Hegegemeinschaft fordert Konsequenzen seitens der Politik/Naturschutzbeauftragter warnt vor Panikmache Vermutlich Wolfsschäden in den Hellbergen
Die Hegegemeinschaft Gardelegen Nordwest geht im Bereich der Zichtauer Hellberge von einem "massiven Wolfsproblem" aus. Gefordert wird, dass die Politik handelt. Der Wolf müsse in bestimmten Grenzen zum jagdbaren Wild gehören.
Gardelegen/Zichtau (cah/me) l In den Zichtauer Hellbergen soll der Wolf nun endgültig angekommen sein. Die Ansiedlung sei sicher. Das würden unter anderem Fotos und Beobachtungen von Jägern belegen. "Wir haben dort einen Rüden, eine Wölfin und mindestens zwei Jungwölfe", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Hegegemeinschaft Gardelegen Nordwest, Ulrich Scheffler. Die Problematik sei Gegenstand einer Vorstandssitzung gewesen. Und die Situation sei ernst zu bewerten. Denn die Jäger würden die ersten Auswirkungen der Wolfsansiedlung spüren. In den Zichtauer Hellbergen seien etwa 150 Stück Muffelwild vorhanden. In den Jahren zuvor seien durchschnittlich 60 Lämmer auf die Welt gekommen. In diesem Jahr, das habe eine aktuelle Wildzählung erbracht, sei kein einziges Lamm mehr gesichtet worden. Stattdessen seien in den vergangenen drei Wochen zwei gerissene Widder gefunden worden. Wenn das so weiter gehe, sei in den nächsten zwei Jahren der Bestand der Muffel (Wildschafe) komplett aufgerieben, schilderte Scheffler die Situation.
Das Muffelwild gehöre nicht in die Fauna der Altmark, sagt der Naturschutzbeauftragte und Förster Ralf Knapp. Es sei in den 70er Jahren für die Jagd eingebürgert worden und bereite wegen seiner ungehemmten Vermehrung bereits Probleme. Es kenne den Wolf nicht und zeige daher kein instinktives Fluchtverhalten. In seiner Heimat lebe es auf Felsen. Bei allen heimischen Wildtierarten - und das hätten langjährige Erhebungen aus der Lausitz ergeben - habe sich die Ansiedlung des Wolfes positiv auf den Bestand und dessen Gesunderhaltung ausgewirkt, weil er in erster Linie kranke und schwache Tier reiße.
Die Hegegemeinschaft hingegen wolle das Problem nicht länger einfach nur hinnehmen. Gefordert wird, dass die Politik endlich handelt, so Scheffler. Der Wolf steht derzeit unter Naturschutz. Und genau dieser Punkt müsse dringend geändert werden. Der Wolf müsse in bestimmten Grenzen gejagt werden können, um Distanz zu halten.
Auch dem widerspricht der Naturschutzbeauftragte. Wölfe seien streng geschützt und sollten dies auch bleiben. Er gehe davon aus, dass sie sich in dicht besiedelten Gegenden nicht dauerhaft ansiedeln und nur durchziehen werden.
Der Wolf sei ein scheues Tier. Spaziergänger dürften ihn eher selten zu Gesicht bekommen. Dennoch habe Scheffler von der Terrasse seines Wohnhauses in Breitenfeld einen Wolf auf einem Acker beim Jagen beoachten können. "Da ist die Grenze zwischen Wildleben und Zivilisation schon recht gering", sagte Scheffler.
Es gehe nicht um Panikmache, aber es sei davon auszugehen, dass die Zahl der Wildunfälle wegen der zunehmenden Wolfspopulationen steigen werde. Durch den Jagddruck des Wolfes würde sich das Wild anders verhalten, so der Jäger.
Diese Aussage kann Ralf Knapp ebenfalls nicht stehen lassen. Das Wild werde wegen des Wolfes heimlicher und ziehe sich schneller zurück. Das mache die Jagd anspruchsvoller. "Aber es läuft mit Sicherheit nicht öfter auf die Straße als jetzt", sagt der Förster.
Auch Nutzvieh, in der Regel mit sicheren Zäunen geschützt, würde verstärkt ausbrechen, wenn der Wolf in die Gehege eindringt, sagt Scheffler. Vor drei Wochen beispielsweise sei an einem Sonntagmorgen eine Schafherde zwischen Peckfitz und Mieste auf der Straße unterwegs gewesen. Es sei davon auszugehen, dass ein Wolf das Ausbrechen der Tiere verursacht habe. "Wäre das am Montag früh gewesen, hätte es viele Unfälle geben können mit Personen- und Sachschaden", warnte Scheffler. Und genau das werde derzeit durch die Politik toleriert. Vielmehr komme der Steuerzahler auch noch für die Schäden auf, die die Wölfe verursachen. "Die müssen dann auch noch für den Schwachsinn bezahlen", kritisierte Scheffler.
Die Landesregierung habe sich dazu entschlossen, die nachweislich entstandenen Schäden zu zahlen, weil sie viele positive Aspekte, in der Wiederansiedlung des Wolfes auf die natürliche Regulierung des Wildbestandes sehe, so der Naturschutzbeauftragte. Es gebe im Altmarkkreis bisher kein nachgewiesenes Problem mit einem Wolf. Alles andere sei reine Spekulation und tatsächlich Panikmache.
Der Wolf an sich soll natürlich in gewissen Bereichen toleriert werden", betonte Scheffler. Es gehe nicht darum, dieses Großraubwild aus dem Land zu vertreiben. "Wir haben den Truppenübungsplatz mit einer Fläche von 30000 Hektar Land. Da würden Wölfe kein Problem für Mensch und Tier darstellen", so Scheffler. Die Hegegemeinschaft erwarte, dass die Politik endlich nachdenke und Konsequenzen folgen lasse. "Es will sich einfach keiner für das Problem interessieren. Eine Negativ-Wolfsdiskussion passt wahrscheinlich nicht in die Zeit eines Bundestagswahlkampfes, weil Wählerstimmen verloren gehen könnten", mutmaßte Scheffler.
Es müssten dringend Lösungen gefunden werden, denn die Jäger seien gesetzlich verpflichtet, eine Artenvielfalt zu gewährleisten. "Das geht aber nicht, wenn Wildarten zu 100 Prozent unter Schutz gestellt werden, die andere Wildarten aufreiben", stellte Scheffler klar. Die Jäger könnten nicht für die Situation verantwortlich gemacht werden. Scheffler: "Den Jägern sind hier die Hände gebunden. Die Verantwortung trägt die Politik."
Er kenne Jäger, die dem Wolf sehr positiv gegenüberstehen und gut mit seiner Nachbarschaft leben könnten, sagt Knapp. Es sei unverantwortlich, den Menschen Angst vor einem Wildtier zu machen, das sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nie zu Gesicht bekommen und das eher in unsere heimische Natur gehöre, als Muffel- und Damwild oder der Fasan.