelie Schrötter, Steffen Reichelt, Bruno Angeloni und Isabell Sterner beim Sommercampus-Special auftreten“, freut sich Ham Babaei, wie er sich als Künstler nennt, auf den Konzertabend in der Kulturscheune, den er gemeinsam mit anderen Stipendiaten gestalten wird und der um 19 Uhr beginnt.
Ham Babaei selbst ist Komponist und bildender Künstler, hat Malerei in Teheran und Isfahan (Iran) studiert und war bereits an diversen Ausstellungen in seinem Heimatland, aber auch darüber hinaus, unter anderem auch in Deutschland, beteiligt. „Hier in Kalbe arbeite ich gerade an atmosphärischen und experimentellen Video-Sound-Installationen“, verrät Mohammad Babaei, der erst seit fünf Wochen in Deutschland ist und der allein wegen seiner markanten Haarfrisur im hiesigen Kleinstadtbild auffällt.
„Ich studiere jetzt weiter an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken“, erzählt der 37-Jährige. Sein Ziel ist es unter anderem, die deutsche Sprache immer weiter zu lernen, deren Grundkenntnisse er sich bereits im Iran angeeignet hatte. „Ich möchte einfach mehr von Deutschland wissen, hier arbeiten und viele neue Menschen kennen lernen“, freut sich Ham auf seine Zukunft.
Kleinstadt-Ruhe hilft beim Komponieren
Und dann zeigt er auch schon eines seiner Werke, auf das er besonders stolz ist. Es trägt den Namen „Gantelope“. In dem Video, welches er auch während der Atelierrundgänge präsentiert, wurde die Kamera auf den Kopf gestellt und zeigt Eindrücke einer Großstadt. Ruhige und sanfte Klänge einer Akustik-Gitarre, eines Basses sowie eines Schlagzeug-Beckens bestimmen das Intro seines Werkes, das sich immer weiter aufbaut. „Das Besondere ist, dass ich die Gitarre im weiteren Verlauf des Liedes verzerre, um einen besonderen Klang zu erzeugen, und mit einem E-Bow die Töne langziehe“, erklärt der Künstler. E-Bow?: „Mittels Elektromagnetismus kann der batteriebetriebene E-Bow die Saite einer Gitarre endlos zum Schwingen bringen“, weiß der 37-Jährige, der noch die erste August-Woche in Kalbe verbringen wird, bis er wieder nach Saarbrücken reist, um dort weiterzustudieren.
„Ich mag es hier sehr. Die Ruhe, die Abgeschiedenheit sind sehr gut, um Lieder zu komponieren“, schätzt Mohammad Babaei ein. Hier vor Ort hat er sich auch schon die Sehenswürdigkeiten angesehen oder war selbst bei Veranstaltungen dabei wie dem Flohmarkt am zurückliegenden Sonntag. „Ich finde die Stadt wirklich schön“, so der Iraner.