Wirtschaft 50 neue Arbeitsplätze für Gardelegen
NTN Antriebstechnik GmbH investiert 15 Millionen Euro in Elektromobilität
Gardelegen l Im nächsten Monat wird bei der NTN Antriebstechnik GmbH in Gardelegen ein neues Projekt gestartet. Im Mittelpunkt steht die Produktion von Antriebswellen für Elektrofahrzeuge. Geschäftsführer Guido Steffen stellt im Volksstimme-Gespräch die Pläne vor.
Profilwellen, Festgelenke, Verschiebegelenke, Seitenwellen – für einen technikfremden Laien alles etwas kompliziert. Eines steht fest, ohne diese Teile können Fahrzeuge nicht bewegt werden, und zwar auf dem ganzen Globus. Ein Hersteller dieser Teile hat seit 2002 im kleinen Gardelegen seinen Sitz, produziert mittlerweile für die Großen in der Automobilbranche und steigt jetzt auch in die Elektromobilität ein. Im nächsten Monat startet dazu bei der NTN Antriebstechnik eine neue Produktion. Hergestellt werden Antriebswellen für Elektrofahrzeuge. Die Vorbereitungen allerdings würden schon ins Jahr 2018 zurückreichen. Seitdem seien etwa 15 Millionen Euro in eine Fertigungsanlage investiert worden. Produziert werden Antriebswellen für Elektrofahrzeuge im Auftrag von Mercedes. „Dann geht der Stern auch über Gardelegen auf“, kommentierte Geschäftsführer Guido Steffen mit einem Augenzwinkern.
Beeindruckend sei aber auch die Entwicklung insgesamt. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie mit Lockdown, Kurzarbeit und tiefen Einbrüchen in der Wirtschaft sei die jetzige Situation erstaunlich und natürlich auch erfreulich. Die Abrufe des Hauptkunden der NTN Antriebstechnik, VW Wolfsburg, seien auf bisher nicht gekannte Höhen gestiegen. Die Nachfrage sei enorm. Die Aufträge würden die Produktionskapazitäten des Unternehmens übersteigen. „Wir fahren jetzt Sonderschichten. Gearbeitet wird auch an Wochenenden“, betonte Steffen. Um alle Anforderungen erfüllen zu können, soll auch das Schichtmodell des Unternehmens geändert werden. An sechs Werktagen sollen drei Schichten gefahren werden. Derzeit läuft das von montags bis freitags. Künftig wird montags bis sonnabends gearbeitet.
Mit dem neuen Produktionsprojekt für Mercedes soll innerhalb der nächsten sechs Jahre der Umsatz verdoppelt werden auf dann 70 Millionen Euro. Ein ehrgeiziges Ziel, das aber nur mit entsprechend gut ausgebildetem Personal und Fachkräften erreicht werden könne. Aktuell seien 210 Mitarbeiter beschäftigt. In diesem Jahr sollen 10 neue Kollegen eingestellt werden. Für 2021 seien 40 Neueinstellungen geplant. Das betreffe in der Hauptsache die Fertigung mit Metallfacharbeitern. Es würden aber auch ungelernte Mitarbeiter eingestellt, die dann für eine Zeit an den Maschinen angelernt werden. „Die Arbeitslosigkeit hier ist extrem niedrig. Es ist schwierig, Leute von weiter her für Gardelegen zu interessieren“, berichtete Steffen von seinen Erfahrungen bei der Fachkräftesuche. Das Unternehmen sei in den sozialen Netzwerken unterwegs, motiviere aber auch die Mitarbeiter, im Bekannten- und Freundeskreis entsprechende Werbung zu machen. „Eins steht fest, man wird im Umkreis von 50 Kilometern Probleme haben, ein Unternehmen zu finden, das so gut bezahlte Arbeitsplätze anbietet wie wir“, betonte Steffen. Denn in der NTN Antriebstechnik werde insgesamt großen Wert auf ein gutes Arbeitsklima gelegt.
Es gebe Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Gesundheitsprämien, Altersvorsorge bei längerer Betriebszugehörigkeit, einen Sonn- und Feiertagszuschlag, Prämien und diverse Gutscheine, wenn Mitarbeiter hervorragende Leistungen bringen, zählte Kerstin Schulze, zuständig für Öffentlichkeit bei der NTN, einige Sozialleistungen auf. Das Unternehmen sei auch Ausbildungsbetrieb für Zerspanungsmechaniker, Industriemechaniker, Elektriker für Betriebstechnik und Anlagenbediener. Aktuell seien zehn Auszubildende im Betrieb beschäftigt. Und die hätten bei guter Eignung natürlich auch sehr gute Übernahmechancen. „Denn die Ausbildung bieten wir nicht nur aus unserer sozialen Verantwortung heraus an“, betonte Steffen. Man wolle auch selbst für eigenen Fachkräftenachwuchs sorgen.
Wo sieht der Geschäftsführer die NTN Antriebstechnik in zehn Jahren? Ist die Elektromobilität das Allheilmittel schlechthin mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz? „Elektromobilität ist eine der künftigen Antriebsvarianten. Ich glaube nicht, dass nach jetzigem Stand der Dinge in zehn Jahren nur noch Elektrofahrzeuge auf den Straßen fahren“, meinte der Ingenieur für Fahrzeugtechnik. Ziele zu setzen, das sei in Ordnung. Man sollte das Ganze aber technologieoffener lassen. Porsche beispielsweise beschäftige sich mit der Herstellung von synthetischen Antriebsstoffen. Die hätten den Vorteil, dass die Tankstelleninfrastruktur vorhanden sei und man nicht allerorten Ladestationen bauen müsste. „Es gibt viele Wege, die Umwelt zu entlasten. Man sollte das nicht nur allein der Politik überlassen“, machte Steffen deutlich.
Die NTN Antriebstechnik sei als Zulieferer für die Automobilindustrie gut aufgestellt. Denn es werde auch in zehn Jahren noch den Individualverkehr geben. Schließlich könne nicht jeder auf Bus und Bahn umsteigen. „Das Drehmoment vom Antrieb zum Rad, das wird immer gebraucht, denn irgendwas muss ja das Drehmoment übertragen. Ohne geht’s nicht“, stellte Steffen klar. Und genau dafür sorge eben die NTN mit ihrer Produktion von Antriebswellen.