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Heimatgeschichte Landwirtschaft früher: Viel Arbeit rund um die Bohne

Lindstedts Ortsbürgermeister Siegfried Jordan berichtet vom Anbau in der Region – und wie die Stangenbohnen damals bis fast in den Himmel wuchsen.

Von Siegfried Jordan 14.01.2024, 06:00
Ausriss aus der Ortschronik Lindstedt.
Ausriss aus der Ortschronik Lindstedt. Repro: Siegfried Jordan

Lindstedt. - Ab 1933 und der Machtergreifung der NSDAP setzte wieder eine wirtschaftliche Besserung in Deutschland ein: „Die Rüstungspolitik Hitlers setzte der Arbeitslosigkeit bald ein Ende. Nach wenigen Monaten gab es keinen einzigen Arbeitslosen im Dorf mehr. Die Preise der landwirtschaftlichen Produkte bewegten sich jetzt in gesetzlich festgelegten Grenzen. Der wirtschaftliche Aufschwung auf allen Gebieten war unverkennbar. Hitler hatte es verstanden, die Masse des Volkes hinter sich zu bringen. Das Volk ahnte ja noch nicht – wenigstens in unserem Dorf – dass dieser unnatürliche wirtschaftliche Aufstieg sehr schnell ins Verderben führen würde,“ schreibt die Lindstedter Chronik.

Die Konservenfabriken der Altmark hatten in dieser Zeit wieder volle Auftragsbücher und die Bauern brauchten sich keine Sorgen um den Absatz ihrer Bohnen und andere landwirtschaftliche Produkte zu machen. Auch Arbeitskräfte für die aufwendige Ernte der Bohnen oder des Spargels waren nun vorhanden. Nicht nur die Familienmitglieder der Bauern halfen bei der Bohnenernte, wie es bereits während der Hopfenzeit üblich war. Wo Kind und Kegel im Ernteeinsatz waren und die Hausfrau den ganzen Tag mit Kochen und Backen zu tun hatte, um alle Mäuler zu stopfen.

Nun gab es den sogenannten Reichsarbeitsdienst, bei dem junge Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren aufs Land geschickt wurden, um mit anzupacken. In der Regel dauerte die Dienstzeit ein halbes Jahr. Die Lindstedter Chronik vermerkt: „1935 wurde im ehemaligen Pfarrhaus eine weibliche Einheit des sogenannten Reichsarbeitsdienstes stationiert. Die ,Arbeitsmaiden’, wie man sie damals nannte, wurden zur Arbeitsleistung bei den Bauern im Dorf und in der näheren Umgebung eingesetzt. 1936 wurde das Lager wieder aufgelöst.“

Und noch etwas Gewichtiges passierte in dieser Zeit in Lindstedt: Im Jahre 1937 versiedelte das Gut den größten Teil der noch übrig gebliebenen Ländereien. Etwa 50 Bauern beziehungsweise Landarbeiter kauften sich Land. Eine Siedlungsgesellschaft gab langfristige Kredite. Nach der Aktion machten sich viele Kleinbauern, die bisher noch zusätzlich zur Arbeit gingen, selbstständig.

Frauen waren plötzlich allein in den Betrieben

Zu Beginn des zweiten Weltkrieges wurden alle wehrfähigen Männer eingezogen und die Frauen standen nun allein da mit ihren mehr oder weniger großen landwirtschaftlichen Betrieben. Es wurde zwar bei der Einbringung der Hackfruchternte 1939 Hilfe organisiert, aber die Last der Arbeit ruhte nun auf ihren Schultern. Dann kamen die ersten polnischen Zwangsarbeiter in unsere Dörfer und im Sommer 1940 waren es 30 belgische und französische Kriegsgefangene die nach Lindstedt kamen um in der Landwirtschaft zu arbeiten.

Unter Bewachung wurden sie im Armenhaus untergebracht.Während dieser Zeit waren die landwirtschaftlichen Erzeugnisse natürlich wichtig. Nun mussten erst recht Kartoffeln, Bohnen, Möhren, Erbsen und Steckrüben angebaut werden. Es gab zwar keine Anbaupflicht oder Kennzahlen, aber bis Kriegsende lief alles in der gewohnten Manier ab. Die Konservenfabriken mussten nun in Schichten arbeiten, um die Aufträge des Heeres zu erfüllen, und auch hier waren Zwangsarbeiter im Einsatz. Ohne diese wäre wohl keine Produktion mehr aufrecht zu erhalten gewesen.

