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Stiftung plant Grundstücksverkauf in Lindenthal / Anwohner lehnen dies ab / Reinhard Amsel: "Land verkauft man nur einmal"

Von Cornelia Ahlfeld 16.09.2011, 06:28

Fast 50 Teilnehmer hatte die Informationsveranstaltung am Mittwochabend im Rathaussaal, zu der der Stiftungsrat der Vereinigten Hospitalstiftung zu Gardelegen eingeladen hatte. Es ging um die Pläne, stiftungseigenes Land in Lindenthal an Häuslebauer zu verkaufen. Mit dem Verkaufserlös soll das Große Hospital saniert werden. Die Verkaufspläne stoßen in Lindenthal überwiegend auf Ablehnung. Andere wiederum freut es, in Lindenthal ein Grundstück erwerben und dort bauen zu können.

Gardelegen/Lindenthal. Brigitte und Gerd Tobies aus Gardelegen haben seit 38 Jahren ein Stück Gartenland in Lindenthal gepachtet - zu einem günstigen Pachtzins, denn das Gartenland gehört der Verei-nigten Hospitalstiftung zu Gardelegen. In den Jahren hat das Ehepaar eine kleine Laube errichtet und werkelt im idyllisch am Wald gelegenen Lindenthal in jeder freien Minute im Garten. "Das ist für uns unser Zuhause. Dort sind schon unsere Kinder groß geworden", erzählte Brigitte Tobies. So wie das Ehepaar genießen auch die anderen Hobbygärtner und vor allem die Bewohner der bebauten Grundstücke die beschauliche Ruhe am Lindenthaler Forst. Damit könnte es bald vorbei sein. Denn die Stiftung plant den Verkauf von Grundstücken an Häuslebauer. In der attraktiven Wohnlage könnten noch 23 Bauplätze ausgewiesen werden. In die Erstellung eines Bebauungsplanes soll auch ein 4500 Quadratmeter großes Areal nördlich des Amselweges mit einbezogen werden, erläuterte Planer Mathias Lofing. Das Grundstück gehöre dem Bund. Ob der das verkauft, sei nicht bekannt, informierte Bürgermeister und Stiftungsratsvorsitzender Konrad Fuchs.

Mit dem Verkaufserlös will die Stiftung Eigenmittel für die grundhafte Sanierung des Großen Hospitals sichern. Für dieses stadtbildprägende Gebäude bestehe dringender Handlungsbedarf, so Fuchs. In den nächsten Wochen soll dort die Sanierung des völlig kaputten Daches erfolgen. Diese Arbeiten könne die Stiftung geradeso noch finanzieren. Zu mehr reiche es allerdings nicht. "Es wäre aber kurzsichtig gedacht, wenn wir nur das Dach erneuern. Saniert werden muss das gesamte Gebäude", betonte Fuchs. Im Erdgeschoss des Hospitals könnten dann Wohnungen für ältere Menschen entstehen, um auch dem Stiftungszweck zu entsprechen. Die Büros - dort hat unter anderem das Landesschulamt seinen Sitz - könnten in den oberen Etagen angesiedelt werden. Für die Sanierung will die Stiftung Fördergeld nutzen, das jetzt noch vorhanden sei. Der Eigenanteil soll mit dem Verkauf der Grundstücke in Lindenthal finanziert werden. Weiterer Vorteil, so Fuchs: Mit der Ausweisung von Bauland sei auch eine Erschließung erforderlich, die zurzeit nur partiell vorhanden sei. Dazu gehöre auch der Ausbau von Anliegerstraßen. Und damit könnte ein weiteres, uraltes Problem gelöst werden, nämlich das der maroden Anliegerstraßen in Lindenthal.

"Der Zweck unserer Stiftung ist es, mildtätig und gemeinnützig zu wirken, älteren Menschen, die Hilfe bedürfen, Hilfe zukommen zu lassen", betonte Fuchs. Diesem Zweck folge die Stiftung auch, wenn sie Wohnraum saniere und älteren Menschen zur Verfügung stelle, wie am St. Georg. Dort habe die Stiftung 680000 Euro investiert. Die schönen Wohnungen seien vermietet zu erschwinglichen Preisen, vier Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Durch die Mieteinnahmen erziele die Stiftung Erlöse, um wiederum gemeinnützig und mildtätig wirken zu können, so Fuchs.

