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Politikerbesuch Warmer Regen für Bio-Bauern

Die Wiepker Becker GbR stellt derzeit ihre Milchproduktion auf Biomilch um. Landwirtschaftsministerin Dalbert besuchte den Betrieb.

Von Gesine Biermann 30.07.2016, 03:00

Wiepke l Rund 9000 Liter Milch fließen täglich in die Tanks. Noch wird sie konventionell produziert, aber bald schon wird auf Beckers Milch das Bio-Siegel kleben. Kerstin und Michael Becker, Landwirtsehepaar aus Wiepke, stecken derzeit mittendrin in der Umstellungsphase – sowohl auf den Äckern, als auch in der Milchproduktion. Eine Riesenherausforderung für das Unternehmen, auch finanziell. Am Donnerstag schaute sich Sachsen-Anhalts Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie bei ihnen mal um. Einem Rundgang durch die modernen Stallanlagen samt Melkroboter folgte eine Einladung zum Kaffee und natürlich eine lebhafte Diskussion, auch um die Forderung vieler Bauern, die Milchproduktion zu reduzieren. Das sei, trotz voller Milchpulversilos, in Brüssel aber keine Option, bedauerte Dalbert – selbst eine von sechs grünen Landwirtschaftsministern, die eine Mengenreduzierung von drei bis fünf Prozent fordern.

Dass man in Wiepke gerade auf Bio-Milchproduktion umstellt, findet indes ihre absolute Zustimmung: „Bio-Milch darf kein Nischenprodukt bleiben.“ Dennoch sollten sich Milchproduzenten auch an anderen Fronten versuchen, empfiehlt sie: „Wir können in der Marktwirtschaft nur überleben, wenn wir auch andere Produkte anbieten.“ In Wiepke sieht man da allerdings keine Chance: „Aus 9000 Litern Milch könnten wir täglich 900 Kilo Spezialitäten herstellen“, rechnet Kerstin Becker vor, „wie sollte ich die denn vermarkten? Das schaffe ich nicht.“

Schaffen wollen Beckers aber auf jeden Fall den Schritt zur Bio-Milch. Und die beiden Altmärker haben sich den Schritt gut überlegt. Tochter Linda, die wie ihre Eltern ebenfalls Landwirtschaft studiert hat und neben ihrer Arbeit im elterlichen Betrieb außerdem noch als landwirtschaftliche Unternehmensberaterin arbeitet, habe es anhand der konventionellen Milchpreisentwicklung der vergangenen Jahre mal ausgerechnet: „Immer wenn der Milchpreis wieder abfällt, haben wir gerade die letzten Schulden bezahlt“, sagt Kerstin Becker. Bei Biomilch seien diese Zeiträume etwas besser. Deshalb geht‘s derzeit genau dorthin. Aus wirtschaftlichen Gründen. „Auch wenn ich im Herzen schon immer Bio war, habe ich auch bei der konventionellen Produktion nie ein schlechtes Gefühl gehabt“, macht sie ihrer Besucherin klar.

Die nimmt am Donnerstag neben vielen Eindrücken schließlich auch noch etliche Anregungen und Hinweise mit nach Magdeburg. So erinnert Kerstin Becker daran, dass nicht nur der Preisverfall, sondern auch die lange Zeit zwischen Produktion und der Bezahlung die Bauern mürbe mache: „Ich melke heute, und erst in vier Wochen erfahre ich, wie viel ich von der Molkerei dafür bekomme!“ Absprachen mit anderen Erzeugern, wie sie die EU seit Inkrafttreten des zweiten Rettungsprogrammes für die Milchbauern zulässt, und wie sie Dalbert ihren Gastgebern empfiehlt, seien ebenfalls nur schwierig umsetzbar, macht Michael Becker klar: „So etwas funktioniert in der Milchwirtschaft nicht, man kann Milch nun mal nicht vier Wochen zurückhalten wie Autos oder andere Produkte.“

Für das Wiepker Unternehmen hat Claudia Dalbert allerdings auch noch ein echtes Gastgeschenk im Gepäck. Es gibt nämlich eine neue Förderung für Bauern, die ihre Betriebe auf Öko-Landwirtschaft umstellen. Sie können in der Umstellungsphase – und das gilt auch für Betriebe, die, wie der von Familie Becker, schon mittendrin sind – eine Flächenförderung beantragen.

Dass das eine gute Nachricht ist, darüber ist man sich in Wiepke einig: Kerstin Becker: „Das ist wie ein warmer Regen und hilft uns sicher erst einmal weiter.“ So könne man vielleicht mal eine Förderung an die Mitarbeiter weitergeben, die teilweise schon ein Vierteljahrhundert im Betrieb arbeiten. „Das wäre unser Ziel, dass sie auch mal wieder mit ein bisschen mehr in der Tasche nach Hause gehen können!“