So wurden nach Kriegende Bohnen angebaut

Das ist nun eine Zeit an die sich noch einige unserer Einwohner erinnern können. Und so hatte ich die Gelegenheit, beim 90. Geburtstag von Anneliese Kegel in Wollenhagen über das Thema Bohnenanbau in Wollenhagen mit ihren Gästen zu sprechen. Für mich als Unwissenden war diese Gesprächsrunde sehr informativ.

Willi Rieck aus Lindstedterhorst, der 93- Jährige Bruder von Anneliese Kegel erklärte mir die Details des Stangenbohnenanbaus: „Für einen Hektar brauchst du 8.000 Stangen, die 6 bis 8 Meter hoch sein müssen. Um eine Stange – die vorher angespitzt und dann in den Boden ungefähr einen halben Meter tief gesteckt wird – steckst du 6 bis 8 Bohnen in die Erde, das aber erst nach den Eisheiligen, weil Bohnen keinen Frost vertragen.

Sie sollten windgeschützt stehen, damit die Blüten nicht abbrechen. Die Stangen aus jungen Kiefern werden im Winter aus den Forsten geholt, entastet und geschält. In der Regel hält eine Stange 5 bis 7 Jahre, weil das Ende, das in der Erde steckt, mit der Zeit fault und die Stangen immer kürzer werden. Geerntet werden die Stangenbohnen zwischen Juli und September.“

Gudrun Borchert konnte erzählen, dass halbierte alte Hopfensäcke) auf der ersten Brücke in Richtung Badingen zum Abtransport gesammelt wurden. Und Anneliese Kegel selbst wusste, dass der Wollenhagener Postangestellte Reichel als Vermittler der Wollenhagener Bauern mit dem Aufkäufer Bathge aus Seethen im Vorfeld die Aufkaufpreise mit den Konservenfabriken aushandelten. So konnte es sein, dass die Bohnen ihren Weg über Bismark nach Köln nahmen, wenn der Preis stimmte.

Für Wollenhagen war der große Boom des Stangenbohnenanbaus mit Gründung der LPG vorbei. Die Auflagen der Konservenfabriken wurden immer umfangreicher, so dass sich der Anbau nicht mehr lohnte. Die meisten Dämme wurden aufgegeben, nur vereinzelt wurde noch angebaut. Die Letzten waren bis 1989 Martin Schulze sen. und Wilhelm Philips, die ihre Bohnen dann in den Aufkaufstellen des VEAB (Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb) verkauften.Diese gab es in Lindstedt, Lindstedterhorst, Bismark oder in Gardelegen.

Erträge waren nur in Handarbeit zu erzielen

Auszug: „Die Feldmark der Gemeinde umfasst 350 Hektar, davon sind 52 Prozent Grünland. Auch sind 10 Hektar Grabland. Dies sind die Moorflächen im Hagen und Seegeberg. Früher waren solche Flächen dicht hinter den Höfen. Diese Flächen waren nicht anders, als mit dem Spaten zu bearbeiten.

Spaten zum Umgraben der Dämme.
Spaten zum Umgraben der Dämme.
Foto: Kerstin Schubert

Nach dem Hopfenanbau wurden hier etwa ab 1920 alle Dämme zum Anbau von Stangenbohnen genutzt. Die Erträge waren recht gut, aber alles nur in Handarbeit zu lösen.

Nach Gründung der LPG konnten die Bohnen auf anderen Flächen mit Maschinen kostengünstiger geerntet werden. So blieben diese Flächen liegen oder werden noch als Grünland genutzt. Ab 1980 wurde im Hagen dieses Land vom volkseigenen Betrieb Organische Düngemittel und Erden genutzt. Das Moor, zum Teil bis zu 7 Meter Tiefe anstehend, wird 2 bis 3 Meter tief abgebaut und als Humus an Gärtnereien und LPG-en abgegeben. Dort, wo das Moor abgebaut war, entstanden mehrere kleine Teiche von etwa 4 Hektar Wasserfläche, welche zur Fischzucht vom Anglerverband Jävenitz/Hottendorf genutzt werden. Uns bringen die Teiche im Winter viel Freude, denn wenn es sehr kalt ist, werden sie von vielen sehr gern zum Schlittschuhlaufen genutzt.“