Die finanzielle Lage der Stiftung würde indes ganz anders aussehen, wenn die wertvollen, gewinnbringenden Ländereien im Lindenthaler Forst noch zur Stiftung gehören würden. "Das hat der Rechtstaat anders entschieden und dem Bund zugeordnet. Wir sind damals bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen, ohne Erfolg. Der Rechtsstaat hat auf der anderen Seite aber entschieden, dass Gebäude wie das Große Hospital, der St. Georg oder der Pierstorffstift zur Stiftung gehören. Den Schrapel durften wir behalten, die wertvollen Güter hat man uns weggenommen", erinnerte Fuchs an die Gerichtsurteile zur Vermögenszuordnung. Der Stiftungsrat sei nun dabei, den Schrapel in mühevoller Kleinarbeit wieder auf Vordermann zu bringen wie im Fall des Wohngebäudes am St. Georg.

"Eigentum vermehrt man, um dauerhafte Einnahmen zu haben"

Bei einem Verkauf der Grundstücke in Lindenthal würde die Stiftung den Gartenpächtern ein Vorverkaufsrecht einräumen. Die Grundstückspreise werden ortsüblich sein. "Spekulieren werden wir damit nicht", sagte Fuchs.

Die Verkaufs- und Baupläne stoßen allerdings nicht auf ungeteilte Gegenliebe, wie die Diskussion zeigte. "Der Stiftungswald gehört schon nicht mehr zur Stiftung. Jetzt soll noch mehr weggegeben werden. Dann wird das Vermögen doch immer weniger. Solches Land verkauft man nur einmal, Pachten kann man länger erzielen", sagte Reinhard Amsel aus Lindenthal. "Was soll denn in 20 Jahren verkauft werden, wenn die jetzt sanierten Häuser wieder renoviert werden müssen?", fragte Marion Köthke. Eine Lösung sei der Grundstücksverkauf in Lindenthal nicht, zumal es genügend Bauland in und rings um Gardelegen gebe. Für Horst Franke aus Lindenthal ist die gesamte Stiftung überholt und überflüssig. Auch er sprach sich gegen einen Grundstücksverkauf in Lindenthal aus.

"Wir wollen unsere Gärten in Lindenthal behalten. Wir haben unser halbes Leben dort gewirkt", betonte ebenfalls Ruth Girgsdies. Sie sei auch bereit, mehr Pacht zu zahlen. "Der Stiftungszweck wäre auch dann erfüllt, denn wir sind ja ältere Menschen, für die die Stiftung mit dem Erhalt der Gärten etwas Gutes tun würde", fand Girgsdies.

"Was soll denn überhaupt mit den Gartenpächtern in Lindenthal werden, wenn das Land verkauft wird?", kam die Frage aus der Versammlungsrunde. "Die sollten froh und dankbar sein, dass sie jahrelang so günstig Gartenland nutzen konnten", reagierte Fuchs. Raunen im Saal. "Das haben Sie jetzt nicht wirklich gesagt", warf Marion Köthke ein. "Doch, eine provokante Antwort auf eine provokante Frage", konterte Fuchs. "Eigentum verkauft man nicht, das vermehrt man, um dauerhafte Einnahmen zu haben. Und die erzielen wir nicht, wenn wir das Land in Lindenthal verkaufen", betonte Hannelore von Baehr, Mitglied des Stiftungsrates und des Stadtrates. Es gebe in der Stadt genug Flächen, die bebaut werden könnten. Sicher sei das Hospital stadtbildprägend und sanierungsbedürftig. Bei der Finanzierung müsse sich die Stiftung eben andere Quellen erschließen. "Wir sollten nicht den Fehler machen und schnell verkaufen", betonte von Baehr. Sie werde jedenfalls den Beschlussvorlagen für den Stadtrat - Flächennutzungsplanänderung und Bebauungsplan - nicht zustimmen, kündigte von Baehr unter dem Beifall der Plangegner an.

Das veranlasste Fuchs zu einer trockenen Zwischenbemerkung: "Ich hätte jetzt auch gewusst, was ich sagen müsste, um Beifall zu erhalten." Ansonsten sei es richtig. Die Pläne können nur dann realisiert werden, wenn der Stiftungsrat den Verkaufsplänen zustimmt und der Stadtrat mit dem Bebauungsplan Baurecht schaffe.